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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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kannst du wieder von diesem Dach runterkommen.« Teresa verschränkte die Arme und fing trotz der Hitze an zu zittern. »Ich habe nicht wirklich geglaubt, daß irgendein turista kommen und mich heiraten würde. Warum sollte er irgendein dummes schwarzes Mädchen mit nach Hause nehmen? Alle würden sich über ihn lustig machen. >Hey, Hermann, du hättest deine Nutte doch nicht gleich heiraten müssen.< Ich bin schließlich nicht blöd.«
    »Ich weiß.«
    »Hedy war wirklich nett.«
    »Weißt du, ich glaube, ich kann dir immer noch helfen. Du mußt mir seinen Namen nicht sagen. Ich werde ihn sagen.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Luna. Sargento Facundo Luna.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Nein, hast du nicht. Ich habe es gesagt.« Teresa ließ ihren Blick bis zu den Engeln schweifen, die auf dem Theater balancierten. Eine Brise blies ihr Haar hoch, genauso wie sie die Haare der Engel hochzuwehen schien. »Er kann so wütend werden.«
    »Er ist jähzornig, ich weiß. Aber vielleicht kann ich dir etwas erzählen, was dir hilft. Hast du mit ihm geschlafen?« Als Teresa zögerte, sagte Ofelia: »Sieh mich an.«
    »Okay, einmal. Aber eigentlich war Hedy sein Mädchen.«
    »Als du mit ihm geschlafen hast -«
    »Keine Einzelheiten.«
    »Nur eine. Hat er seine Unterhose anbehalten?« Teresa kicherte, der erste unbeschwerte Moment, seit Ofelia sie gefunden hatte. »Ja.«
    »Hat er gesagt, warum?«
    »Er hat bloß gesagt, daß er das halt so machen würde.«
    »Die ganze Zeit über?«
    »Die ganze Zeit.«
    »Er hat sie gar nicht ausgezogen?«
    »Jedenfalls nicht in meiner Gegenwart.«
    »Hast du Hedy danach gefragt?«
    »Also…« Teresa wiegte den Kopf hin und her. »Ja. Wir waren echt gute Freundinnen. Bei ihr hat er sie auch nie ausgezogen.«
    »Weißt du, was, chica, es wäre vielleicht keine schlechte Idee, wenn du noch einen Tag hierbleibst, aber ich glaube, du mußt dir keine Sorgen mehr machen.«
    »Was ist mit Hedy?«
    »Das muß ich neu überdenken.« Ofelia nahm ihre Tasche und küßte Teresa auf die Wange. »Du hast mir geholfen.«
    »Es war nett zu plaudern.«
    »Das war es.« Ofelia begann ihren Abstieg über die Leiter und blieb nach einigen Sprossen noch einmal stehen. »Kanntest du übrigens Rufo Pinero?«
    »Ein Freund von Facundo? Ich habe ihn einmal getroffen. Ich konnte ihn nicht leiden.«
    »Warum nicht?«
    »Er hatte eins von diesen Handys, weißt du? Mr. Super-Jinetero, ständig am Telefon. Keine Zeit für mich. Und du meinst wirklich, daß ich mir keine Sorgen mehr machen muß?«
    »Ja, das meine ich wirklich.«
    Denn seit dem Moment, in dem Sargento Facundo Luna sie im Centro Russo-Cubano nicht gleich an Ort und Stelle getötet hatte, hatte Ofelia sich gefragt, ob er ein Abakuä war. Es war schwer zu sagen, ob jemand ein Mitglied einer Geheimgesellschaft war. Die PNR hatte versucht, die Abakuä zu unterwandern und das Gegenteil erreicht; die Abakuä hatten die Polizei infiltriert und die größten Machos unter den Beamten rekrutiert, egal, ob schwarz oder weiß. Sie zu erkennen war zu einer regelrechten Kunst geworden. Ein Abakuä war durchaus in der Lage, einen Lkw vom Hof eines Ministeriums zu kapern, doch er würde einem Freund nie auch nur einen Peso stehlen. Er duldete es nicht, daß eine Beleidigung ohne Antwort blieb. Er war zum Mord bereit, würde sich jedoch nie als Spitzel verdingen. Er trug nichts Weibliches, keine Ohrringe, enge Gürtel oder lange Haare. Und nur an einem ließ er sich eindeutig identifizieren: Ein Abakuä zeigte niemandem seinen nackten Hintern. Er zog seine Unterhose niemals aus, nicht einmal beim Sex. Für Ofelia war es eine Art Arsch des Achilles.
    Und es gab noch etwas, was ein Abakuä nie tat.
    Er verletzte niemals eine Frau.
     
    26
     
    Arkadi ging zurück zu Mongos Zimmer auf der Rückseite des Hauses, in dem Erasmo seine Kindheit verbracht hatte. Heute war es ein leeres Haus. Nachdem er höflichkeitshalber geklopft hatte, tastete er nach dem Schlüssel auf dem Türrahmen. Seit Arkadis erstem Besuch hatte sich nicht viel verändert. Die Fensterläden waren so weit geöffnet, daß man einen freien Blick auf die Bucht hatte, Fischerboote stampften gegen die Strömung in ihrem Kielwasser schaukelten neumäticos. Am Himmel an war keine einzige Wolke, auf dem Meer keine Welle zu sehen. Es war totenstill. Die Kokosnüsse, Plastikheiligen und Fotos von Mongos Lieblingsboxern wirkten unberührt, und ob das Bett so gemacht war wie bei seinem letzten Besuch, wußte Arkadi

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