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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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sollen, der er nicht gewachsen war.
    Heute fand die große Dezernentenbesprechung statt, die Sir Hawley zur festen Gewohnheit gemacht hatte, und Jimmy White Horse war ausnahmsweise dazu geladen. Die Sekretärin sagte »Bitte«, Jimmy klopfte am Pfosten der Polstertür, wurde hereingerufen und nahm bescheiden auf einem Stuhl ohne Armlehnen Platz. Nick Shaw, Kate Carson, der wieder genesene Haverman und Eve Bilkins waren anwesend. Peter Hawley eröffnete.
    Jimmy hatte ein kleines Notizbuch dabei und notierte eifrig, was er den Ratsmitgliedern des Stammes an neuen Mitteilungen, Anweisungen und Versprechungen würde überbringen können. Das Jahr ging seinem letzten Viertel zu, die Periode des Wegebaus war mit dem Sommer zu Ende. Es gab nicht allzuviel, was erheblich schien.
    Der Superintendent fürchtete aber, daß die große Arbeitslosigkeit im Herbst und Winter noch weiter anwachsen werde. Auswege? Vorschläge?
    Haverman seufzte und wies darauf hin, daß das Kunstgewerbe nur als Heimarbeit und in sehr geringem Maße betrieben werde.
    Warum nicht? wollte Hawley wissen.
    Die Leute hier seien gleichgültig, interesselos.
    Mache der Absatz Schwierigkeiten?
    Ja, auch.
    Eve Bilkins sprach sich für Erwachsenenzirkel aus, um die mangelnde Schulbildung nachzuholen, wenigstens in Englisch, Lesen und Schreiben.
    »Warum gibt es das noch nicht?« fragte Hawley.
    »Ja, wie sollen die zerstreut wohnenden Menschen zusammenkommen? Für solche Zirkel lohnt sich kein Schulbus. Und wer soll die Zirkel leiten? Sofern Burschen und Mädchen aus der Reservation als Lehrer ausgebildet sind, werden sie nach den Verfügungen der Bezirksverwaltung auf anderen Reservationen oder außerhalb der Reservationen eingesetzt. Die einzige Ausnahme hier bei uns ist bis jetzt Mrs. Holland.«
    Die Diskussion versickerte. Jimmy hatte sich alles sorgfältig aufgeschrieben. Das fiel ihm nicht schwer. Er hatte das gleiche schon oft notiert.
    Ehe der Superintendent die Akte schloß, nahm er noch ein weißes handbeschriebenes Blatt heraus.
    »Ein Individualantrag«, erklärte er. »Joe King will einen eigenen Brunnen haben.«
    »Warum nicht einen Springbrunnen!« sagte Haverman.
    »Keinen Springbrunnen«, bemerkte Hawley mit tadelndem Ernst, »weil sich das Gelände für artesische Brunnen nicht eignet. Mister King hat das hier ausgeführt.«
    Haverman machte kugelrunde Augen.
    Jimmy notierte.
    »Wir sind an sich unzuständig«, erläuterte Hawley, »denn die Aufgabe, Brunnen zu graben, ist auf den Gesundheitsdienst übergegangen. Aber Mister King besteht auf einer Stellungnahme der Ökonomie. Er will einen Brunnen nicht nur für Trinkwasser, sondern auch zur Verbesserung der Wiesen und zur Pferdetränke haben. Er beruft sich auf das neue Wirtschaftsprogramm.«
    »Keine verlorenen Gelder, sondern nur Anleihen«, bemerkte Haverman.
    »Mister King macht Vorschläge. Er will langfristig Geld haben und abzahlen.«
    »Sowieso schon verschuldet«, sagte Haverman. »Wir können dafür keine öffentlichen Gelder riskieren, und es handelt sich nicht um eine Sache, die mehreren Arbeit geben wird. Es ist wieder einmal der Privatanspruch von Mister King.«
    »Privatinitiative«, korrigierte Kate Carson.
    »Er kann sich zehn Brunnen graben, wenn er das selbst bezahlen will. Aber es ist völlig überflüssig, denn in der Nachbarschaft ist der Brunnen der Booth-Ranch. Wir streiten uns, ob von zwei Dörfern nur eines oder alle beide oder keines einen Brunnen bekommen kann. Werden wir vielleicht für jede einzelne Ranch einen zulassen?«
    »Ja, das wäre natürlich ein Wunder«, sagte Kate Carson, »aber außerhalb der Reservation habe ich solche Zustände schon vorgefunden. Auf jeder Ranch ein Brunnen oder mehrere Brunnen, je nach der Größe.«
    »Bleiben Sie doch ernsthaft, Missis Carson, bitte. – Wir können den Antrag nicht einfach zu den Akten legen, Haverman. Die Sache muß geprüft werden. Der Zustand der Ranch, die Aussichten, die Bodenverhältnisse, die voraussichtlichen Kosten eines Bohr- beziehungsweise Pumpbrunnens, wie King hier vorschlägt. Ich finde das nicht so unvernünftig, Haverman, und ich würde es für völlig falsch halten, King jetzt durch ein bürokratisches Verhalten vor den Kopf zu stoßen. Seine Frau ist, wie ich gehört habe, die beste Schülerin von Missis Hollands Schule. Sie wird den Auftrag für einen Fries in der Schulhalle bekommen. Sie bemüht sich auch sonst, Aufträgen gerecht zu werden. Man darf doch die Leute nicht entmutigen.«
    »Was

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