Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
verloren – und ging zum Ausgang zurück. Er erkannte wieder Farben und Helligkeit, aber alles tanzte noch um ihn. Doch fand er den geraden Weg. Er sah noch ein Lächeln der anderen Teilnehmer, der Helfer, der Angestellten, die ihn am Tor empfingen. Sie wußten, wie den Männern nach einem solchen steer-wrestling zumute war. Einer hatte den Hut aufgehoben und brachte ihn Stonehorn.
    Der allgemeine Beifall blieb schwach; er wirkte nur als ein Ausdruck der Erleichterung darüber, daß kein zweites Unglück an diesem Tage geschehen war. Doch schnitt durch das verbreitete Plätschern des Händeklatschens von einer Seite her ein frenetisch anerkennendes Johlen für Joe King, der drei Wettbewerbe erfolgreich bestritten und den besten Preis des Tages gewonnen hatte. Die ›allround‹-Kombination der Leistungen war äußerst rar.
    Queenie hatte schon hin und wieder die Gruppe der Indianer beobachtet, die sich am Zaun zusammengefunden hatte; es waren Indianer aus der Reservation und Indianer aus den Slums, und von dort war der erste Anstoß zur Beifallsdemonstration gekommen. Eine gegnerische Gruppe schien geschlossen oben auf der Tribüne bei Jenny zu sitzen. Von dort schrillten abfällige Pfiffe. Seinen Einsatz für das Stierringen bekam Stonehorn wieder und ein paar Dollars dazu. Punkte hatte er diesmal drei geholt: beim schnellen Einholen des Rindes und bei dem geschickten Hinüberwechseln sowie bei dem ersten Ruck, mit dem er den Kopf des Stieres zu drehen begann.
    Die Musik setzte zu einem letzten Schlager an, das Rodeo war zu Ende, und die Menge der Zuschauer war schon in Bewegung. Stonehorn fand sich bei seinem Wagen ein. Queenie sah ihm an, daß sein Kopf blutleer war und daß sein Rücken und seine Schultern mehr angegriffen sein mußten, als er zugeben wollte. Sie machte Miene, an das Steuer zu gehen. Aber er war schneller, setzte sich auf den Fahrersitz und fuhr Queenie sowie seine Schwester und diesmal die beiden Mädchen zu Elks Haus. Bei Elk verabschiedete sich Margret. Die Kinder sprachen nur von dem Rodeo und würden des Nachts von Joe träumen, dem sie nacheifern wollten.
    Stonehorn warf sich auf das Schlafgestell, auf dem er die Nacht verbracht hatte, und übergab Queenie das Geld, das ihm ausbezahlt worden war.
    »Das Pferd müßte ich haben, den Schecken«, war sein erstes Wort.
    »Er gehört Krader«, teilte Queenie mit.
    »Dem feisten Wucherer! Der Bursche ist nicht wert, über ein solches Pferd zu verfügen.« Joe schaltete rasch um. »Queenie, hast du außer Mike, Jenny und James noch irgend jemanden oder irgend etwas beobachtet?«
    »Sie haben zum Schluß auf der Tribüne gegen dich gepfiffen. Sonst waren sie sehr vorsichtig. Oder ich war zu unaufmerksam, wenn ich dich in der Arena sah.«
    Stonehorn aß und trank, rieb seine Schultern und machte etwas Gymnastik. »Verdammter Stier«, sagte er. »Sie haben mir da einen ausgesucht… der hatte Kraft in sich, und ich war auch schon zu müde. – Aber gerade, während ich in der Arena war, hättest du aufpassen müssen, denn so lange konnte ich es nicht tun.«
    Queenie senkte den Kopf wie ein gescholtenes Kind.
    »Sei nicht traurig, Liebste. Zum Schluß haben sie sich selbst verraten. Ich weiß, wer da ist.«
    Stonehorn fing an, seine Waffen sorgfältig zu überprüfen. Als er mit dem Ergebnis zufrieden war, fragte er Queenie: »Was hast du denn mit Mike gesprochen?«
    »Daß ich deine Frau und schon lange deine Frau sei.«
    Stonehorn hob rasch den Kopf. »Offenbar hast du den sechsten Sinn. Das eben brauchte ich… was du da gesagt hast. Ich bin nicht der Angeklagte, ich bin der Ankläger… – Hast du übrigens bemerkt, wo Familie Booth hingegangen ist? Auf einmal waren sie weg.«
    »Sie sind mit ihrem Wagen noch vor dem Ende des Rodeos weggefahren. Was hat sich Harold da nur herangeholt!«
    »Findest du nicht, daß sie zu ihm paßt? Ich finde das. Dumm, aber gut frisiert. Mollig und leicht zu haben. Verführerisch und entführerisch…«
    »Ach so.«
    Stonehorn legte sich wieder hin.
    »Ich schlafe jetzt drei Stunden, Queenie. Dann gehen wir tanzen. Die Miss Rodeo ist noch nicht gewählt. Sie hatten ihr eigenes Rodeo nicht ganz ernst genommen, aber nun ist ihnen eingefallen, was noch dazugehört. Sie wollen sich also nachträglich eine Miss Rodeo wählen; Mike ist im Komitee. Die Vorstellung erfolgt bei der Beat-Musik. Das gibt eine doppelte Attraktion.«
    »Wozu brauchen wir noch eine Miss Rodeo! Das ist unsportlich und darum unsinnig. Rodeo-Queen

Weitere Kostenlose Bücher