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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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meisten Leute. Plötzlich war er in seiner Flucht gebremst worden, und König Bink hatte ihn eingeholt. Es war zu einem verzweifelten Kampf gekommen, in dem einer von ihnen verwundet wurde – und in die Spaltenschlucht gestürzt war.
    Besorgt schnüffelte sie in immer weiteren Spiralen die Umgebung ab, da die Schlucht hier zu tief war, als daß man ein unten liegendes Opfer hätte ausmachen können, immer vorausgesetzt, daß der Spaltendrache die Überreste nicht inzwischen schon säuberlich beseitigt hatte. Welcher der beiden Männer hatte den Kampf nun überlebt? Ihrer neuen Theorie der Magie zufolge hätte es der König sein müssen – aber sie war sich nicht sicher, ob diese Theorie wirklich stimmte. Da entdeckte sie wieder eine Fährte, die von der Spalte fortführte. Welch Freude! Sie roch nach Bink! Sie war zwar blutig, und die Abdrücke waren tief eingedrückt und verwischt, aber der König hatte den Kampf schließlich gewonnen. Er war der einzige Überlebende dieser Begegnung mit der Eroberungswelle.
    Sie folgte der Spur nach Westen. Bink mußte zur unsichtbaren Brücke gegangen sein, um von dort den magischen Pfad zu nehmen, der zu Schloß Roogna führte. Dieser Pfad war gegen Ungeheuer verzaubert worden, ein Schutz, den Bink wohl nicht gebraucht hätte, aber einem Pfad konnte man nun einmal leichter folgen, als einfach querfeldein durch die Wildnis zu gehen, vor allem dann, wenn man müde und verwundet war.
    Imbri beschleunigte ihr Tempo und achtete nicht mehr auf alle Einzelheiten der Fährte, denn jetzt wußte sie ja, wohin sie mußte. Nun würde alles wieder gut werden; sie würde Bink das Heilelixier verabreichen, und der würde dann mit Hilfe der Zentauren die nächste Auseinandersetzung mit der zweiten mundanischen Armee schon gewinnen. Die Zentauren waren ausgezeichnete Bogenschützen; wenn die sich am Südrand der Spalte aufstellten, würden die Mundanier niemals auf die andere Seite gelangen!
    Als sie sich, es war in der letzten Stunde des Tages, der unsichtbaren Brücke näherte, erblickte sie eine Gestalt: Es war der König, der am Boden saß und sich ausruhte. Sie wieherte ihm eine Begrüßung entgegen.
    Doch als sie näher gekommen war, verwandelte sich ihre Freude in Grauen. Bink saß reglos da, starrte auf den Boden, und um ihn herum war eine Blutlache, die von einer Wunde in seiner Brust gespeist wurde. War er etwa tot?
    Schnell zerbiß sie den Phiolenrest und schmierte mit der Nase das tropfende Elixier auf die Wunde. Sofort heilte der Riß und wurde wieder gesund, und der König nahm wieder eine gesunde Gesichtsfarbe an. Doch noch immer reagierte er nicht auf Imbri, und als sie ihm einen kleinen Traum schickte, mußte sie feststellen, daß sein Geist völlig leer war.
    »Aber Euch kann das doch gar nicht passieren!« jammerte sie protestierend im Traum und nahm darin die Gestalt einer Trauerweide an. »Ihr seid doch der einzige Mensch, dem die Magie nichts anhaben kann!«
    Und doch wiesen die Tatsachen auf das genaue Gegenteil hin. König Bink hatte den einen Gegner mit dem Schwert besiegt, nur um zum Opfer der Magie des anderen zu werden. Am Ende hatte der Reitersmann ihn doch noch ausgeschaltet.
     
    Es war bereits Nacht, als sie mit Bink, den sie über ihren Rücken geworfen hatte, auf Schloß Roogna eintraf. Ein Mensch konnte zwar ein bewußtloses Pferd besteigen, aber es war etwas ganz anderes für ein Pferd, einen bewußtlosen Menschen zum Aufsteigen zu bringen.
    Arnolde und Chamäleon waren glücklicherweise vor einer Stunde eingetroffen. Das Tagpferd war am Rande der Spaltenschlucht zurückgeblieben, weil es der Einbahnbrücke nicht getraut hatte, und so war Chamäleon den Rest des Weges auf Arnolde weitergeritten.
    »Der Einbahnbrücke?« fragte Imbri erstaunt in einem Träumchen. »Die führt doch nur nach Norden, wie konntet ihr sie denn dann in Richtung Süden benutzen?«
    »Wir mußten«, erklärte Arnolde. »Wir wußten ja, daß die Hauptbrücke zerstört ist.«
    Die Antwort war ganz einfach: Königin Iris hatte sie mit Hilfe eines illusorischen magischen Spiegels kommen sehen und ihnen den alten Soldaten Crombie mit seiner zu Besuch weilenden Tochter Tandy entgegengeschickt, um sie zu empfangen. Tandys Mann der Oger hatte sich zwar erboten, die beiden einfach über die Spalte zu schleudern, doch diesen hilfreichen und gutgemeinten Ratschlag hatten sie dadurch abgewehrt, daß sie ihn darauf hinwiesen, daß er ja Schloß Roogna vor einem Überraschungsangriff schützen

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