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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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geschliffenen, silbern schimmernden Schneide.
    »Gibt’s hier viele Fische?«, fragte er.
    Er streckte den Finger aus und tippte Batist an die Nasenspitze, setzte dann wieder die Flasche an und schloss genüsslich die Augen.
    Batist schlug mit der flachen Hand zu und trieb ihm die Flasche in den Mund, dass das Glas an seinen Zähnen zerbarst und seine Lippen aufplatzten wie rote Blumen.
    Der Eindringling erstarrte. Schnaps-, Blut- und Speicheltropfen glitzerten auf seinem Gesicht. Doch statt vor Wut und Schmerz davonzustürmen, stand er nur auf und trat Batist mit dem rechten Fuß an die Schläfe. Er fischte mit den Fingern die Glassplitter aus dem Mund, spie aus, als habe er Erdnussschalen auf der Zunge, und verzog die blutenden Lippen zu einem Lächeln.
    Er beugte sich vornüber und hielt Batist die gekrümmte Spitze des Bananenmessers vor die Augen. Er wollte etwas sagen, stockte, drückte sich die Hand an den Mund, schaute sie an und wischte sie an seinem Regenmantel ab.
    »Jetzt hast du mich so weit, dass ich’s umsonst mach. Du musst doch in nächster Zeit nirgendwo hin, oder?«, sagte er und knöpfte seinen Mantel auf.

29
    In der gleichen Nacht, in der der Eindringling zu meinem Haus kam, steuerte Aaron Crown etwa vierzig Meilen entfernt, im Atchafalaya-Becken, ein Boot mit Außenbordmotor durch ein Labyrinth aus Kanälen, bis er abseits des Flusses auf einen Altwasserarm stieß, in dem ein Austernkutter mit stählernem Rumpf halb versunken im Schlick lag. Der Bootskörper und die Decks sahen aus wie mit Schorf überzogen, die von Termiten und Würmern zerfressenen Aufbauten wirkten porös wie Kork. Die Einfahrt zu dem Altwasser war schmal, mit dichten Weiden bestanden, und dahinter strömte gelb und schäumend der Fluss vorbei.
    Er saß auf einem Holzstuhl in der Kabine, die Haut mit Lehm verschmiert, hatte das gestohlene Enfield-Gewehr zwischen den Beinen stehen und den Blick auf den Fluss gerichtet, über den sie kommen mussten. Das Licht war hervorragend. Er konnte sie von weitem sehen, wie ein Tier, das aus seinem Bau schaut, aber sie konnten ihn nicht erkennen. Keine Hubschrauber, hatte er ihnen gesagt, auch nicht für die Presse. Wenn er Hubschrauber hörte, würde er im Sumpf verschwinden, unter dem dichten Laubdach, bevor jemand die Einfahrt zu dem Altwasserarm erreichte.
    Der Leiter der State Police hatte gesagt, es sei alles ganz einfach. Aaron brauchte nur ins Sonnenlicht zu waten, das Gewehr über dem Kopf. Niemand würde ihm was zuleide tun. Fernsehkameras würden jeden einzelnen Moment aufzeichnen, sodass an diesem Abend Millionen von Menschen zur Kenntnis nehmen müssten, wie ein Mann sich gegen den ganzen Staat zur Wehr gesetzt hatte.
    Er musste an seine erste Verhaftung denken, als er wegen des Mordes an dem Bürgerrechtler festgenommen worden war, und welche Aufmerksamkeit ihm dadurch landesweit zuteil geworden war. Wie vielen Männern war schon vergönnt, zweimal Geschichte zu schreiben?
    Der Leiter der State Police hatte die Abmachung bestätigt – zwei, drei Jahre in einer Bundeshaftanstalt für alte Leute, keine schwere Arbeit, keine Einzelhaft, gutes Essen, ein Minigolfplatz, Fernseh- und Kartenzimmer, Verbindung zur Presse, wann immer er wollte.
    Aber was war, wenn heute Abend etwas schief ging? Auch damit konnte er leben. Buford LaRose würde irgendwo da draußen sein. Aaron schloss die Hand fester um den Schaft des Enfield, sodass der trockene Schlamm leise über das Holz scharrte, und spürte, wie sich etwas in seinen Lenden regte.
    Er machte eine Büchse Dosenfleisch auf, tunkte einen Salzcracker darin ein, kaute langsam den Cracker samt Fleisch und trank einen Schluck aus einer heißen Dose Coca-Cola. Als die Büchse fast leer war, brach er einen Cracker entzwei und kratzte die letzten Fleischreste vom Boden, ließ keinen Krümel übrig, legte den Cracker auf seine Zunge und trank die Cola aus. Er wollte sich gerade eine Zigarette drehen, als er einen Regenschleier quer über den Fluss auf sich zukommen sah, und durch den Regen erkannte er drei große Schnellboote mit aufgespannten Segeltuchplanen hinter den Kabinen und uniformierten Männern an Bord, deren Gesichter sich hinter den nassen Fensterscheiben abzeichneten.
    Aber wo war das Boot mit den Presseleuten?
    Er stand auf und ließ den Tabak aus dem halb aufgerollten Zigarettenpapier auf seine Hosenbeine und Arbeitsstiefel fallen. Der Wind blies jetzt stärker, peitschte die Weiden und Zypressen und wühlte das Wasser auf.

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