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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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überwunden?«
    »Ich bin nicht süchtig geworden, wie Geoffrey hoffte und was Leslie sich immerhin mit angesehen haben würde. Leslie kannte und gebrauchte solche Methoden selbst, wenn er sie gegen mich auch wahrscheinlich vermieden hätte, selbst nach den lügnerischen Aussagen von Booth. Süchtig machen ist bequem, ein Süchtiger ist zu allem zu gebrauchen, aber ein süchtiger Medizinmann kann gefährlich werden. Ein paar Monde hindurch hatte ich mit der Nachwirkung zu kämpfen, und es hat üble Nächte gegeben, in denen ich Queenie nicht im Hause haben konnte. Das hat Harold Booth einmal ausgenützt. Alles in allem: es stört mich sehr, daß Geoffrey noch lebt.«
    »Offenbar störst du ihn auch. Ich habe ihn weiter beobachtet. Er ist der Fahrer eines Cadillac.«
    »Fahrer spielen scheint seine spezielle Masche zu sein. Er war auch Leslie Johnsons Fahrer, bis er die Gelegenheit fand, ihn zu ermorden.«
    »Wollen wir abreisen, oder willst du dich mit dem Burschen einlassen?«
    »Ich habe Frau und Kinder, Okute, ich habe eine Ranch, ich habe Büffel, die sehr schwer zu hüten sind. Ich habe dich und Collins und nun ein Bild davon, wie wir Indianer doch noch aus dem Elend und der Erniedrigung herauskommen werden. Ich habe Frank Morning Star im Stammesrat und einen ersten Preis in Calgary. Ich könnte jetzt anfangen, für unseren Stamm etwas zu tun, denn was nützt es schon, wenn aus Joe King etwas wird und die anderen ziehen nicht nach!«
    »Also reisen wir?«
    »Ich bin noch nicht fertig. Diese Figur, deren Haut mich an Harold Booths fettige Haut erinnert, hat mich auf eine Weise in der Hand gehabt, die ein Mann wie ich nicht vergißt. Er ist ein Mörder, ein Schuft und ein Schwein. Der blonde Jenny zum Beispiel war eine Bestie. Er sah aus wie eine Bestie. Aber dieser ist nichts als eine Polstertür und ein Kugelschreiber, auf Gangster übersetzt. Er arbeitet unterkühlt, verstehst du, in der Temperatur, auf der jedes Leben stirbt. Ich kann alle Foltern vergessen, aber nicht vergessen kann ich, daß dieses Gesicht sie anordnen und daß diese wasserblauen Augen zusehen und warten durften, ob ich schwach werde. Johnson kannte mich ein wenig. Er wußte, daß eines Tages irgendeiner für das stirbt, was sie mit mir gemacht haben. Ich bin ein Wilder. Du weißt, was das heißt. Menschen wie du und ich können warten, Stunden, Tage, Jahre. Ich habe gewartet. Jetzt hat der Bursche das Pech, daß er mir noch einmal über den Weg läuft.«
    »Willst du mit der Polizei zusammenarbeiten?«
    »Okute! Es war einer da während des Tanzes. Er hat mir das Bild des Wasserblauen gezeigt und mich gefragt, ob ich den Mann kenne. Geoffrey Nicholson konnte uns dabei beobachten. Geht es noch unfähiger?«
    »Schwerlich. Aber sie brauchen nicht alle so zu sein. – Willst du das hier lesen?«
    Okute hatte eine Zeitung bei sich. Es war kein Blatt aus Calgary, das an diesem Tag nur von Rodeo-Nachrichten angefüllt sein konnte, sondern eine größere Tageszeitung.
    Vier Zeugen, die in einem Gangsterprozeß ausgesagt hatten, waren im Norden ermordet aufgefunden worden. Die Verbindungen wiesen in die Staaten.
    »Es lebe der Wilde Westen, Okute!«
    »Nun gut. Ich fahre mein Coupe auf den allgemeinen Parkplatz und werde sehen, was der Fahrer des Cadillac weiter unternimmt.«
    »Spielst du gern?«
    »Es gibt von seiner Sorte mindestens vier oder fünf Stück auf dem Rodeo-Gelände. Vielleicht hat jeder von ihnen vier oder fünf gültige Ausweise. Ein Durchschnittsgesicht kann auch eine Hilfe sein. Möglicherweise sehen ihm einige völlig Unbeteiligte und Unschuldige ähnlich.«
    »Fingerabdrücke?«
    »Besitzen sie von dem Gesuchten nicht.«
    »Du hast ja schnell gearbeitet.«
    »Nicht ich allein.«
    Okute verließ das Tipi wieder. Stonehorn tat, was er als ruhig rechnender Mensch tun mußte. Er schlief.
    Am nächsten Morgen erfuhren die Bürger der Stadt und die Besucher von außerhalb nicht nur, daß das Rodeo ein glänzender Erfolg gewesen war, sondern auch, daß es gelungen sei, einen des Mordes an den vier Zeugen schwer verdächtigen Mann zu fassen.
    Okute hockte bei Stonehorn.
    »Ich glaube, sie haben den falschen«, sagte er. »Armer Kerl. Er wird sich zur Zeit in seiner Haut nicht wohl fühlen. Dein Geoffrey Nicholson hat den Cadillac zum Hotel Georgia gefahren. Man sollte ihm jetzt doch auf der Spur bleiben, sonst stirbt noch ein Unschuldiger an seiner Stelle. Die Polizei hat sich durch seine einwandfreien Papiere täuschen lassen und ist

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