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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Die uniformierten Männer hatten ihn noch nicht gesehen, aber sie hatten das Gas zurückgenommen, so dass man die Segeltuchplanen im Wind knattern hörte, und ließen die Boote im Wasser treiben.
    Der Himmel im Süden hing voller gelber und lila Wolken, wie Rauch, der aus einem Fabrikschlot aufsteigt. Er kniff die Augen zusammen, damit er im Regen besser sehen konnte. Was hatten die vor? Der Leiter der State Police, dieser – wie hieß er doch gleich? – Tauzin, sollte eigentlich mit einem Megafon an Deck stehen, ihm sagen, was er machen sollte, die Sache in die Hand nehmen, dafür sorgen, dass die Presseleute Aaron filmten, wenn er aus dem Sumpf watete, das Gewehr hoch über den Kopf hielt – ein unbeugsamer Mann aus dem Bergland, der sich nur ergab, weil der Gouverneur des Staates höchstpersönlich die Bedingungen mit ihm ausgehandelt hatte.
    Irgendwas stimmte nicht. Jetzt kamen Männer aus den Kabinen und traten an Deck, erst einer, dann zwei, drei, und schließlich waren es vier. Sie hatten die Schirme ihrer Mützen nach hinten gedreht und achteten darauf, dass sie Deckung hatten.
    Es kann nicht sein, dachte er. Das Angebot war ihm von einem Mann von der Sheriffdienststelle des Bezirks Iberia unterbreitet worden, einem Mann, dem er vertraute. Der Leiter der State Police hatte ihm ebenfalls sein Wort gegeben. Und wo war dieser verdammte Buford LaRose? Aaron wusste, dass Buford sich nie und nimmer so eine Gelegenheit entgehen lassen würde, da er vor den Kameras stehen konnte, hinter sich das Marschland, die aristokratischen Züge weich und wohlwollend, wie der Inbegriff der Menschlichkeit und des guten Gewissens.
    Dann kam ihm ein schrecklicher Gedanke, und er hatte ein Bild vor Augen, das so klar und deutlich war, dass ihm heute noch das Gesicht brannte, als er sich wieder daran erinnerte, obwohl inzwischen über sechzig Jahre vergangen waren – ein kleiner Junge mit der geborgten Latzhose, der von einem anderen Jungen, dessen Vater die Baumwollspinnerei besaß, in eine Pfütze auf dem Schulhof geschubst wurde, dazu die Worte, die ihm ins Gesicht geschleudert wurden:
Aaron, du bist blöder als ein Nigger, der sich in einer Schneewehe verstecken will.
Es war die alte Erkenntnis, dass es trotz aller Mühe, die er sich gab, immer auf dasselbe hinauslief: Er war von Natur aus, von seiner Geburt an, das Opfer derer, die besser gestellt waren. In diesem Fall sah es schlicht und ergreifend so aus, dass Buford LaRose bereits zum Gouverneur gewählt worden war. Er musste niemandem etwas beweisen. Aaron Crown war nur ein kleiner Störenfried, dessen man schließlich überdrüssig geworden war, weshalb man sich seiner kurzerhand entledigen wollte, wie man ein lästiges Insekt beseitigt.
    Aaron hatte all dies ebenso deutlich vor Augen wie das Gesicht des Mannes mit der umgedrehten Mütze, der sich langsam zum Bug des vorderen Bootes vorarbeitete und zwischen Schanzdeck und Kabine in Stellung ging. Jetzt standen sie einander Auge in Auge gegenüber. Aber Aaron dachte nicht daran, klein beizugeben oder sich zu ducken, sich seine Angst anmerken zu lassen, auch wenn er ein Gefühl hatte, als ob sich seine Eingeweide in Wasser verwandelten.
Tun tätst du’s schon gern, jawoll, mein Bester, Haare und Hirn über die Bäume verteiln, aber du bist einer von denen, die nicht die Hosen runterlassen und in die Landschaft scheißen, bis dir einer sagt, dass es in Ordnung geht.
Aaron zerdrückte die Blechbüchse in der Hand, dass der Boden aufblinkte wie ein Spiegel.
    Er hatte sich geirrt.
    Das Mündungsfeuer des M-16-Gewehrs blitzte auf, als sich der Bug des Bootes in der Dünung hob, und die 223er Kugel zischte an Aarons Ohr vorbei, durchschlug glatt die Kabinenwand hinter ihm und landete irgendwo tief im Sumpf. Im nächsten Moment nahmen ihn die anderen Männer unter Beschuss, deckten ihn mit Tränengasgranaten ein und beharkten ihn mit ihren auf Schnellfeuer eingestellten M-16 und den großkalibrigen Remington-Vorderschaftrepetiergewehren, die mit grobem Schrot geladen waren.
    Aber Aaron rannte jetzt davon, und er lief nicht dahin, wo sie meinten. Während die Gasgranaten zischend an Deck landeten und der Schrot und die 223er-Kugeln die Kabine des Austernkutters durchsiebten, als die Leuchtspurgeschosse kreuz und quer durch die dunkle Kabine zuckten, rutschte er über die Leiter hinab in den stählernen Bauch des Bootes und schlüpfte durch ein Loch am anderen Ende hinaus, dort, wo ein Abwracker etliche Rumpfplatten

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