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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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einen gepanzerten Truppentransporter gefahren. So bin ich Mechaniker geworden, ich mußte die Scheißkarre am Laufen halten.«
    »Haben Sie dort auch Erasmo kennengelernt?«
    »In der Armee.«
    »Und Luna?«
    Mongo betrachtete seine großen, kräftigen Hände, schwielig vom Trommeln und vernarbt von Angelhaken. »Facundo kenne ich schon aus der Zeit, als er nach Baracoa kam, um sich dem Boxteam anzuschließen. Er hätte Boxer oder Baseballspieler werden können, aber er hatte keine Disziplin, weder beim Trinken noch bei Frauen, deshalb blieb er auch nicht lange in der Mannschaft.«
    »Baracoa?«
    »Das ist in Oriente. Aber er konnte zuschlagen.«
    »Waren er und Rufo Freunde?«
    »Clara. Aber was sie gemacht haben, weiß ich nicht.« Mongo schüttelte so nachdrücklich den Kopf, daß die Schweißtropfen flogen. »Ich wollte es nicht wissen.«
    »Und Sie waren Sergej Pribludas Freund?«
    »Ja.«
    »Sie haben zusammen gefischt?«
    » Verdad.«
    »Sie haben ihm beigebracht, mit einem Drachen zu fischen?«
    »Ich habe es versucht.«
    »Und Sie haben ihn gelehrt, ein neumätico zu sein?«
    »Ja.«
    »Und was ist die wichtigste Regel, die ein neumätico befolgen muß? Gehe nachts nie allein aufs Wasser. Ich glaube nicht, daß Pribluda an jenem Freitag vor zwei Wochen allein war. Ich glaube, er ist mit seinem guten Freund Mongo aufs Wasser gegangen.« Mongo ließ sein Kinn auf die Brust sinken. Schweiß strömte von dem Mann, als wäre er ein Brunnen. Es war kein Angstschweiß wie bei Bugai, sondern der Schweiß der in ihm arbeitenden Schuld. Es war schon spät. Arkadi bestellte ein weiteres Bier, damit Mongo noch ein wenig mehr schwitzen konnte.
     
    »Er sagte, es wäre, als würde man im Eis nach Haien fischen. Er sagte, ich sollte nach Rußland kommen, dann würde er mit mir eisfischen gehen. Ich sagte, nein danke, Genösse.«
    »Um wieviel Uhr sind Sie aufs Wasser gegangen?«
    »Etwa gegen sieben. Auf jeden Fall nach Einbruch der Dunkelheit, weil er wußte, daß ein Russe in einem Reifenschlauch Aufmerksamkeit erregen würde. Auf dem Wasser tragen die Stimmen so weit, daß er selbst ganz draußen immer nur geflüstert hat.«
    »Wie war das Wetter?«
    »Es hat geregnet. Trotzdem hat er nur ganz leise gesprochen.«
    »Ist das eine gute Zeit zum Fischen, wenn’s regnet?«
    »Wenn die Fische anbeißen, schon.«
    Eine echte Anglerweisheit, dachte Arkadi und fragte: »Wo sind Sie r aus gefahren?«
    »Westlich von Miramar.«
    »In der Nähe der Marina Hemingway.«
    »Ja.«
    »Wessen Idee war das?«
    »Sonst habe ich immer gesagt, wo wir ins Wasser gehen, nur dieses eine Mal nicht. Sergej meinte, er habe die Nase von Miramar und dem Malecon voll. Er wollte etwas Neues ausprobieren.«
    »Und als Sie im Wasser waren, sind Sie dort geblieben? Oder sind Sie weitergepaddelt? Nach Norden oder Osten?«
    »Wir sind halt auf dem Wasser getrieben.«
    »Nach Osten, weil dorthin die Strömung zieht, vorbei an Miramar und dem Malecon auf die Bucht von Havanna zu.«
    »Ja.«
    »Und auf dem Weg dorthin vorbei an dem Yachthafen? Wessen Idee war es, in den Yachthafen zu paddeln?«
    Mongo sackte an der Mauer in sich zusammen. »Dann wissen Sie es schon.«
    »Ich glaube, ja.«
    »Wir haben echt Scheiße gebaut, was?« Mongo trommelte nervös auf die Bank, beruhigte seine Hände wieder und brach den Rhythmus ab. »Ich sagte: >Sergej, warum sollen wir im Yachthafen fischen, wo uns die guardia wegscheuchen und vielleicht ein Boot durchkommen kann? Der Kanal wird noch benutzt, es ist dunkel, und die Boote sehen uns nicht. Es ist verrückt!< Aber er ließ sich nicht abhalten. Die guardia hockte wegen des Regens in ihrem Wachhäuschen. Und wenn man sich dicht am Ufer hält, können sie einen sowieso nicht sehen, nicht nachts in einem Reifenschlauch. Also bin ich Sergej in den Kanal gefolgt, etwas anderes blieb mir gar nicht übrig. Er wußte offenbar ganz genau, wohin er wollte. Es gibt dort auch Laternen, aber deren Licht reicht nicht so richtig bis zum Wasser. Niemand betankte sein Boot. Die Disco war wegen des Regens geschlossen. Wir konnten ein paar Leute an der Bar hören, sonst nichts. Und dann waren wir in einem Kanal, wo ein Boot neben dem anderen lag, und Sergej steuerte ein Boot an, das ich zuerst gar nicht gesehen habe, weil es so flach und dunkel war. Sehr elegant, ein altes Schiff, aber schnell, das konnte man sehen. In der Kabine brannte Licht, und an Deck waren Amerikaner, das hörte man, aber wir konnten nicht sehen, wer. Ich wußte

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