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Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)

Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angélique Mundt
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Isabell Drost hatte ihre langen Haare über dem Seidentuch gehabt, als sie sich erhängte. Außerhalb der Schlinge. So wie jede Frau sofort ihre Haare unter einem Tuch hervorholte. Hätte jemand anderes Isabell erhängt, wären die Haare in der Schlinge gewesen. Koster hatte recht. Es war Selbstmord!
    *
    Sie trafen sich abermals in der Caffèteria . Es regnete. Tessa hatte das Gespräch wieder und wieder durchgespielt. Sie hatte ihre Gedanken zu sorgfältig konstruierten Sätzen geformt. Sie musste ihm so viel erzählen. Doch als sie ihn durch die Stuhlreihen auf sich zukommen sah, vergaß sie alles wieder. Er grinste sie schief an. Seine schwarzen, mit erstem grau durchsetzen Haare glänzten feucht vom Regen. Er trug einen schwarzen Rollkragenpulli zur Jeans. Der warme Ausdruck in seinen braunen Augen sorgte dafür, dass sie sich noch schuldbewusster fühlte.
    »Ich bin zu spät«, sagte Koster. Es klang nicht wie eine Entschuldigung.
    Während er sich einen Milchkaffee bestellte, schaute Tessa, ob sich an den umliegenden Tischen jemand für ihr Gespräch interessierte. Es achtete niemand auf sie. Am Nachbartisch saß eine Frau Mitte dreißig, die an ihrer weißen Bluse nestelte und den Salzstreuer auf dem Tisch hin und her schob. Sie wartete offensichtlich auf jemanden. Sie war sorgfältig geschminkt, und Tessa vermutete, dass sie auf einen Mann wartete. Wieder griff die Frau sich in die Haare, schickte einen verstohlenen Blick zur Tür. Ein Liebhaber? Oder jemand, der es einmal gewesen war?
    Als der Milchkaffee vor ihm stand, konnte sie es nicht länger hinauszögern. Was sie getan hatte, war unentschuldbar. Wie würde er reagieren? Sie war mindestens so angespannt wie die Frau am Nachbartisch.
    »Ich sag am besten gleich, wie es ist«, platzte sie heraus. »Ich habe Daten gestohlen. Ich habe sie auf meinem USB -Stick. Daten über die Medikamentenstudie.« Ihr Blick flackerte zwischen Koster und ihrer Kaffeeschale hin und her. Das war’s dann wohl mit ihren sorgsam zurechtgelegten Erklärungen. Sie spürte förmlich, wie sich sein Körper auf ihre Worte hin verspannte. Er sagte nichts. Sie redete schnell weiter. »Ich muss wissen, was los ist. Er hatte die Daten auf seinem privaten Laptop im Büro. Das ist nicht erlaubt. Neumann verheimlicht etwas … ich wollte …« Verdammt, wo waren all die guten Sätze, wenn man sie mal brauchte?
    »Sie sind in den Computer Ihres Oberarztes eingebrochen?« Sein zorniger Blick traf Tessa mit voller Wucht. Er packte seine Kaffeetasse und sie sah, dass seine Knöchel weiß wurden. »Was treiben Sie eigentlich, Tessa?« Seine Stimme klang, als ob er sich nur mühsam zurückhalten konnte. »Sie dringen in das Büro Ihres Vorgesetzten ein, klauen irgendwelche Daten, die vermutlich nicht einmal zu unserem Fall gehören. Sie bringen sich in Teufels Küche! Und Sie informieren mich nicht, sondern lassen mich dastehen wie einen Idioten, der einer potenziell Verdächtigen Ermittlungsinterna anvertraut hat …«
    »Potenziell Verdächtigen?«, unterbrach Tessa ihn. Sie starrte ihn fassungslos an. »Ich habe gerade wertvolle Informationen besorgt.« Sie war schockiert, dass er ihr nicht vertraute. Immerhin hatte er es unseren Fall genannt.
    »Bis ich weiß, wer Gabriele Henke umgebracht hat, ist jeder verdächtig. Das wissen Sie. Und trotzdem informieren Sie mich nicht? Starten einen Alleingang. Was, wenn Ihr Oberarzt ein Mörder ist?«
    Tessa schluckte, ihre Kehle zog sich zusammen. Er hatte ja recht. Konnte er es damit nicht gut sein lassen? Sie versuchte so zerknirscht wie möglich auszusehen.
    Es schien zu wirken. Er legte mit einem Seufzer beide Handflächen resigniert auf die Tischplatte.
    »Verdammt … Und wenn er dich erwischt hätte? Es ist gefährlich, Tessa. Verstehst du das?«
    Tessa war gerührt von seinem plötzlichen Übergang zum du . Es bedeutete ihr mehr als alle sorgenden Worte. »Er war im Studentenunterricht. Er war beschäftigt. Könnt ihr ihn nicht mal richtig verhören?« Sie traute sich kaum, ihn auch zu duzen. Ihr Herz klopfte bis zum Hals.
    »Das überlässt du mir, ja? Glaubst du, ich will nicht wissen, wer deiner Patientin das angetan hat?«
    Seine Stimme klang immer noch gepresst. Er tat ihr leid, aber sie musste die Daten einfach nachrechnen. Um jeden Preis. Irgendwo musste es eine Erklärung geben.
    »Er hat Studien in seinem Schreibtisch gehabt, die sich alle mit Suizidalität und Persönlichkeitsveränderung als Nebenwirkung von Medikamenten

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