Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
will.«
»Was sagt der Sheriff dazu?«
»›Machen Sie’s.‹«
»Was macht dir dann so zu schaffen?«
»Ich traue Buford LaRose nicht.«
»Ach, Dave«, sagte sie, atmete aus, schloss die Augen und schlug sie wieder auf. Sie legte mir die Hände auf die Arme und lehnte sich linkisch mit der Stirn an meine Schulter, ohne mit mir wirklich auf Tuchfühlung zu gehen, so als habe sie Angst, mich zu umarmen, weil es sich nicht gehörte.
Am nächsten Morgen rief ich Sabelle Crown an und berichtete ihr von Bufords Angebot. Zwei Stunden später klingelte das Telefon auf meinem Schreibtisch.
»In zwei, drei Jahren komm ich wieder raus«, sagte der Anrufer.
»Aaron?«
»Is’ das mit Brief und Siegel?«, fragte er.
»Ich habe damit nichts zu schaffen. Nehmen Sie sich einen Anwalt.«
»Die Advokaten ham mich schon mal verraten und verkauft.«
»Rufen Sie nie wieder hier an. Verstanden? Ich will nichts mehr mit Ihnen zu tun haben.«
»Dann wolln wir mal das Beste hoffen, sonst gnade Ihnen Gott«, sagte er und legte auf.
Die Tage vergingen, ohne dass ich noch etwas von Aaron Crown hörte. Am Freitag herrschte strahlendes Dezemberwetter, und der Abend war genauso schön. Der Wind wehte vom Golf, und man konnte den Regen in der Ferne riechen, den Duft der Blumen, die bei Dunkelheit noch blühten, das Ozon in den Bäumen, und man musste sich regelrecht einreden, dass Winter herrschte und nicht Frühling. Bootsie und ich beschlossen, an diesem Abend unsere Weihnachtseinkäufe in Lafayette zu erledigen; deshalb bat ich Batist, den Köderladen zu schließen und bei Alafair oben im Haus zu bleiben, bis wir zurückkehrten.
Eigentlich war es gar nicht notwendig. Sie spielte im Haus unserer Nachbarn. Als ich wegfuhr, stand Batist auf dem Hof vor unserem Haus. Die Träger seiner Latzhose schnitten tief in sein T-Shirt, und er hatte zum Abschied die Hand erhoben, die glatt und goldbraun wie gut gefettetes Sattelleder glänzte.
28
Der Mann mit dem Schlapphut und dem schwarzen Gummiregenmantel kam bei Sonnenuntergang, als die Bäume hinter ihm wie in Feuer getaucht waren, und er kam von weit her, war zunächst nur ein kleiner Fleck am Horizont, der langsam größer wurde, als er über die abgebrannten Zuckerrohrfelder meines Nachbarn marschierte, wo die Asche wie Puder um seine Stiefel aufstob. Er hätte ein Farmarbeiter sein können, der ein verirrtes Kalb suchte, das nicht mehr aus dem Bachbett fand, ein Pachtbauer, der von seinem Feld kam und den Heimweg abkürzen wollte, vielleicht auch ein Landstreicher, der von einem vorüberfahrenden Güterzug gesprungen war – wenn da nicht der entschlossene Gang gewesen wäre, die energische Haltung, der Stock in seiner Hand, mit dem er sich fortwährend ans Bein schlug. Der Mann in dem Regenmantel marschierte immer weiter, auch als dunkle Wolken vor der Sonne aufzogen und Blitze im Feld einschlugen.
Die Kühe meines Nachbarn wichen zur Seite wie ein Fischschwarm vor einem Hai, als er des Weges kam.
Batist hatte im Wohnzimmer vor dem Fernseher gesessen. Er ging in die Küche und goss sich noch eine Tasse Kaffee ein, verbrannte sich beim ersten Schluck den Mund, kippte ihn dann in die Untertasse und blies auf ihn, während er aus dem Fenster auf die Aschewolken schaute, die von den Feldern aufstiegen, und den Regen, der wie gesponnenes Glas vor den letzten glühenden Sonnenstrahlen im Westen fiel.
Das Fenster war offen, und er hörte trappelnde Pferdehufe und das Muhen der Kühe im Bachbett, und erst als er die Augen zusammenkniff, sah er den Mann mit Hut und Mantel, der sich mit dem Stock rhythmisch ans Bein schlug.
Batist rieb sich die Augen, ging ins Wohnzimmer und holte seine Brille, begab sich dann wieder zum Fenster und schaute hinaus. Doch er sah lediglich eine milchige Wolke aus Staub und Regen, die über dem Feld hing, und eine junge Anguskuh, die in unserem Garten stand, aber nirgendwo einen Mann mit Hut und schwarzem Mantel.
Batist ging hinaus in den Hof, in den Schwefeldunst, der aus den Feldern stieg, lief dann zum Ententeich und am Zaun entlang, bis er den umgestoßenen Pfahl sah und den niedergetrampelten Stacheldraht.
»Is’ da jemand?«, rief er.
Der Wind klang wie ein schwärmendes Wasserinsekt.
Er verriegelte die Fliegengittertür hinter sich, ging zur Vorderseite des Hauses, trat auf die Veranda und schaute in den Hof und auf das wirbelnde Laub zwischen den Bäumen, die tanzenden Schatten der Äste am Boden. Drunten am Bayou zerrte ein Boot an seiner
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