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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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von früher her kannte Sie kokettierte mit wahrhaft afrikanischer Grazie. Stonehorn wäre nicht abgeneigt gewesen, aber er hielt sie nicht nur für eine Zufallsbekanntschaft des Wasserblauäugigen und insofern auch in diesem Augenblick für feindliche Truppe, mit der er nicht oder jedenfalls noch nicht in Berührung kommen wollte.
    Unterdessen hatte Jerome eine für ihn charakteristische Idee gehabt. Er zahlte der Beat-Gruppe eine erhebliche Summe, damit ein Tusch auf den Sieger ›Bronc-sattellos‹ gespielt wurde. Die Musik brach ab, und über die Lautsprecher dröhnte Joe Kings Name über die Tanzfläche und darüber hinaus zu den Hunderten, die auf den breiten Wegen dem Tanzvergnügen nachgingen. Joe blieb nichts anderes übrig, als sich auf dem Podium zu zeigen. Als schlanker junger Bursche und guter Reiter erhielt er Beifall, obgleich oder auch weil er ein Indianer war, je nach Geschmacksrichtung. Plötzlich stürzte er zu Boden, und der auf ihn gezielte Schuß ging daher gar nicht erst los. Nur wenige waren verwundert, daß ein Mann, der von einem Pferd an die Wand gequetscht worden war, schließlich auch einmal in die Knie knickte.
    Joe war rasch wieder auf, sprang vom Podium und glitt zwischen die tanzende Menge. Er holte sich Queenie, und die beiden tanzen draußen unter freiem Himmel mit hellen Schreien, zum erstenmal wieder nach langer Zeit und in der Menge ganz für sich allein. Ihre Körper scherzten, sie stampften im Rhythmus und schleuderten die Arme voll froher Einfälle; ihre Hände sprachen und antworteten einander und der Musik. Sie waren beide jung und übermütig, zwei in eins.
    Joe hatte die größte Lust, Queenie zu packen und ins Zelt zu tragen. Er wollte allein mit ihr sein. Was gingen ihn die Leute an; sie waren ihm fremd.
    Diese Menschen rings taumelten im Festrausch wie Gliederpuppen in den Händen des Beats, zuckend, kreischend, wirbelnd.
    Die Lautsprecher trugen die Schallwellen verschiedener Kapellen durch das ganze Gelände, auf dem nicht nur die Musik schrie, sondern auch die Lampen mit ihrem bunten Lichte durcheinander stachen wie Speere im Turnier.
    Joe hatte seinen Feind aus den Augen verloren.
    Wo steckt der Indianer jetzt, fragte sich zur gleichen Zeit das Durchschnittsgesicht. Er reagiert zu schnell; man muß ihn aus der Welt schaffen, ehe er sich vielleicht doch noch den scharfen Hunden zur Verfügung stellt.
    Es war lange nach Mitternacht, Joe und Queenie langten wieder in dem Indianerzelt an. Die Hausfrau war freundlich wie immer und sprach nicht davon, daß man Joe und Queenie bei den Indianertänzen des Abends vermißt und sich durch ihr Verhalten gekränkt gefühlt habe.
    Sobald die übrigen im Schlaf lagen, kam Okute in das Zelt herein und zu Joe heran. »Wer ist das, der auf dich schießen wollte?«
    »Du hast es bemerkt?«
    »Wofür hältst du mich, Stonehorn!«
    »Den Namen kann ich dir nicht sagen; Geoffrey Nicholson war sicher nur ein Deckname. Ein Gangster ist er, der in die Organisation der Gangsterbekämpfung eingedrungen war. Er hat einmal meine Vernehmung geleitet. Als ich mich im vergangenen Sommer von den Gangs losgesagt hatte, wollte mich die Polizei über die Gangster-Organisationen aushorchen und mich zu ihrem Spitzel machen. Solche Verhöre sind immer brutal und medizinisch raffiniert – obgleich ich ja rechtens nur als Zeuge und nicht als Angeklagter galt. Geoffrey haßte mich als Abtrünnigen persönlich und nutzte seine erschlichene amtliche Macht mit allen Mitteln des ›dritten Grades‹; er wollte mich endlich durch Rauschgiftspritzen entnerven und demoralisieren lassen. Freigekämpft hat mich dann Eivie über einen hochgestellten Freund in Washington; schließlich bin ich Reservationsindianer und unterstehe amtlichen Stellen; die Verantwortung der Vormunde muß auch einmal ihren Vorteil haben. Leslie Johnson, dem Geoffrey untergeben war – und den er in dieser Stellung ausspionierte – ließ mich laufen. Leslie war, seinen Job einkalkuliert, nicht einmal der schlechteste. Geoffrey hat ihn umgebracht, sobald er alles Wissenswerte wußte und in seine Gang zurückkehrte. Das scheint mir der Zusammenhang zu sein. Leslie war schon zu alt für seine Funktion, nicht mehr schnell genug. Ais ich zurückgebracht wurde, sind wir drei im gleichen Wagen gefahren, zwei Tage lang, aber in dieser Zeit hat Geoffrey den Mord nicht riskiert, obgleich er uns sicher beide mit gleicher Freude erledigt haben würde.«
    »Du hast die Wirkung des Rauschgifts wieder

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