Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
allein: Ein Passagier im Schlafanzug wusch sich gerade die Hände. Eddie deutete auf die Toilettenkabine, und Luther ging hinein. Eddie kämmte sich und wartete darauf, daß der Passagier verschwand. Schließlich klopfte er an die Toilettentür, und Luther kam heraus. »Was, zum Teufel, soll das?« fragte er.
    »Halten Sie Ihr Maul und hören Sie zu!« fauchte Eddie. Er hatte gar keinen aggressiven Ton anschlagen wollen, aber Luther brachte ihn einfach zur Raserei. »Ich weiß, warum Sie an Bord sind. Ich kenne Ihre Pläne und habe mich zu einer Änderung entschlossen. Wenn ich diese Maschine runterbringen soll, muß Carol-Ann im Boot unten auf mich warten.«
    »Sie haben überhaupt keine Forderungen zu stellen«, gab Luther verächtlich zurück.
    Eddie hatte von vornherein nicht damit gerechnet, daß sein Gegenüber sofort klein beigeben würde. Nun war es soweit: Er mußte bluffen. »Na gut«, sagte er mit aller Überzeugungskraft, zu der er fähig war. »Damit ist unsere Vereinbarung null und nichtig.«
    Luther schien ein wenig beunruhigt, doch er sagte: »Reden Sie keine Scheiße. Sie wollen Ihr Frauchen wiederhaben, und deswegen werden Sie diese Maschine auch runterbringen.«
    Stimmt genau, dachte Eddie, doch er schüttelte den Kopf. »Ich traue Ihnen nicht«, gab er zurück. »Wie sollte ich auch? Selbst wenn ich auf alle Ihre Forderungen eingehe – Sie können mich bis zum Schluß reinlegen. Auf ein solches Risiko lasse ich mich nicht ein. Ich will eine neue Abmachung.«
    Luthers Selbstvertrauen war noch immer nicht erschüttert. »Eine neue Abmachung gibt es nicht.«
    »Na schön.« Jetzt mußte Eddie seinen Trumpf ausspielen. »Na gut, dann wandern Sie eben ins Kittchen.«
    Luther lachte nervös. »Was soll das Geschwätz?«
    Eddies Zuversicht wuchs: Luthers Selbstsicherheit geriet allmählich ins Wanken. »Ich werde den Flugkapitän über alles in Kenntnis setzen. Bei der nächsten Zwischenlandung werden Sie von Bord geholt – und zwar von der Polizei. Und dann verschwinden Sie hinter Gittern – in Kanada, wo Ihre Komplizen Sie nicht raushauen können. Die Anklage wird auf Geiselnahme und Piraterie lauten – verdammt, Luther, das reicht wahrscheinlich für lebenslänglich.«
    Endlich war es ihm gelungen, Luther aus der Fassung zu bringen. »Aber es ist doch alles abgesprochen«, protestierte dieser. »Für eine Änderung des Plans ist es jetzt zu spät.«
    »Ist es nicht«, widersprach Eddie. »Sie können Ihre Leute bei der nächsten Zwischenlandung anrufen und sie wissen lassen, was zu tun ist. Die Kerle haben dann sieben Stunden Zeit, um Carol-Ann an Bord des Bootes zu bringen. Das ist mehr als genug.«
    Unvermittelt gab Luther nach. »In Ordnung, einverstanden.« Eddie glaubte ihm kein Wort: Die Sinnesänderung war viel zu schnell vonstatten gegangen. Sein siebter Sinn sagte ihm, daß Luther beschlossen hatte, ihn hinters Licht zu führen. »Außerdem sagen Sie den Burschen, daß sie mich in Shediac, unserem letzten Zwischenstopp, anrufen und mir bestätigen sollen, daß alle Vereinbarungen eingehalten werden.«
    Ein Anflug von Zorn huschte über Luthers Gesicht und bestätigte Eddie darin, daß seine Vermutung richtig gewesen war. Eddie fuhr fort: »Und wenn das Boot und der Clipper sich treffen, muß ich Carol-Ann sehen können, und zwar an Deck, bevor ich die Türen öffne, ist das klar? Wenn ich sie nicht sehe, schlage ich Alarm. Ollis Field hat Sie am Schlafittchen, ehe Sie die Tür öffnen können, und die Küstenwacht ist zur Stelle, bevor ihr Halunken euch Zugang zum Flugzeug verschaffen könnt. Sorgen Sie also dafür, daß alles genau nach meinen Angaben abläuft, sonst hat euer letztes Stündchen geschlagen.«
    Luther hatte sich plötzlich wieder gefangen. »Das tun Sie doch im Leben nicht«, höhnte er. »Sie werden doch nie das Leben Ihrer Frau aufs Spiel setzen.«
    Eddie gab sich alle erdenkliche Mühe, den Zweifel zu schüren.
    »Sind Sie da ganz sicher, Luther?«
    Es reichte nicht aus. Luther schüttelte energisch den Kopf. »So verrückt sind Sie nun auch wieder nicht.«
    Eddie wußte, daß er nur einmal die Chance bekam, Luther zu überzeugen: hier und jetzt. Verrückt war das Stichwort, das ihm noch gefehlt hatte. »Ich zeig‘ dir, wie verrückt ich bin«, sagte er und schubste den Mann unmittelbar neben dem großen rechteckigen Fenster gegen die Wand. Luther war so überrascht, daß er zunächst keinen Widerstand leistete. »Ich werd‘ dir beweisen, wie scheißverrückt ich

Weitere Kostenlose Bücher