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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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dichtes dunkles Haar, und Diana fragte sich, ob sie es färbte, um graue Strähnen zu überdecken. Nancy sagte: »Aber er setzt offenbar alles daran, Sie zurückzuholen.«
    »Das ist nur sein verletzter Stolz«, meinte Diana. »Weil mich ein anderer Mann ihm weggenommen hat. Mervyn verliert nicht gern. Hätte ich ihn verlassen, um zu meiner Schwester zu ziehen, so hätte er keinen Finger gekrümmt.«
    Nancy lachte auf. »Das klingt ja, als hätte er nicht die geringste Aussicht, Sie zurückzuerobern.«
    »So ist es.« Unvermittelt mochte Diana sich nicht länger mit Nancy Lenehan unterhalten. Eine unerklärliche Feindseligkeit ergriff von ihr Besitz. Sie steckte Make-up und Kamm ein, erhob sich, lächelte, um sich ihre plötzliche Antipathie nicht anmerken zu lassen, und sagte: »Mal sehen, ob ich mich zu meinem Sitz durchschlagen kann.«
    »Viel Glück.«
    Als sie die Toilette verließ, kamen ihr Lulu Bell und Prinzessin Lavinia mit ihren Übernachtungsköfferchen entgegen. Im Abteil war Davy, der Steward, gerade damit beschäftigt, ihren Sitz in ein Etagenbett umzubauen. Diana fragte sich, wie aus einem Allerweltssofa auf einmal zwei Betten werden sollten. Sie setzte sich und sah dem Steward bei der Arbeit zu.
    Davy nahm sämtliche Kissen fort und zog die Lehnen aus ihren Verankerungen. Dann lehnte er sich über den Sitzrahmen und zog etwa in Brusthöhe zwei Laschen herunter, hinter denen Haken zum Vorschein kamen. Er beugte sich vor, löste einen Gurt und hob einen flachen Rahmen heraus, den er daraufhin in die Wandhaken ein- hängte. Schon war der Boden des oberen Bettes fertig. Die vordere Kante paßte in ein Loch in der Seitenwand. Diana wollten bereits Zweifel an der Stabilität dieser Konstruktion kommen, als Davy auch schon zwei recht stabil wirkende Streben aufhob, die als Bettpfosten am Ober- und Unterrahmen befestigt wurden. Jetzt sah das Ganze schon viel solider aus.
    Zum Schluß legte er die Sitzkissen auf das untere Bett zurück und benutzte die Rückenpolster als Matratze für das obere. Unter dem Sitz zog er hellblaue Leinentücher und Wolldecken hervor und bezog die beiden Lagen mit schnellen, geübten Handgriffen.
    Die Etagenbetten machten zwar einen bequemen Eindruck, waren aber zur Gänze den Blicken der Vorübergehenden preisgegeben. Davy indessen zog einen dunkelblauen, mit Haken versehenen Vorhang hervor und befestigte ihn an einer Leiste an der Decke, die Diana für eine Dekoration gehalten hatte. Mit Druckknöpfen befestigte er den Vorhang am Bettrahmen; er saß wie angegossen. Eine dreieckige Luke, die an einen Zelteingang erinnerte, ließ er offen, so daß man hineinklettern konnte. Schließlich klappte er noch eine kleine Stufenleiter auf und lehnte sie gegen das obere Bett. Wie ein Zauberkünstler, der einen verblüffenden Trick vorgeführt hat, drehte Davy sich zu Diana und Mark um, lächelte und sagte: »Lassen Sie mich wissen, wenn Sie zu Bett gehen wollen, dann mache ich auch die andere Seite fertig.«
    »Wird es da drin nicht fürchterlich stickig?« wollte Diana wissen.
    »Jedes Bett hat einen eigenen Ventilator«, erklärte Davy. »Ihrer befindet sich genau über dem Kopfende.« Diana schaute hoch und bemerkte ein Gitter mit einem Hebel zum Öffnen und Schließen. »Außerdem haben Sie ein eigenes Fenster, elektrisches Licht, Kleiderbügel und ein Regal. Wenn Sie sonst noch etwas benötigen, brauchen Sie nur auf diesen Knopf zu drücken und mich zu rufen.«
    Während Davy sich an den Betten zu schaffen gemacht hatte, waren die beiden Passagiere auf Backbord, der exklusiv gekleidete Frank Gordon und der glatzköpfige Ollis Field, mit ihren Taschen Richtung Herrentoilette entschwunden. Davy kümmerte sich nun um ihre Betten. Auf Backbord war alles ein wenig anders. Der Gang lag dort nicht in der Flugzeugmitte, sondern etwas weiter links. Es gab dort daher nur ein Etagenbett, das parallel statt im rechten Winkel zur Längsachse der Maschine stand.
    Prinzessin Lavinia kehrte in einem bodenlangen, marineblauen, mit Spitze besetzten Morgenmantel und dazu passendem Turban in ihr Abteil zurück. Ihr Gesicht glich einer Maske strenger Würde; der unvermeidliche öffentliche Auftritt in Nachtgewändern war ihr offensichtlich sehr peinlich. Mit Entsetzen betrachtete sie die Etagenbetten. »Darin komme ich ja vor Platzangst um«, stöhnte sie, doch niemand schenkte ihr Beachtung. Sie entledigte sich ihrer Seidenpantöffelchen und stieg ins untere Bett. Ohne Gutenachtgruß zog sie den Vorhang

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