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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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werde mit dem Vater sprechen. Überlaß das mir.«
    »Du wirst wohl langsam der wahre Herr im Haus?«
    »Der Vater hat Rheuma, der Bruder verschwindet, und ich tue die Arbeit. Ihr bekommt euer Land zurück, wenn Joe bereit ist, bei uns mitzuhelfen. Aus Freundschaft, versteht sich. Geld gibt der Vater nicht. Ich habe gesprochen.«
    »Ich will ihm das sagen.«
    »Sag Joe, daß wir noch Kälber brennen müssen und ihn mit dem Lasso brauchen, und zwar bald.«
    »Ja.«
    Queenie stand auf, Mary begleitete sie bis zu ihrem Pferd.
     
    Als Stonehorn gegen Abend zurückkam, fand er sein Zuhause schon wesentlich frischer und sauberer als am Tage zuvor. Queenie hatte auch Beeren gesammelt und neben der Suppe aus Fasanengerippe eine einfache Speise aus Mehl und Schmalz zubereitet. Der Vater war nicht zu Hause. Er war schon weggegangen, ehe Queenie von ihrem Besuch auf der Ranch zurückkehrte.
    »Er hockt bei seinen alten Brüdern und versäuft die Pacht. Ich habe ihn gesehen. – Rege dich übrigens nicht auf, wenn es heute nacht wieder lustig zugehen wird. Er kommt besoffen nach Hause, das ist sicher, aber ich lasse ihn nicht herein. Mag er seinen Rausch diesmal auf der Wiese ausschlafen«
    Queenie zuckte zusammen.
    »Übrigens war ich beim Stammesrat, bei Dave, der für die Ökonomie verantwortlich ist – soweit ein Indianer verantwortlich sein kann. Haverman steht über ihm. Dave hat mir gesagt, es komme überhaupt nicht in Frage, Land von Booth an die Kings zurückzugeben, von denen der Alte ein Trinker und der Junge ein Berufsverbrecher sei. So bald sieht mich dieser Stammesrat nicht wieder.«
    »Für welche Zeit hat dein Vater denn das Geld schon erhalten?« fragte Queenie schüchtern und erschüttert über alles, was sie eben wieder erfahren hatte.
    »Bis Ende Dezember ist bezahlt, achtzig Dollar also, und bis die alle versoffen sind, mit der Rente dazu, werden wir hier Ärger haben. Ein Glück nur, daß Vater sehr freigebig ist und die geschmuggelte Scheiße sehr teuer. Dadurch wird das Geld schneller alle.«
    »Stonehorn, ich habe Angst um dich.«
    »Um mich brauchst du keine Angst zu haben. Um unser bißchen Habe, ja, denn das wird wohl in den nächsten drei Wochen draufgehen. Wenn er richtig besoffen ist, schlägt er alles kurz und klein. Und vielleicht kannst du um den Vater Angst haben… denn wenn er ein einziges Mal wagt, dich anzugreifen, dann mache ich ernst.«
    Queenie wollte nicht seufzen.
    »Ich will dir sagen, wo ich heute war, Stonehorn«, begann sie fest.
    »Ja?«
    »Bei Mary Booth.« Queenie berichtete wörtlich, in nüchternem Ton, was gesprochen worden war. Sie fürchtete Stonehorns Zorn, aber sie wollte ihn mit keiner Silbe belügen.
    Er schlug sich klatschend auf die Schenkel und lachte aus vollem Halse. »Mary! Ja, wahrhaftig, ich werde ihr den Cowboy machen und die Kälber einfangen. Sie ist ein resolutes Weib und hat mich einmal versteckt, als die Polizei mich suchte. – Über Tag«, fügte er mit einem vorsichtigen Lächeln hinzu, als er das Mienenspiel seiner Frau beobachtete.
    Aber Queenie hatte plötzlich begriffen, daß ein Tramp wie Joe King mit seiner Betrachtung der Frau nicht gewartet hatte, bis er eine Queenie Halkett traf.
    Sie blieb still.
    In der Nacht lag sie wach, bis sie die Tritte und den schnaufenden Atem des Betrunkenen vor der Tür hörte. Stonehorn hatte die Tür abgeschlossen. Als der Vater das begriff, warf er sich mit einer solch wütenden Gewalt dagegen, daß er samt einigen einbrechenden Türbrettern ins Haus fiel. Der Sohn war auf, sprang hinaus und schleppte den über den durchschlagenden Erfolg seiner Anstrengung selbst Verblüfften und schwer Betrunkenen, an den Füßen anpackend, auf die Wiese zurück, warf ihm zwei Decken über und kam wieder zu seiner Frau. Weiter geschah nichts. Der Betrunkene schien anzunehmen, daß die Decken sein Bett seien. Er wickelte sich ein und begann zu schnarchen.
    Queenie wartete in den Armen ihres Mannes mit offenen Augen, bis endlich der kalte Wind der ausgehenden Nacht durch die Türöffnung hereinwehte und die Dämmerung die Dunkelheit auflöste. Draußen saß der Vater auf der Wiese. Er hatte eine kleine Flasche Schnaps aus der Tasche gezogen, um sich zum Frühstück daran gütlich zu tun.
    Stonehorn ging zu ihm.
    »Schämst du dich nicht, am frühen Morgen die Pferdescheiße zu saufen?«
    »Halt die Schnauze!« Der alte King wurde stets angriffslustig, wenn er getrunken hatte. Er warf die geleerte Flasche ins Gras, und da er

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