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Nacht über Algier

Nacht über Algier

Titel: Nacht über Algier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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gut.«
    Sie läuft vor Entzücken rot an.
    »Daß Ihnen das auffällt, Kommissar!«
    »Na, und ob! Jetzt geh aber in Deckung, Süße. Vielleicht steckt hier ja eine Briefbombe drin.«
    Sie nickt und geht zurück an ihren Schreibtisch.
    Ich reiße den Umschlag auf, ziehe ein zerknittertes, altes Foto heraus, auf dem fünf Freiheitskämpfer mit geschultertem Gewehr in die Kamera lachen. Es ist auf einer Lichtung aufgenommen, im Hintergrund mache ich eine mit Zweigen getarnte Kasematte oder Grotte aus. Der größte der jungen Männer trägt ein kleines Bärtchen. Er hält den Daumen zum Zeichen seiner Zufriedenheit hoch. Die anderen sind offenbar stolz, neben ihm posieren zu dürfen. Auf der Vergrößerung, sicherlich vom Original und nicht von einem Abzug angefertigt, treten die unscharfen Stellen noch stärker hervor. Ich versuche die Personen zu identifizieren, ohne Erfolg. Meine Lupe fördert auch nichts Erhellendes zutage. Es gibt weder eine Bildunterschrift noch ein Begleitschreiben, nicht einmal die üblichen Grüße, aus denen man womöglich etwas schließen könnte. Ich bitte Serdj, sofort vorbeizukommen. Er dreht und wendet das Foto und gibt es mir dann zurück.
    »Vielleicht ist das ein alter Waffenbruder, der Sie darauf zu erkennen meint«, bringt er vor.
    »Dann hätte er ein Wort dazuschreiben können.«
    »Stimmt, das ist also Quatsch.«
    »Sieh mal genau hin. Sagt dir nicht eins der Gesichter irgend etwas?«
    Er nimmt das Foto wieder in die Hand und besieht sich die fünf Kämpfer noch einmal gründlich.
    »Ich erkenne niemanden.«
    »Denkst du, daß das eine verschlüsselte Nachricht ist?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Daß es etwas mit den jüngsten Ereignissen zu tun haben könnte.«
    Serdj beugt sich zum dritten Mal über das Foto.
    »Alles möglich, Kommissar. Vielleicht ist es aber auch ein simpler Irrtum, pure Gedankenlosigkeit. Der Absender könnte vergessen haben, den dazugehörigen Brief mit reinzulegen. Kein Grund zur Aufregung, wenn Sie mich fragen.«
    »Mache ich etwa den Eindruck, daß ich mich aufrege, Inspektor?« brülle ich ihn an.
    »Das habe ich damit nicht sagen wollen.«
    »Dann halt die Klappe. Ich wollte deine Meinung zu dem Foto hören, nicht zu meinem Seelenzustand.«
    Serdj merkt, was für einen Schnitzer er sich geleistet hat, und verzieht sich auf dem schnellsten Wege.
    Ich werfe einen letzten Blick auf das Foto, feuere es in eine Schublade und klingle Baya herbei, damit sie mir einen ordentlichen Kaffee holt.
     
    Zwei Tage später erreicht mich während des Essens zu Hause ein Telefonanruf.
    »Haben Sie das Foto erhalten?«
    »Welches Foto, Monsieur .   wie war gleich Ihr Name?«
    »Mein Name würde Ihnen nichts sagen. Ich habe Ihnen per Post einen Brief geschickt, vor einer Woche. Mit einem Foto.«
    »Sie hatten das Begleitschreiben vergessen.«
    »Es gab keins.«
    »Was hat es also damit auf sich?«
    »Das läßt sich nicht so schnell erzählen, Kommissar. Können wir uns sehen? Ich könnte Ihnen interessante Dinge berichten.«
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Nicht am Telefon, Si Brahim. Es ist sehr, sehr wichtig.«
    »Ich bin jeden Vormittag in meinem Büro.«
    »Vormittags bin ich verhindert. Ich schlage vor, daß wir uns morgen abend um acht im Restaurant >Les Pyramides< treffen.«
    »Ich weiß nicht, was ich anziehen soll, um in so einen exklusiven Laden überhaupt reinzukommen.«
    »Es gibt keine Vorschriften. Soll ich einen Tisch für uns bestellen, Monsieur Llob?«
    »Wenn es Ihnen Spaß macht, sich von einem Bullen ausnehmen zu lassen .«
    »Es ist mir eine Ehre, Sie zum Abendessen einzuladen.«
    »Ausgezeichnet. Morgen abend, acht Uhr, im >Les Pyramides<.«
    »Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, Si Brahim. Auf Wiedersehen.«
    Mina merkt auf und forscht in meinem Gesicht nach irgendeinem besorgniserregenden Zeichen. Ich lächle ihr beruhigend zu.
    »Nur eine mitleidige Seele, die mich morgen in ein Feinschmeckerlokal einlädt. Ich werde mir die erlesensten Köstlichkeiten dort reinpfeifen, bis sie mir zu den Ohren wieder raushängen.«
    »Bekommst du bei mir etwa nicht genug?«
    »Das ist mal eine Abwechslung von der Alltagskost.«
    Mina zieht mißbilligend die Augenbrauen hoch.
    »Wie soll ich dich denn fürstlich bekochen, mit den paar Kröten, die du nur kleckerweise und auch erst nach endlosen Verhandlungen rausrückst?«
    »Soll das heißen, daß ich geizig bin?«
    »Schlimmer, du bist arm.«
    »Das stimmt nicht«, protestiert mein Jüngster. »Mein Vater

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