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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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erklärte Dave De Corby. »Der Antrag muß zu Doctor Eivie. Die Ökonomie hat damit nichts zu tun. Der Stammesrat hat auch kein Geld zu vergeben.«
    »Du hörst es«, sprach Jimmy. »Wie soll ich verantworten zu schreiben, daß du einen Brunnen haben mußt, wenn zwei Dörfer noch keinen haben?«
    Joe King schwieg vor sich hin, dann sah er eines der Ratsmitglieder nach dem anderen an und schließlich sagte er: »Der Superintendent hat euch zur Stellungnahme aufgefordert wegen eines Brunnens für meine Ranch. Ihr aber solltet den Superintendent zur Stellungnahme auffordern. Es gibt keinen weißen Mann hier auf dem Reservationsland, der nicht einen Brunnen hat oder eine Wasserleitung im Haus, Garten und Feld. Warum gibt es Tausende von Indianern, die es nicht haben? Es wird alles aus demselben Topf bezahlt, der eine erhält etwas, der andere nicht. Die weißen Männer wollen zum Mond fahren, aber da finden sie kein Wasser für uns. Die weißen Männer wollen die Ströme Alaskas umleiten, aber nicht zu uns hier. Wir haben Berge, Wälder, Flüsse, Seen in unserer Nähe; niemand denkt daran, uns Wasser von dorther zuzuleiten und den dürren Winkel unseres großen Landes, den man uns noch gelassen hat, zu befruchten. Wir brauchen mehr elektrische Pumpwerke. Das Grundwasser ist reichlich und gut; man kann es nicht nur für Beamte, Hospital und Schulen nutzen, sondern auch für Felder und Weiden. Man muß das Wasser auf die Hügel hinaufpumpen und herabrieseln lassen, dann würden unsere Ranches und Farmen aufblühen. So geschieht es in anderen Staaten unseres Bundes, wo weiße Männer wohnen. Aber ihr sitzt hier und stöhnt: Joe King will einen Brunnen haben. Ihr solltet schreien! Schreien solltet ihr: Wasser, Wasser! Bis die Menschen uns endlich hören. In Afrika bauen sie Staudämme, aber bei euch will Joe King einen Brunnen haben. Ein Indianer will einen eigenen Brunnen haben! Wann hat man dies bei euch hier schon einmal gehört? Zwei Dörfer haben keinen Brunnen! Ihr solltet euch schämen, dies auszusprechen, ehe ihr sagen könnt, wann sie einen haben werden.«
    Die Ratsmänner hatten zugehört.
    »Ja«, begann Jimmy dann, »es ist wahr, und du solltest es dem Superintendent sagen, Joe. Du bist umhergekommen, und du kannst reden.«
    »Ich will aber nicht reden, Jimmy White Horse, ich will einen Brunnen haben. Das Reden und Schreiben ist eure Sache.«
    »Ein Pumpwerk ist teuer«, meinte Dave De Corby. »Elektrizität ist teuer.«
    »Ja«, antwortete ihm Joe King. »Elektrizität ist teuer, aber wirksam. Man kann eine Pumpe damit antreiben. Das tut Wunder. Das Wasser strömt Tag und Nacht. Man kann auch einen Menschen anschließen. Das tut auch Wunder, und er sagt bald zu allem ja. Wenn er nicht gerade Joe King heißt. Aber ich warte nun drei Tage, und wenn bis dahin nicht der Bericht vorliegt, wie und wo bei uns am besten ein Brunnen gemacht werden kann, so geschieht etwas. Mit modernen Methoden. Ich habe gesprochen.«
    Er stand auf und ging.
    Die Ratsmänner schauten ihm nicht nach, sie schauten auch einander nicht an. Sie schauten vor sich hin, zurück in das graue Elend der vergangenen Jahrzehnte, hinein in das Dornengestrüpp der Zuständigkeiten und Worte und der vielen Fäden des guten Willens, von denen einige schon zerrissen an den Dornenzweigen hingen.
    Jimmy hatte sein Notizbuch aufgeschlagen. »Du wirst dem Gesundheitsdienst mitteilen, Dave, daß er das Gelände der Ranch von Joe King überprüfen lassen soll wegen des Brunnens oder was Wasserversorgung überhaupt betrifft. Am besten gehst du gleich zum Superintendent und holst dir die Unterschrift für den Antrag an den Gesundheitsdienst. Eivie hat dieser Tage Leute da von New City. Joe will ja auch zuzahlen, und man muß ihm helfen. Auch wenn er manchmal merkwürdig redet. Wie irre!«
    Dave stand auf und machte sich auf den Weg. Wieviel leichter war das alles bei dem alten Isaac Booth gewesen, dachte er. Isaac hatte Gelände gepachtet, das von einem weißen Pächter aufgegeben worden war; der Brunnen war von diesem schon auf eigene Kosten eingerichtet worden. Es war kein guter Brunnen; er war nicht tief genug, versagte daher zuweilen und verschmutzte oft. Doch war er da, beruhigte durch seine Existenz, und es hatte noch keinerlei Aufregung darum gegeben. Aber Stonehorn mußte immer Unruhe schaffen.
     

Nachbarn
     
    An dem Tag, an dem Stonehorn in der Agentursiedlung Harold Booth begegnete und um den Brunnen kämpfte, hatte Queenie allein zur Schule und

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