Nacht über der Prärie
Federn behangen war, stand aufrecht, gerade. Das war indianischer Grabschmuck für einen Häuptling. Der Stab hatte die Bedeutung eines Szepters oder einer Flagge. Wo er stand, da war Indianerland. Wenn es auch nur ein Grab war. Tashina wollte später einmal fragen oder hingehen und sehen, wer hier sein letztes Tipi, seine letzte Heimat, gefunden hatte. Rötlicher Schimmer glänzte über den weißen Felsen. Der Sonnenball senkte sich am westlichen Horizont. Auf der Seite des Tales, auf der Stonehorn und Tashina gingen, wuchsen die Schatten. Der Mann drängte mit einem etwas beschleunigten Tempo. Wahrscheinlich war der Brunnen noch weit. Aber Queenie machte das nichts aus. Sie freute sich, mit ihrem Mann allein unterwegs zu sein, und sie sog die Luft ein, in der der Duft der weißen Rose, der Duft von Harz und fernen Wäldern lag. Stonehorn führte sie allmählich schräg abwärts, und nach einer Stunde kamen die beiden zu dem Brunnen, an dem sie nicht allein waren. Andere weit entfernt wohnende Familien hatten sich ebenfalls eingefunden. Sicher war hier auch eine Art von Nachrichtenzentrale, aber Stonehorn war nicht geneigt, sich in Gespräche verwickeln zu lassen, und Queenie wurde mit scheuer Höflichkeit behandelt.
Als die beiden sich mit den schweren Eimern und Gefäßen auf den Rückweg machten, bemerkte Stonehorn: »Wir müssen ein Auto haben oder große Wassersäcke, die wir den Pferden anhängen. So kannst du nicht dauernd schleppen gehen.«
»Habt ihr das bisher immer getan?«
»Ja, aber wir haben nicht so viel Wasser gebraucht wie jetzt, wo du da bist, und meistens bin ich auch nicht zu Hause gewesen.«
Der Rückweg mit den Lasten war mühsam, und die beiden brauchten bedeutend längere Zeit als für den Hinweg. An Rast dachten sie aber nicht.
Beim Haus kläfften wieder die hungrigen Hunde und wurden durch einen Steinwurf verscheucht. Der Nachthimmel war klar, die Sterne leuchteten über der dunklen Prärie und den weißen Felsen. Die Straße im Tal lag leer, wie ausgestorben.
Der Vater war noch wach und hatte die Petroleumlampe zum Brennen gebracht. Sein Ausdruck hatte sich verändert, doch hätte Queenie, die ihn noch sowenig kannte, nicht sagen können, wie. Er hatte sich in Kleidern und Schuhen auf das eine Gestell gelegt, das wohl des Nachts sein Bett war.
»Wie habt ihr euch das nun weiter gedacht?« fragte er seinen Sohn.
»Queenie hat sich die Stute gekauft. Ich will mit einer Pferdezucht anfangen. Queenie wird noch ein paar Hühner beschaffen und vielleicht zwei oder drei Schafe. Jetzt, wo Queenie da ist, können wir auch etwas Gemüse anpflanzen und vielleicht ein paar Kartoffeln. Sie versteht das, sie hat es zu Hause gelernt. Was sie mit ihrer Malerei noch weiterhin verdienen wird, stecken wir alles in die Pferde. Die Preise für bucking horses steigen. Wir halten auch eine Kuh oder ein paar Kühe, sobald wir das Geld haben, Boden dazuzupachten.«
Der Alte lächelte ganz sonderbar. »Mit Malen verdient sie Geld?«
»Ich habe dir das schon gesagt.«
»Dann soll sie doch lieber die Schule fertig machen und viele Bilder malen, statt daß ihr hier mit Schafen anfangt! Schafe! Wann hat man hier je etwas von Schafen gehört! Bist du dumm geworden?!«
»Darüber brauchen wir uns jetzt nicht zu streiten. Queenie soll natürlich die Schule fertig machen. Solange kümmere ich mich hier um die Pferde. Alles andere kommt im nächsten Sommer, wenn Queenie mit der Schule fertig ist.«
Stonehorn hatte sich auf dem zweiten Schlafgestell ausgestreckt, ebenfalls in Kleidern und Schuhen. Die Tür stand offen. Queenie lehnte sich an den Türpfosten und atmete die frische Luft. Nachts, wenn die Tür geschlossen wurde, war es in solchen Häusern stickig, und Queenie ekelte sich vor dem Geruch lange nicht gereinigter Wolldecken. Sie wollte den sanften, frischen Duft genießen, solange es möglich war, und ihn auch in die Hütte hereinlassen. So hatte es daheim die Mutter immer gehalten. Einen Augenblick dachte Queenie an die kleinen Geschwister, die jetzt in einem Nest von Decken mit der Großmutter zusammen schon schliefen. Ob sie noch einmal von Queenie, der großen Schwester, träumen würden, wenn sie auch nie mehr von ihr sprechen durften?
Queenies Gedanken kehrten in ihre nächste Umgebung zurück. Sie hörte, wie der alte King kaute, als ob er Kautabak im Munde habe. »Was hast du da von den Pferden gesagt?« fragte er zum Sohn hinüber.
»Daß ich mich darum kümmere.«
»Du hast dich noch nie
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