Nacht ueber den Highlands
ein. »Sie liebt den Grafen, Mylord.«
Rowena warf ihrer Freundin einen bösen Blick zu.
»Stimmt das?«, fragte er.
Es hatte keinen Zweck, es abzustreiten. »Ja, Onkel, so scheint es.«
Sein Gesicht wurde sehr ernst. »Dann bete ich um deinetwillen, Rowena, dass er nicht verliert.«
»Das wird er schon nicht«, sagte sie entschieden. Er musste gewinnen. Es stand mehr als nur ihre Zukunft auf dem Spiel.
Als die Kämpfe für diesen Tag beendet waren und der Hofstaat sich zum Abendessen im großen Saal versammelt hatte, wartete Stryder in seinem Zelt auf Rowena. Er hatte für alles gesorgt, inklusive einer alternativen Übernachtungsmöglichkeit für Alexander. Er schlief heute Abend bei Raven.
Aber wer nicht kam, war Rowena. Als er schließlich in den großen Saal ging, um nach ihr zu suchen, wurde er von Joanne abgefangen, die ihm erklärte, Rowena sei unwohl und nicht in der Lage, an den Festivitäten teilzunehmen.
Als er daraufhin versuchte, sie in ihren Gemächern zu besuchen, wurde er freundlich, aber bestimmt von ihrem Onkel abgewiesen.
»Wir können es uns nicht erlauben, einen Bewerber vorzuziehen, das versteht Ihr doch sicher, nicht wahr?«
Die Tatsache, dass der Mann Recht hatte, machte Stryder nur noch ärgerlicher. Ihm blieb nichts anderes übrig, als in sein Zelt zurückzukehren, wo er eine weitere einsame Nacht zubrachte. Diesmal träumte er davon, sich mit einer Gans zu paaren, und erwachte schweißgebadet und erschöpft.
Als er den Turnierplatz erreichte, galt sein erster Blick Rowena. Sie saß auch heute auf ihrem Platz in den Rängen und auch heute trug sie ein Federkleid. Aber sie sah merklich blasser aus.
Besorgt versuchte er erneut, mit ihr zu sprechen, wurde jedoch auch diesmal von ihrem Onkel und auch vom König daran gehindert.
Also schickte er stattdessen Alexander zu ihr. Sein Sohn flitzte, sich zwischen den Menschen hindurchschlängelnd, zu ihr hin.
Voller Stolz beobachtete er, wie sie seinen Sohn auf den Schoß nahm, um sich die Kämpfe mit ihm zusammen anzusehen. Ihre blassen Wangen röteten sich ein wenig, während sie sich angeregt mit Alexander unterhielt und ihn auf alles Mögliche hinwies.
Als Stryder kurz darauf an der Reihe war und soeben losreiten wollte, packte Raven sein Pferd am Zügel und hielt ihn auf.
»Was ist los?«
Raven wies mit einem Kopfrucken auf die Tribünen, und Stryder sah, dass Alexander auf ihn zugelaufen kam.
Der Junge stolperte und machte das Pferd nervös.
Stryder nahm sein Ross sofort an die Kandare; Raven riss den Jungen aus der Gefahrenzone und hob ihn vorsichtshalber auf die Arme.
»Vorsicht, Krümel«, warnte er ihn. »Oder das Ross
deines Vaters denkt noch, du wärst eine Maus, und trampelt dich tot.«
Raven hob den keuchenden Knaben zu Stryder hinauf. »Lady Rowena schickt dir dies, Vater.«
Alexander reichte ihm einen Zettel. »Sie sagt, sie kann dich erst nach dem Ende des Turniers Wiedersehen, aber du sollst das hier gut aufheben, und wenn du gewonnen hast, wird sie es dir vorlesen, und dann wirst du dich riesig freuen.«
Stryder umarmte Alexander und bedankte sich bei ihm.
Raven setzte ihn wieder ab und ließ ihn zu Rowena zurückrennen. Stryder schob sich den Zettel in den Handschuh.
»Ein Brief«, höhnte Raven. »Du riskierst Kopf und Kragen und kriegst anstatt eines Kusses einen armseligen Brief.« Er schüttelte den Kopf. »Liebe! Gott erspare sie mir. Aber wenn mich der Pfeil Amors doch noch treffen sollte, dann bitte lieber tödlich.«
Stryder sagte nichts darauf. Er nahm Raven seine Lanze ab und ritt auf den Platz.
Abermals hob er seinen Gegner beim ersten Versuch aus dem Sattel.
Stryder warf seine Lanze zu Boden; sein Blick suchte sogleich Rowena. Doch ihr Platz war leer, und Alexander war ebenfalls verschwunden.
Enttäuscht stieß er die Luft aus. Wahrscheinlich graute ihr vor dem Anblick, wie er seine Gegner in den Staub trat.
Mit dem Wunsch, mit ihr zu sprechen, sie sehen zu können, stieg er ab und wartete auf seinen nächsten Aufruf.
An diesem Abend tauchte Rowena weder im großen Saal noch in seinem Zelt auf. Auch Alexander blieb verschwunden. Alles, was er bekam, war einen Besuch von Fatima, die ihm erklärte, die hohe Herrin wolle Alexander heute Nacht bei sich behalten, weil sie sich nach Gesellschaft sehne.
So weit zu seinem Versuch, ihr einen Spion zu schicken.
Verdammt.
Schweren Herzens holte Stryder ihren Zettel hervor und betrachtete ihn sehnsüchtig. Wieder einmal wünschte er, lesen zu
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