Nacht über der Prärie
bekannt sein, Mister Teacock –, unter meinen Heften auf meinem Platz gefunden und begann eben, mich über diesen Fund zu wundern.«
»Sehr wahrscheinlich, King, tatsächlich, sehr wahrscheinlich!«
Joe Kings Augen wurden klein. »Wenn Sie wünschen, Mister Teacock, über die Sache noch etwas länger zu sprechen, als ich beabsichtige – denn ich wollte Ihre Zeit nicht unnütz in Anspruch nehmen –, so möchte ich Sie doch darauf aufmerksam machen, daß Ihre Aussagen in meinem Prozeß… zumindest unvollständig, wenn nicht falsch gewesen sind. Sie haben unter Eid ausgesagt, daß das Geld in der Schublade des Lehrertisches der 7. Klasse deponiert gewesen sei. Wie konnten Sie beschwören, was Sie gar nicht wußten?«
Teacock wurde bleich wie die Kalkwand. »Harold Booth hatte mir vor Beginn der Stunde noch gesagt – als ich eben vom Lehrerzimmer zu den Klassenzimmern ging –, noch gesagt, daß er den Umschlag auftragsgemäß deponiert habe.«
»Aber Sie haben das nicht sofort nachkontrolliert?«
»Wozu denn! Booth war unser aufgewecktester und zuverlässigster Schüler.«
»Danke.«
»Was beabsichtigen Sie eigentlich, King? Ich meine, was soll das alles! Ist es Ihnen nicht selbst am liebsten, wenn von diesem schwarzen Punkt in Ihrem Leben, von dieser ehrenrührigen Vorstrafe, so wenig wie möglich mehr die Rede ist?«
»Wir waren oft verschiedener Auffassung, Teacock, und sind es auch wieder in diesem Punkt. Ich wünsche, daß von der Sache so viel und so laut wie möglich gesprochen wird, denn ich denke sie aufzuklären. Ich habe nicht gestohlen!«
»Sie werden doch nicht…« Teacock traten die Schweißperlen auf die Stirn.
»Ich werde! Leider ist die Sache schon lange her, so daß man Fingerabdrücke nicht mehr feststellen kann.«
»Fingerabdrücke! Aus welchem Milieu kommen Sie denn! Wir sind doch nicht unter Kriminellen in unserer Schule.«
Joe King zog die Mundwinkel ein wenig herunter und verabschiedete sich mit einem kurzem Gruß.
Sobald er das Zimmer verlassen hatte, starrte Teacock die Rektorin fassungslos an. »Will er mir einen Meineid vorwerfen? Himmel, der Verbrecher! Ich bin niemals auf den Gedanken gekommen, Harold Booth in diese Sache hineinzuziehen, mit der er überhaupt nichts zu tun hat. Joe King kann ja nicht in der 12. Klasse gestohlen haben, zu der er gar keinen Zutritt hatte, sondern er konnte nur in der 7. Klasse stehlen – und da er gestohlen hat, befand sich das Geld vorher da, wo Booth es hatte hinbringen sollen – Klasse 7, Lehrertisch. Nur dort konnte Joe es wegnehmen!«
Mrs. Holland saß auf ihrem Schreibtischstuhl, ohne sich anzulehnen. »Es ist eine böse Sache, Mister Teacock. – Ich danke Ihnen, daß Sie sich zur Verfügung gestellt haben.«
Draußen vor der Schule stand Stonehorn und unterhielt sich bei seinem Auto mit der Gruppe der Twens über Motoren. Da er bedeutend mehr wußte als die Burschen, die nie Besseres als die Wagen der Verwaltung und der Beamten gesehen und nie Besseres als einen uralten Wagen gefahren hatten, wurde er mit Fragen umlagert.
Teacock konnte die Gruppe durch das Fenster erkennen.
»Missis Holland… schauen Sie dorthin! Der geborene Bandenführer. Unter diesen Rowdies findet er sofort Anhang!«
»Vielleicht könnte er uns helfen, die Burschen für irgend etwas zu interessieren. Alex Goodman zum Beispiel ist ein heller Kopf, gewandt und verwegen. Er brauchte Arbeit, Sport und Auszeichnung. Weil er das alles nicht findet, fängt er an, mit dem Vater zusammen zu trinken. Schade, schade.«
Teacock warf Mrs. Holland einen Blick zu, aus dem hervorging, daß er eine Gesundung ihres Geisteszustandes nicht mehr für möglich hielt. »Vielleicht interessiert Joe King Alex Goodman und Konsorten noch für die neuesten Gangstertricks und Pistolenkonstruktionen. Wissen Sie nicht, wo er gewesen ist? Es ist mir unerfindlich, daß unsere verantwortlichen Stellen einen so gefährlichen Burschen immer wieder laufenlassen!«
Leise vor sich hin murmelnd, verabschiedete sich Teacock. Als er das Gebäude verließ, sah er seinen Kollegen Ball bei der Twen-Gruppe und Stonehorn stehen. Er überprüfte nochmals seine Kragenweite, gab Ball keine Gelegenheit, ihn zu grüßen, und suchte den Wagen einer Kollegin, die ihn auf der Heimfahrt mitzunehmen pflegte, wenn Ball nicht fuhr.
Teacock verbrachte seinen Abend in Mißstimmung. Er besaß keinen Wagen und bewohnte ein kleines Haus mit Ball zusammen, der Witwer war, während Teacock als Junggeselle
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