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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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und Kreischen mischten sich. Die Mädchen mit hellen Stimmen konnten am durchdringendsten grillen. Die Band begann wieder zu spielen. Schon verwandelte sich der Saal in den Schauplatz im Tanz stampfender und zuckender Menschen. Als der Tanz zu Ende ging, als das Schlagzeug, die drei Elektrogitarren und die Hammond-Orgel schwiegen, verlangte das Seeungeheuer noch einmal Ruhe im Saal.
    »Miss Rodeo von New City… Queenie King… Queenie King…«
    Stonehorn war in wenigen Sekunden zwischen der Menge durch und über die Köpfe weg am Tisch bei seiner jungen Frau. »Verdammt noch mal, das kann nur Mike mit dem Komitee organisiert haben! Das hat er sich etwas kosten lassen… Aber du darfst dich jetzt nicht weigern… das ist unmöglich… vorwärts, komm!«
    Er nahm Queenie bei der Hand, es bildete sich eine Gasse, und er führte sie vor das Podium. Queenie King war ein Name, der sich vorzüglich dazu eignete, gekreischt zu werden, und die Fans, vorwiegend männlichen Geschlechts, fanden ihre ungehemmte Freude daran. Niemand achtete in diesem Augenblick darauf, daß zwei Indianer geehrt wurden, was sicher nicht die Absicht gewesen war. Übrigens sah nur Joe unverkennbar wie ein Indianer aus. Queenie hätte bei oberflächlicher Betrachtung auch eine Spanierin oder Italienerin sein können.
    »Rodeo-King! Miss Rodeo! Joe King! Queenie King!«
    Das Gedränge um das Podium nahm zu. Die gesamte Leibgarde hatte sich schon ringsumher aufgestellt, rückenfrei und mit Füßen und Armen spielerisch arbeitend, so daß etwas Bewegungsraum um sie blieb. Nur Joe und Queenie wurden durchgelassen.
    Joe benutzte nicht die Stufen zum Podium, sondern sprang mit einem leichten Satz neben das Seeungeheuer und hob Queenie zu sich herauf.
    Die beiden schauten über das wallende, um das Podium brandende Meer des Beifalls. Kate Carson klatschte ehrlich begeistert, Haverman folgte auf einen ihrer ermahnenden Blicke hin ihrem Beispiel. Es waren nur ganz wenige Indianer im Saal, denn die Eintrittspreise waren hoch; die Unbemittelten hatten ihr Geld schon für das Rodeo ausgegeben.
    Hände streckten sich in die Höhe, Hüte flogen wieder in die Luft, das Geschrei und das Pfeifkonzert hielten sich aber noch in den Grenzen kräftigen Cowboylebens. Der Saal wirkte wie eine Wildwest-Menagerie.
    Durch die Menge drängte sich ein Hüne mit breiten Schultern. In seinen Pranken trug er einen Riesenstrauß von gelben Rosen mit rot schillernden Blütenrändern. Sein rosa Halstuch mit den blauen Streifen fiel auf. Freundschaftliche Pfiffe der Bandenmitglieder begleiteten ihn.
    Auch er sprang mit einem Satz, wenn auch etwas lautstärker landend als Joe, auf das Podium hinauf neben den Band-Leader und begrüßte Queenie.
    »Glückwunsch des Festkomitees!« Und er überreichte den Rosenstrauß. Der Beifall donnerte neu auf. Mit auffällig schriller Tonart kam er von dem Banditentisch, auch von den dort eingegliederten Weibern.
    Das Seeungeheuer gab einen kleinen Wink, den Joe verstand. Auf sein Zeichen hin überreichte Queenie den Feststrauß der Band, was mit dem Zustimmungsgeheul der Fans quittiert wurde. »Wir spielen einen Shake…«, klang es durch den Lautsprecher. Die fünfköpfige Band intonierte. Das Schlagzeug trommelte seinen Rhythmus in die Nerven hinein, die Elektrogitarren schrien, die Menschen tanzten… stampften, schüttelten sich, und ihre Glieder zuckten, wirbelten und bogen sich. Das Ungeheuer an der Elektrogitarre geriet scheinbar selbst in Raserei. Die Fans im Saal überschlugen sich mit tollen Sprüngen und Verrenkungen.
    Queenie sah ihren Mann zum erstenmal tanzen. Er war geschmeidig. Er war wild. Seine merkwürdigen Augen glänzten. Er tanzte sein Leben, von dem er fürchtete, es noch an diesem Abend zu verlieren. Von den Anstrengungen des Rodeos schien er nichts mehr zu wissen. Queenie hatte auf der Kunstschule und ihren Festen nur Twist getanzt. Aber was vom Shake mit ihrem Wesen vereinbar war, begriff sie unmittelbar, und ihr weicher Körper spielte mit sich selbst und spielte für Joe King. Joe King, von dem sie wußte, daß er Stonehorn war, Inya-he-yukan, Sohn der Prärie, dessen Vorfahren schon und dessen Brüder heute noch tage- und nächtelang die Trommeln schlugen zum Tanz.
    Joe und Queenie tanzten auf dem Podium miteinander.
    Mike stand allein auf dem Podium neben Orgel und Strauß und glotzte überrumpelt.
    »Die junge Frau tanzt wunderbar«, murmelte Haverman vor sich hin.
    »Wie bitte?«
    »Wunderbar, Missis Carson. Wie

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