Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
eine indianische Göttin, die zur Schau gestellt wird und doch ihr Geheimnis nicht verliert.«
    »Haverman?!«
    »Wie bitte?«
    »Man lernt nie aus – auch nicht bei Ihnen. Wo haben Sie das nun wieder her, mit der tanzenden Göttin?«
    »Missis Hawley besitzt eine Bronzestatuette.«
    »Ah. Sie besitzt auch einen aztekischen Gott. Wie denken Sie über Joe?«
    »Er liegt mir nicht. Die Azteken waren ein blutrünstiges Volk.«
    »Die Spanier nicht minder. Oh – weg sind sie!«
    Mit dem letzten Ton des Schlagzeugs waren auch Joe und Queenie von dem Podium verschwunden, und es hielt schwer, sie in dem überfüllten Saal wieder zu entdecken.
    Sie standen hinter einem der Schanktische nahe den beiden Seitenausgängen zum Freigelände, und sie sprachen in ihrer Stammessprache miteinander, die niemand unter den Weißen verstehen konnte.
    »Mike hat mir mit dieser Sache in seinem Sinn einen letzten Ausweg offengelassen«, sagte Stonehorn. »Er hat mir freigestellt, einer der Ihren zu bleiben… oder wieder zu werden… Er mag dich offenbar leiden, du gefällst ihm. Du wirkst anziehend, vielleicht hält er dich auch für intelligent, und beides zusammen findet sich nicht so leicht. – Alles das demonstriert der Hund unter den Augen der Polizei in Zivil, die ihn und auch mich natürlich beobachtet. Kraftproben, das liegt ihm. Sie werden sich also noch einmal verständigt und auseinandergesetzt haben, die Femerichter, und sicher mußten sie alle zugeben, daß ich nie gesungen habe, auch jetzt nicht. Sie lassen mir daher noch eine Chance, und wahrscheinlich werden sie mir James opfern… ob auch Jenny, das bezweifle ich… aber wenn ich auch nur das geringste Zeichen gebe, daß ich nicht zu ihnen zurück will, dann geht ein anderer Tanz los, und dann sprechen andere Instrumente als die Gitarren. Mike ist schon mißtrauisch geworden in seiner Einsamkeit neben den gelben Rosen.«
    »Wollen wir nicht gehen, Inya-he-yukan?«
    »Dann hätte ich ja nicht erst zu kommen brauchen. Aber dich kann Russell zu Elk zurückbringen, das wäre vernünftig.«
    Eine fremde Stimme kam dazwischen.
    »Erst einmal nach draußen in die frische Luft?«
    Als Queenie sich umwandte, stand James vor ihr. Das Blut wich aus ihren Wangen, sie haßte ihn. James war Indianer. Darum haßte sie ihn doppelt; er war eine Schande für ihr Volk.
    »Einen Brandy?« Er ließ drei Doppelte eingießen, während das ganze Gebäude sich in einem langsamen Slop samt den Tänzern zu wiegen schien.
    »Hoffentlich sind die drei nicht zuviel für dich«, antwortete Joe. »Wir trinken nicht. Wir sind Reservations-Indianer, wir dürfen keinen Brandy trinken, und wir sind wohlerzogen.«
    »Den Eindruck hatte ich tatsächlich immer von dir.«
    James beachtete Joes Warnung nicht, sondern goß die drei Gläser hintereinander hinunter. »Auf das Wohl von King und Queen! Kommt doch mit hinüber zu unserem Tisch. Soviel alte Bekannte.«
    »Gut. Queenie will sich noch bei Mike bedanken.«
    Die drei schlüpften gewandt durch die Menge. Queenie war mit der Entscheidung ihres Mannes nicht einverstanden. Aber sie fügte sich auch diesmal.
    Am Banditentisch waren mit Beginn des Tanzes viele Plätze freigeworden. Queenie setzte sich neben Mike, der ihr im Vergleich zu James und Jenny noch wie ein Schutzengel erschien, obgleich ihr Stonehorn gesagt hatte, daß eben Mike der Eintreiber gegen ihn geworden sei. Die Welt, in die sie hier geriet, war ihr zu fremd. Oben und Unten drehten sich, Schwarz und Weiß wechselten.
    Joe verschmähte die Bank und die Hocker und ließ sich auf einer Kiste in der Ecke nieder, nachdem er sie um zwei Zentimeter gerückt hatte. Es war die Kiste, in der er die Maschinenpistolen vermutete. Jetzt stellte er fest, daß sich gleich bei der Ecke und der Kiste auch einer der Notausgänge befand; die Kennzeichnung war jedoch verdeckt worden.
    Mike hatte Joe mit hochgezogenen Brauen beobachtet.
    »Warum setzt du dich da in die Ecke?«
    »Weil ich da hingehöre, Boss.«
    Mike blieb unzufrieden. Er fühlte sich durchschaut.
    »Allzu kluge Kinder sterben früh. Das ist eine alte Regel.«
    »Eben mein Glück, Mike! Was mich betrifft… dumm geboren und nicht viel dazugelernt.«
    »Von der Seite könnte man es auch auffassen.«
    ›Kansas City‹ bewegte unterdessen die Gemüter der Tanzenden.
    Das Seeungeheuer war am Mikrophon. »Hully-gully – Damenwahl!«
    Jenny forderte Joe zum Tanz auf und schüttelte dabei seine Lockenmähne.
    Joe durchschaute die Absicht; Jenny wollte

Weitere Kostenlose Bücher