Nacht über Algier
Vorschein kommen, sind von einer ausländischen Marke; in den Auslagen der Geschäfte, in die ich gehe, habe ich solche Modelle noch nie gesehen.
»Hat der Direx dir den Code seines Panzerschranks gesteckt?«
»Lenk nicht vom Thema ab, Llob. Ein Wagen aus dem Sonderbestand hat den Fuhrpark der Zentrale verlassen, ohne daß ich darüber informiert war. Das ist eine grobe Verletzung der Dienstvorschrift.«
»Mein Auto ist kaputt, und die Fahrzeuge aus meiner Abteilung sind auch nicht in Schuß. Ich hatte eine Ermittlung zu führen und hab mir erlaubt, die 14 zu diesem Zweck zu nutzen. Wenn du meinst, daß das ein gefundenes Fressen für deinen Bericht an den Chef ist, dann hau rein.«
»Eine Ermittlung, hast du gesagt?« hakt er nach und nimmt seine Brille ab.
Seine gelben Augen funkeln wie bei einer Schlange, die eine fette Maus in ihrer Falle entdeckt. Er leckt sich mit seiner Reptilienzunge genüßlich über die Lippen, bläht die Nüstern und spitzt die Lauscher.
»Du hast ganz richtig verstanden«, sage ich.
»Eine Ermittlung in welcher Sache?«
Ich schiebe meinen Stuhl vom Schreibtisch zurück, um meinem Bauch etwas Luft zu verschaffen.
»Ich denke, wir haben uns neulich verständigt, Bliss. Wenn der Boß dir seinen Thron überlassen hat, heißt das noch lange nicht, daß du der Herrscher bist. Allein die Vorstellung ist total lächerlich. Es gibt eine Hierarchie in unserem Saustall. Eine Hackordnung, die zwar genausowenig für voll genommen wird wie die Werteordnung, aber zumindest nach wie vor theoretisch Gültigkeit besitzt. Vom Boß bis zum letzten Wachmann werden wir nach einer klaren Rangfolge entlohnt, ohne die wir blindlings übereinander herfallen würden. Ich bin Kommissar. Und du tust dich ein paar Stufen weiter unten wichtig. Vergiß das nicht! Hier bist du in meiner Abteilung. Und du bist hier nicht willkommen. An deiner Stelle würde ich ganz schnell in den dritten Stock zurückkehren, den Schwanz einziehen und abwarten, bis man nach dir pfeift.«
»Es gibt eine Dienstanweisung, die festlegt, daß in Abwesenheit des Herrn Direktors Inspektor Nahs Bliss die Vertretung übernimmt.«
»Ich hatte in der Tat so was hier an der Wand kleben. Das hat mich so angestunken, daß ich mir damit den Hintern abgewischt habe. Und noch etwas, Inspektor. Ich kenne die Dienstvorschrift, und wenn ein Idiot von einem Direktor sie mit Füßen tritt, bin ich nicht verpflichtet, ihm Beifall zu klatschen. Deine Ernennung an die Spitze der Zentrale ist ungesetzlich. Wenn du davon dicke Eier kriegst, schön für dich. Wenn du es allerdings so weit treibst, hier in meinem Büro zu erscheinen, um mich an die anarchischen Zustände in unserer Verwaltung zu erinnern, dann hast du keine Chance, ungeschoren davonzukommen. Ich geb dir einen ganz einfachen Rat: Verpiß dich!«
Bliss droht mir lässig mit dem Finger und tritt albern grinsend den Rückzug an. An der Tür dreht er sich noch einmal um.
»Fast hätte ich's vergessen. Ich hab eine ausgezeichnete Nachricht für dich. Du fährst zum Lehrgang nach Bulgarien. Der Fernschreiber hat es heute morgen schwarz auf weiß ausgespuckt. Unterschrieben von Ghali Saad höchstpersönlich. Mit so einer hochkarätigen Empfehlung hast du den Sprung in den Serail geschafft. Und das, obwohl du die Bonzen doch so verachtest.«
»Ich habe nicht darum gebeten. Ich überlaß dir den Platz.«
»Leider bin ich noch nicht Kommissar.«
»Das ist der erste vernünftige Satz, den ich seit der Verstaatlichung des Erdöls aus deinem Munde höre.«
Er blinzelt mit den Augen und verschwindet aus meinem Blickfeld.
Baya kommt auf ihren Pfennigabsätzen hereingetrippelt. Sie wartet ab, bis sich Bliss' Schritte entfernt haben, um dann begeistert loszuplatzen:
»Stimmt es, was ich gerade gehört habe?«
»Das hängt davon ab, wie lange du schon an der Tür lauschst.«
»Sie sind unfair, Kommissar. Ich mische mich nie in die Angelegenheiten von Vorgesetzten.«
Sie legt einen großen Umschlag auf meine Schreibunterlage.
»Das ist mit der Post gekommen«, erklärt sie mir.
»Ich sehe keinen Absender.«
»Von mir ist es jedenfalls nicht ... Ist das weit weg, Bulgarien?«
»Nicht gerade um die Ecke.«
»Bestimmt ein tolles Land!«
»Warum?«
»Man kommt auf andere Gedanken, lernt andere Leute, andere Städte, andere Lebensweisen kennen. Also, ich würde überall hingehen, egal wohin. Ich könnte wirklich mal einen Tapetenwechsel gebrauchen.«
»Der Rock mit dem Schlitz steht dir
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