Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Ein Pferd und ein Auto sind überhaupt nicht so verschieden, wie mancher glaubt, nur daß ein Pferd selbst aufpaßt und einen warnt, das kann das Auto nicht. Und ein Wagen läßt sich nicht darauf dressieren, zu bocken – obgleich ein gut behandelter Wagen unter einer fremden Hand auch nie so läuft wie unter dem eigenen Herrn. Welche Beschleunigung schafft denn Ihr nettes Ding da?«
    »In acht auf zweiundsechzig Meilen.«
    »Das reicht immerhin für einiges. Mehr als eineinhalb Sekunden schneller sind die anderen dann keinesfalls. Aber wahrscheinlich sind sie langsamer. Joe hat wieder einmal unwahrscheinliches Glück gehabt mit der Unfallkarre da – Mann, die war noch das Fünffache wert von dem, was er bezahlt hat.«
    Russell nickte Queenie freundlich verabschiedend zu. Sie behielt den Startschlüssel bei sich.
    Stonehorn fand sie, wie verabredet, vor dem Haupteingang, und sie gingen zusammen in die große Barackenhalle, die Hunderten von Menschen Raum gab. Rechts und links des Eingangs waren für Selbstbedienung Schanktische und Büfettische aufgebaut, die bereits umdrängt wurden. Rechter Hand stand, anschließend an das Büfett, ein langgestreckter Tisch mit Sitzgelegenheiten. Dort entdeckte auch Queenie sofort Kate Carson und Haverman, die sich Brötchen und eine Flasche Mineralwasser geholt hatten. Es war dort kein weiterer Platz frei, so daß man sich ungefährdet von etwaigen Einladungen zeigen konnte. Stonehorn tat das, und Queenie traute ihm dabei Nebenabsichten zu. Kate Carson und Haverman aber waren von dem höflichen Verhalten ihrer Reservationskinder angetan. Sie bedauerten, daß kein Sitz mehr frei war, und warfen dabei prüfende und etwas besorgte Blicke auf ihre Tischgenossen. Es waren ohne Ausnahme Männer, alles Männer mit Stiernacken und Pranken, schwergewichtig, rüde wirkend in ihrer Haltung und ihren Blicken.
    »Gibt es noch bessere Plätze?« erkundigt sich Kate Carson bei Joe.
    »Für Sie nicht, Missis Carson. Sie stehen hier unter bewährtem Schutz.«
    Kate Carson wußte nicht genau, was die Worte zu bedeuten hatten. Die starken Männer schielten argwöhnisch auf Joe King.
    »Ach so, Saalschutz«, erklärte Haverman beruhigt und beunruhigt zugleich. »Starker Saalschutz. Hoffentlich reicht er aus.«
    Die beiden Kings verabschiedeten sich ›vorläufig‹, wie Joe sagte, und gingen weiter.
    »Typisch«, sagte Stonehorn zu Tashina. »Da sitzen sie alle auf einem Haufen, alle Rausschmeißer, wie ein Mann. Wenn es aber in der anderen Ecke losgeht, kommen sie zu spät. Das wäre ihnen auch egal, denn sie haben nur die Beats zu schützen. Andere Tote gehen sie nichts an.«
    Das Podium für die Musik war in der Mitte der Saalwand rechter Hand aufgebaut.
    »Und dann«, fuhr Stonehorn fort, » – aber dorthin brauchst du jetzt nicht zu schauen – hat Mike wieder einmal in alter Manier disponiert. Immer Masse, immer Schwergewicht, und ich will schwören, daß er hinten in der Ecke Maschinenpistolen in Reserve hält. Es ist der Tisch links hinten – Mike dort, Jenny dort, James dort, und was an Prominenz aus den beiden Gangs samt ihrer Weiblichkeit Zeit hatte. Wie Harold an diesen Tisch kommt, sollte mich interessieren… aber wahrscheinlich ist er hineingeraten wie das Büffelkalb zwischen die Wölfe… Ich sagte dir ja, Idioten überrumpeln mich immer, weil ich sie nicht begreife.«
    Über seine eigenen Vorbereitungen sprach Stonehorn nicht, auch wenn er es in seiner Stammessprache völlig ungefährdet hätte tun können. Aber Queenie kombinierte, verständnisvoll genug, daß er seine wenigen Freunde an wichtig erscheinenden Punkten im Saal verteilt hatte.
    Er führte Queenie jetzt nach links, an den dortigen Tisch nächst dem Hauptausgang und dem Büfett. Hier rückten zwei jüngere Cowboygestalten zusammen, um für die hübsche junge Frau Platz zu machen. Stonehorn brachte Queenie eine Kleinigkeit zu essen und einen Kaffee. Auch er nahm eine Tasse. Alkohol durfte ein Reservationsangehöriger nicht trinken; er mußte damit rechnen, daß die Bedienung von einem Indianer den Nachweis der Trinkberechtigung verlangte, und wenn er ihn nicht vorweisen konnte, ihn auch nicht bediente. Im übrigen saßen Kate Carson und Haverman im Saale gegenüber, weit entfernt, aber doch in Blickweite.
    Stonehorn rauchte und benutzte die Viertelstunde, die noch bis zum Eintreffen der Band vergehen konnte, um sich im Saal etwas genauer umzusehen. Mikes ganzer Tisch verfolgte ihn mit den Augen, und Stonehorn hatte

Weitere Kostenlose Bücher