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Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)

Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angélique Mundt
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nicht zweimal auffordern, sein Wissen preiszugeben. Er berichtete, dass man den Umsatz der Pharmaindustrie bis zum Jahr 2020 auf weltweit 1,3 Billionen US -Dollar schätzte. Ob ihr klar sei, welch riesiger Markt die Pharmaindustrie sei? Ob sie sich vorstellen könne, wie groß die dahinterstehende Lobby sei? Dabei kamen nicht jedes Jahr tolle neue Medikamente auf den Markt. Genau genommen waren in den letzten Jahrzehnten kaum irgendwelche neuen Wirksubstanzen auf den Markt gekommen. Das wusste sie sicher nur zu gut aus eigener Erfahrung.
    »Verstehst du jetzt, warum ein weiteres Medikament, eine Kombination aus bereits bekannten Medikamenten, dennoch einen Riesengewinn abwirft?«, fragte er.
    »Aber warum gibt sich Neumann für einen Betrug her?«
    »Noch wissen wir nicht, ob dein Oberarzt den Daten auf die Sprünge geholfen hat. Aber wenn … dann kann er mitverdienen. Vielleicht will er in die Pharmaindustrie? Als Arzt verdient man da verdammt gut. Wusstest du, dass die Pharmafirmen für Werbebudgets bis zu einer Milliarde Dollar zur Verfügung haben! Eine Milliarde Dollar. Comprende? Da fällt ein Häppchen für einen gefügigen Arzt ab. Im Grunde ist man selber schuld, wenn man nicht für die arbeitet.«
    »Kannst du herausfinden, ob die Daten manipuliert sind?«
    »Vielleicht sollte ich auch für die … das Leben kann recht teuer sein.« Er griff nach seinem Weinglas. »Ich schaue mir zuerst mal die ganzen Dateien an. Weißt du, ob es andere Studienkliniken gibt?«
    »Keine weitere Testung in Deutschland. Ungewöhnlich, ich weiß, aber die anderen Institute liegen in der Schweiz und Österreich.«
    »Sie wollen es also zeitgleich in allen drei Ländern einführen. Du siehst, da steckt eine Marketingstrategie dahinter. Wäre interessant, zu erfahren, was deren Studien aussagen. Da weiß der eine vermutlich nichts vom anderen. Die Pharmafirma kann unliebsame Ergebnisse ignorieren und mit den gewünschten Ergebnissen eine Vielzahl von Studien in unterschiedlichen Ländern veröffentlichen. Das sieht dann nach furchtbar viel aus, ist es aber nicht, da sie alles doppelt und dreifach veröffentlichen.«
    Tessa zog die Augenbrauen hoch. »Eine interessante Hypothese. Kannst du dir die Patientenanzahl genau ansehen? Ich habe lange darüber gebrütet. Ich glaube, es sind Patientendaten eingegeben, die sich aus einer Kombination bestehender Daten zusammensetzen. Kann das sein? Andere Patienten sind früh wieder aus der Studie ausgestiegen. Alles Patienten von Paul. Hat er sie aus der Studie genommen? Warum?«
    »Ist Paul denn an der Studie beteiligt?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Ich frage ihn. Und wenn du schon dabei bist, kannst du dir bitte auch die Nebenwirkungsanalyse genauer ansehen? Ich weiß nicht warum, aber ich habe kein gutes Gefühl. Irgendwie sind die Patienten … ich weiß nicht … anders?«
    »Logisch. Sonst bräuchten sie das Medikament ja nicht. Du weißt, dass gerade zu Beginn einer Behandlung mit Antidepressiva die erhöhte Suizidalität ein besonderes Risiko ist. Die ersten Nebenwirkungen entmutigen viele Patienten: Sie nehmen die vermeintliche Wirkungslosigkeit des Medikaments als Beweis für die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation. Dann steigen durch die Unruhe und durch den Rückgang der Antriebshemmung die suizidalen Impulse. Das muss ich dir nicht erzählen.«
    Tessa nickte bedächtig. Ging es am Ende nur um Geld? Wollte Neumann einen Posten in der Pharmafirma und war bereit, dafür Daten zu schönen? Wie weit ging er für einen lukrativen Arbeitsplatz? So weit, dass er riskante Nebenwirkungen verschwieg?
    »Hast du nicht gesagt, das Essen wäre fertig?«, fragte Sascha und klappte den Laptop zu.
    Tessa ging in die Küche, nahm sich die Topflappen und holte die Lasagne aus dem Ofen. Hatte Gabriele Henke irgendetwas gewusst und musste für dieses Wissen mit dem Leben bezahlen? Tessa bekam eine Gänsehaut. Sie phantasierte ihren Oberarzt gerade zum Mörder.
    Nachdem sie Sascha und sich aufgetan hatte, prostete er ihr zu und machte sich gierig über die Lasagne her.
    »Das schmeckt köstlich«, nuschelte er mit vollem Mund. »Ist das Hühnchenfleisch?«
    Für einen Moment musste Tessa schmunzeln. Liebe ging doch immer noch durch den Magen. Und doch konnten das gute Essen und der Wein Tessas Unbehagen nicht besänftigen.

SIEBTER TAG
    Tessa betrat die kleine Kapelle im westlichen Teil des Ohlsdorfer Friedhofs. Es duftete nach Tannengrün, und das gedämpfte Kerzenlicht verbreitete eine feierliche

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