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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Crown eine Falle gestellt, und ich habe dabei mitgeholfen, Batist. Ich hab’s zwar nicht gewusst, aber dadurch hab ich jemandem die Gelegenheit gegeben, auch mich zu beseitigen.«
    »Wer macht denn so was, Dave? Was haben wir denen denn getan?«
    »Sie wohnen droben am Teche. Buford und Karyn LaRose.«
    Er schloss die Augen und schlug sie dann wieder auf, so als sei er am Einschlafen oder denke über etwas nach.
    »Das is’ nicht deren Art«, sagte er.
    »Warum?«
    »Leute wie die kriegen keine schlimmen Sachen zu sehn, Dave. Jeder Schwarze auf der Plantage kann dir das erzähln. Die Weißen droben in dem großen Haus wolln gar nicht wissen, was draußen auf dem Feld oder in den Quartieren passiert. Die ham ihre Leute, die sich um so was kümmern.«
    Die Schwester und der Arzt kamen herein und sahen uns an.
    »Kommst du eine Zeit lang allein zurecht?«
    »Klar. Die behandeln mich gut«, sagte Batist.
    »Es tut mir so Leid«, sagte ich.
    Er schob die Finger über meine Hand und tätschelte mich, wie mein Vater es getan hätte.
    Clete fuhr hinter mir her und ging in unserem Gästezimmer schlafen. Ich lag im Dunkeln neben Bootsie, hatte den Arm über die Augen geschlagen und hörte, wie das Regenwasser von den Bäumen auf das abgefallene Laub tröpfelte. Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen, gab es dann auf und schlief ein, als die Sterne noch am Himmel standen. Am Morgen wirkte das Zimmer nackt und leer, genauso, wie ich mir selbst vorkam – ohne jede Erinnerung, so wie früher, wenn ich aus einem schweren Rausch erwachte. Dann fiel mir mit einem Schlag alles wieder ein, was letzte Nacht passiert war.
    Batist hatte nicht gewollt, dass ich mir seinetwegen Vorwürfe machte, und mir zuallererst versichert, dass die Schmerzen nicht so schlimm seien, als er mich im Krankenhaus gesehen hatte. Er hatte nicht an sich gedacht, keine Rachegelüste geäußert, mir keinerlei Vorwürfe gemacht oder die Umstände verflucht, durch die er an einen Sadisten wie Mookie Zerrang geraten war.
    Ich war zehn Monate in Vietnam gewesen und hatte keine vorsätzlichen Gräueltaten erlebt, zumindest keine, die von Amerikanern begangen wurden. Möglicherweise lag das daran, dass meine Dienstzeit vorüber war, bevor der Krieg richtig losging. Ich hatte einmal ein Dorf gesehen, nachdem der Ortsvorsteher unsere 105. Feldartillerie gegen die eigenen Leute angefordert hatte, und ich hatte miterlebt, wie ein paar unserer südvietnamesischen Verbündeten gefangene Vietcongs gefesselt, ihnen Handtücher um den Kopf gewickelt und eine Feldflasche voller Wasser nach der anderen darüber gegossen hatten, bis sie bereit waren, für einen Mund voll Luft ihre eigenen Familien zu verraten. Irgendjemand hatte immer eine Erklärung dafür, sodass man die Bilder zumindest vorübergehend verdrängen konnte. Es war die sinnlose Grausamkeit – Unrecht, das man gar nicht als solches erkannte –, die an einem hängen blieb, wie eine schwärende Wunde.
    Ein Bild wird mir immer vor Augen bleiben, wie eine Ansichtskarte, für die man nicht die richtige Briefmarke findet: Die Mama-san ist vermutlich über siebzig. Ihre Brüste hängen schlaff herab, die Haut ist schrumplig wie ein verdorrter Apfel. Sie und ihre Enkelin putzen für eine Horde Marines die Unterkünfte, waschen ihre Kleidung und verbrennen die Latrinenkübel. Zwei Rekruten basteln aus einem Stück Pappkarton ein Schild, hängen es ihr um den Hals, stellen sich verschwitzt und mit nacktem Oberkörper neben sie, während ein dritter Marineinfanterist mit einer Polaroidkamera ein Foto knipst. Auf dem Schild steht Miss North Dakota. Dem faltigen, wie gegerbt wirkenden Gesicht der Mama-san sieht man nicht an, ob sie versteht, dass es sich um eine Beleidigung handelt. Die Marines wiederum grinsen breit in die Linse.
    Voltaire hat einmal über die Grausamkeit geschrieben, die er an seinem Nachbarn beobachtete, einem Foltermeister in der Bastille. Er schildert sie als einen unstillbaren Drang, der seinem Wesen nach nicht anders ist als Fleischeslust oder die Abhängigkeit von einer Droge. Wenn der Nachbar nicht in Diensten des Staates gestanden hätte, würde er seinerseits Geld dafür bezahlen, damit er seine Arbeit in den steinernen Gelassen unter den Straßen von Paris fortführen könnte.
    Mookie Zerrang war nicht einfach ein gedungener Killer. Er zählte zu jenen Randerscheinungen des Menschengeschlechts, die auf die Lahmen und die Blinden warten oder auf jene, denen keine Stimme gegeben ist, und er

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