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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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hatten wir keine Fotos. Und zum anderen benutzen die Kubaner jede Gelegenheit, um Zutritt zur Botschaft zu erlangen und in sensiblen Bereichen herumzuschnüffeln. Einst waren wir Genossen, jetzt sind wir Verbrecher. In der Nacht werden unsere Reifen zerstochen, und man winkt uns zum Filzen an den Straßenrand, sobald die Polizei ein russisches Nummernschild sieht.«
    »Wie in Moskau.«
    »Aber in Moskau hat die Regierung keine Kontrolle, das ist der Unterschied. Ich muß sagen, vor Ihnen hatten wir nie Ärger mit Rufo.«
    »Wo ist der Botschafter?«
    »Wir sind in einer Phase zwischen zwei Botschaftern.«
    Arkadi griff nach einem Notizblock und schrieb: »Wo hält sich der hiesige Geheimdienstoffizier auf, dem Pribluda Bericht erstattet hat?«
    »Das ist kein großes Geheimnis«, sagte Bugai. »Der Kommandeur der Sicherheitstruppe ist vor Ort, aber er ist nichts als ein besserer Schläger. Der Sicherheitschef hingegen hält sich seit dem letzten Monat in Moskau auf, wo er Bewerbungsgespräche für eine Position im Hotelmanagement führt, und hat mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, daß er in seiner Abwesenheit >keine roten Flaggen< wünscht. Und was mich anbelangt, so habe ich nicht die Absicht, mich wegen eines Spions, der beim Herumpaddeln im Dunkeln einen Herzinfarkt erlitten hat, nach Moskau zurückrufen zu lassen.«
    »Hat Pribluda für die Kommunikation eine sichere Leitung benutzt?«
    »Wir haben verschlüsselte Botschaften über eine Maschine geschickt, die keine Spuren hinterläßt, nach dem Löschen nicht einmal einen Abdruck auf der Festplatte. Aber es werden ohnehin nicht viele Nachrichten verschlüsselt. Die üblichen Faxe, Anrufe und E-Mails laufen in Klartext über normale Maschinen, und ich hätte liebend gern einen Reißwolf, der auch funktioniert.« Arkadi zückte das Foto vom Havana Yacht Club, um nach Pribludas kubanischen Freunden zu fragen, doch der Vizekonsul würdigte es kaum eines Blickes. »Wir haben keine kubanischen Freunde. Früher war es ein Ereignis, wenn ein russischer Künstler Havanna besuchte. Die Leute schauen sich sowieso bloß amerikanische Filme im Fernsehen an. Fidel stiehlt und zeigt sie. Manche Leute haben auch Satellitenschüsseln, mit denen sie Miami empfangen können. Und dann gibt es noch Santeria. Er ist bereit, Voodoo zu fördern, um die Massen bei Laune zu halten. Afrikanischer Aberglaube. Je länger ich hier bin, desto afrikanischer werden die Menschen.«
    Arkadi steckte das Yacht-Club-Foto weg. »Die Kubaner brauchen ein besseres Bild von Pribluda. Die Botschaft muß doch ein Sicherheitsfoto von ihm haben.«
    »Das müßte unser Freund in Moskau entscheiden. Wir werden warten müssen, bis er von seiner Jobsuche zurückkehrt, und das könnte noch einen weiteren Monat dauern.«
    »Einen Monat?«
    »Oder länger.«
    Bugai war Schritt für Schritt zurückgewichen, und Arkadi war ihm Schritt für Schritt gefolgt, bis er auf einen Bleistift trat, der mit einem lauten Knacken zerbrach. Der Vizekonsul zuckte zusammen und sah mit einem Mal nicht mehr so kühl aus wie eine Qualle, mehr wie ein Eigelb beim Anblick einer Gabel. Bugais Nervosität erinnerte Arkadi daran, daß er einen Mann getötet hatte; und ob nun in Notwehr oder nicht, war ein Totschlag eine Gewalttat, die wohl kaum neue Freunde anziehen würde. »Woran hat Pribluda, Ihr Zuckerattache, gearbeitet?«
    »Das kann ich Ihnen unmöglich sagen.«
    »Woran hat er gearbeitet?« fragte Arkadi noch einmal lauter. »Ich glaube nicht, daß Sie die Autorität haben«, setzte Bugai an und fügte, als Arkadi sich anschickte, um den Tisch herumzugehen, hinzu: »Also gut, aber das ist vertraulich. Es gibt ein Problem mit dem Zuckerprotokoll, eine kommerzielle Angelegenheit, die Sie ohnehin nicht verstehen würden. Im Prinzip geht es darum, daß die Kubaner uns Zucker schicken, den sie nirgendwo sonst verkaufen können. Dafür liefern wir ihnen Öl und Maschinen, die wir andernorts nicht loswerden.«
    »Das klingt soweit normal.«
    »Es gab ein Mißverständnis. Im vergangenen Jahr verlangten die Kubaner die Nachverhandlung bereits unterschriebener Vereinbarungen. Da die Stimmung zwischen den beiden Ländern so schlecht ist, haben wir den Kubanern erlaubt, eine dritte Seite in die Verhandlungen einzubringen, eine panamaische Handelsfirma namens AzuPanama. Alles wurde geklärt. Ich weiß nicht, warum Pribluda sich dafür interessiert hat.«
    »Pribluda, der Zuckerexperte?«
    »Ja.«
    »Und ein Foto von Pribluda?«
    »Lassen

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