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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Eagles Frau schon regeln.«
    An dem ersten der fünf Tage schrieb Queenie vor allen Dingen einen langen, wohlformulierten Brief an den Vorsteher der Kunstschule, daß er das Bild ›Verschleierte Hände‹ so rasch wie möglich und so teuer wie möglich verkaufen und das Geld an die Adresse von Elk in New City senden solle. Was nützten offene Hände auf einem Bild, wenn es darauf ankam, die lebenden Hände zu öffnen! Das Einsatzgeld für das Rodeo, das Geld für ein Auto und das Geld für zwei weitere Pferde mußte beschafft werden.
    Als Queenie zur Post geritten war und den Brief aufgegeben hatte, begann sie im Innern zu zittern, ob der Interessent noch Interesse haben würde. Daheim tat sie dann die Hausarbeit. Der alte King war hilfsbereit und friedlich. Er ging auf die Jagd und schoß wieder einen Fasan. Die Zubereitung übernahm er selbst. Darum durfte sich Queenie nicht kümmern. Dagegen überließ er ihrer Kochkunst die Rüben und die Mehlspeisen, die ihm verhaßt waren. So ging drei Tage lang alles gut. Am vierten kamen die ungebetenen Gäste.
    Es begann schon am Morgen, als Patrick Bighorn und Goodman, die Alten, mit einem klapprigen Wagen den Wiesenweg heraufsteuerten und sich mit King senior im Hause niederließen. Queenie machte sich draußen zu schaffen; sie sah diese Gäste nicht gern, denn sie hatten etwas in ihren Augen, was an Trunksucht erinnerte. Um die Mittagszeit tauchten noch zwei der Männer auf, die Stonehorn als ›alte Brüder‹ bezeichnet hatte. Sie schauten etwas verlegen und zwielichtig auf die junge Frau. Queenie ging ins Haus und fragte den Vater, ob sie Essen und was für Essen sie bringen könne, aber sie erhielt nur den Bescheid, daß die Gäste sich selbst alles mitgebracht hätten, was nötig sei. Einer hatte rasch versucht, die Flasche zu verstecken, die bei den Schlafgestellen standen, aber Queenie hatte schon gesehen, daß es genug waren, um auch hartgesottene Trinker unter den Tisch zu bringen. Sie wußte, daß sie völlig machtlos war, und ließ es sich nur angelegen sein, diesen und jenen Gegenstand noch in Sicherheit, das hieß aus dem Hause hinaus zu schaffen, ehe die Männer schon so viel getrunken hatten, daß es gefährlich war, ihre Aufmerksamkeit in irgendeiner Weise auf sich zu lenken. Sie wußte, daß sie tat, was Indianerfrauen seit Jahrhunderten hatten tun müssen, seit die Watschitschun, diese Geister, die sich weiße Männer nannten, den Alkohol nach Amerika gebracht hatten. Aus den Worten, die Queenie auffing, wurde ihr alles klar. Der alte King hatte sich einige Tage nicht sehen lassen, aber da die anderen wußten, wieviel Geld er etwa noch bei sich haben konnte, hatten sie auf seinen Kredit die Schmuggelware eingekauft und mitgebracht.
    In den ersten Nachmittagsstunden wurde es schon laut im Haus, und neue Gäste trafen ein.
    Wenn man sich eng gedrängt zueinander hockte, faßte die Hütte eine Menge Leute.
    Gegen Abend hörte Queenie krachendes Gepolter. Stonehorn hatte sein eigenes Jagdgewehr mitgenommen, aber die Waffe von King senior war im Haus. Das Poltern wurde von einem mächtigen Gebrüll abgelöst, dann schien die Hölle los zu sein.
    Queenie lauschte, sie hatte sich an den oberen Hang zurückgezogen. Die Hunde jaulten.
    Die Stute spitzte die Ohren. Queenie sattelte das Tier, damit es auf alle Fälle für sie bereit war. Im Grunde war sie froh, daß Stonehorn nicht zu Hause war. Er hätte sicher versucht, diese Männer hinauszuwerfen, und das wäre gefährlich für ihn geworden. Mochte die Habe draufgehen. An einen solchen Gedanken hatte sich Queenie schon gewöhnt. Wenn nur den Pferden und den Menschen nichts geschah.
    Der Lärm kam aus dem Hause heraus, die Tür war aufgestoßen worden. Queenie ritt den Hang ein Stück aufwärts.
    Mit den alten Wagen konnten die Betrunkenen ihr dahin nicht folgen, und ein Pferd hatte keiner von ihnen dabei.
    Drei Männer flogen aus der Tür, hinter ihnen jauchzte ein Hohngelächter, dann gab es ein neues Krachen und Poltern, und ein fechtender Knäuel rollte heraus auf die Wiesen. Queenie konnte einige improvisierte Waffen erkennen, wahrscheinlich waren es die Tischbeine und Bretter der Schlafgestelle. Ein Schuß krachte, ein Kolben sauste, aber das störte keinen der betrunkenen Kämpfer mehr. Sie machten einen Höllenlärm und waren in voller Wut. Einige hatten schon blutige Köpfe.
    Sie Sonne war im Sinken. Queenie sah die ersten Messer blitzen. Sie hatte die Hand am Zügel. Wenn nur kein Totschlag geschah…

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