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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Ranchermädchen, nicht mehr eben jung, schon über Mitte Zwanzig, mit Zügen, die die Anstrengung unentwegter Arbeit verrieten. Sie war ihrem Bruder Harold in keiner Weise ähnlich, und darum war Queenie in diesem Augenblick sehr froh.
    »Hallo!«
    »Hallo!«
    Mary wischte sich die Hände an der Schürze ab und wartete, bis Queenie abgesprungen war und das Pferd an dem nahen Zaun angebunden hatte.
    Als sie merkte, daß Queenie verlegen war, begann sie das Gespräch von sich aus. »Wir sind jetzt Nachbarn…«
    »Ja.«
    »Nett, daß du kommst und uns begrüßt. Dein Mann hätte ruhig auch kommen können.«
    Queenie wurde es heiß von den Schläfen bis zu den Zehenspitzen. »Er mußte schon früh weg.«
    »Ja, wir haben ihn wegreiten sehen.«
    So, dachte Queenie, von hier aus werden wir also immer beobachtet.
    »Schade«, sprach Mary weiter, »aber Vater und Mutter sind heute nicht hier. – Komm zu mir herein.«
    Queenie folgte der Einladung. Das Haus war größer und neuer als das der Kings. Er hatte eine Küche, zwei Zimmer und eine Diele. Queenie nahm mit Mary in der Diele Platz.
    »Habt ihr schon etwas von Harold gehört?« erkundigte sich Queenie.
    »Nein, gar nichts.«
    »Wo kann er denn nur sein! Nach dem, was die Kassiererin vom Supermarket gesagt hat, ist er ja wohl zuletzt in Richtung New City gefahren. Da hat sich auch am Straßenrand das Kettchen angefunden, das er immer trug und das er dann wohl weggeworfen hat.«
    »Dein Kettchen, ja.« Mary verzog den Mund etwas. »Weiß der Himmel, wie das weitergegangen ist, aber jetzt im Sommer, wo soviel zu tun ist, fehlt er uns sehr, obwohl er ein ausgesprochener Faulpelz ist und die Arbeit immer auf mich abgeschoben hat. Aber etwas war doch immer noch an ihm hängengeblieben, und das soll ich jetzt auch noch alles machen.«
    »Nehmt euch jemanden zur Hilfe. Ihr habt das Geld.«
    »Die Leute taugen alle nichts, pflegt mein Vater zu sagen. Am liebsten würde er die Arbeit überhaupt allein machen, hundert Stück Vieh, die Pferde und die Schweine selbst versorgen und dazu noch ackern. Wir haben nur den kleinen Buben da, den Sohn von meiner Schwester. Aber Land dazupachten und immer wieder Land dazupachten, davor scheut sich der Vater gar nicht, als ob es damit getan wäre.«
    Queenie war froh, daß ohne ihr Zutun das Thema angeschnitten wurde, das ihr am Herzen lag.
    »Das unsre von da oben habt ihr nun auch dazugenommen.«
    »Weißt du schon, ja? Das war die größte Dummheit, die mein Vater machen konnte. Unser anderes Land hängt zusammen. Aber das eure liegt abseits, da drüben. Soll ich dort vielleicht auch noch auf das Vieh aufpassen?«
    »Uns werden die paar acres sehr fehlen.«
    »Warum? Joe züchtet doch kein Vieh, der treibt sich herum, und du gehst auf die Kunstschule. Ihr könnt das Land noch weniger brauchen als wir.«
    Hier diesem Ranchermädchen gegenüber fiel es Queenie schwerer, ihren Mann in Schutz zu nehmen, als vor dem Richter, denn sie rechnete noch weniger mit irgendeinem Glauben. »Joe interessiert sich für Pferde.«
    »Kind, das kostet viel Geld. Er will immer obenhinaus… alles oder nichts. Aber er rennt sich den Kopf noch einmal ganz und gar ein.«
    »Ja, Geld… ich verdiene schon etwas. Er ist ein guter Reiter.«
    »Von Pferden versteht er etwas, das ist wahr. Obwohl er ein Sitzenbleiber gewesen ist! Auch ein Rindvieh hat Respekt, wenn es ihn sieht, weil es immer denkt: der Bursche da, der wird mich an den Hörnern packen.«
    Queenie mußte lächeln. Sie wunderte sich, daß die als schweigsam bekannte Mary soviel plauderte. Vielleicht war ein Zweck dahinter verborgen.
    »Stonehorn hätte uns ja hier oft helfen können«, redete Mary weiter, »aber es hat ihm nie zugesagt, unter Harold den Cowboy zu spielen. Und jetzt ist der Vater ganz besessen und meint, daß es dein Mann gewesen sei, der Harold umgebracht hat.«
    »Das hat er nicht getan.«
    »Ich glaube es auch nicht. Weiß der Teufel, wo sich Harold, der Nichtsnutz, herumtreibt. Er soll uns nur nicht am Ende eine ins Haus bringen, die keine Arbeit anrührt.«
    Queenie nahm sich ein Herz. »Wenn Joe nur selbst züchten könnte. Ich glaube, für Pferde besitzt er eine glückliche Hand. Wenn wir unser Land wiederhätten!«
    »Was an mir liegt, tue ich dafür, daß die Pacht wieder aufgelöst wird. Aber dann muß Joe mir hier helfen, solange Harold nicht da ist.«
    »Mary, das ist doch wohl ganz unmöglich.«
    »Vor dem Herrn ist nichts unmöglich, pflegt der Priester zu sagen. Ich

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