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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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eigenen Fahrbahn. Das Risiko, einen solchen zu spät zu bemerken und darauf aufzuprallen oder aus der Bahn geschleudert zu werden, trug Joe, der voranfuhr. Die Sicht wurde durch den hügeligen Verlauf des Geländes jeweils unterbrochen. Die beiden Wagen verschwanden dadurch füreinander und tauchten wieder auf. Joe mußte seinen Vorsprung nicht nur halten, sondern noch vergrößern, um seine Absichten ausführen zu können. Der andere Wagen – wenn es Mikes Buick war – konnte auf mehr als hundertfünfundzwanzig Meilen kommen. Entscheidend wurden die Kunst und der Wagemut des Fahrers. Joe war abgekämpft durch die Überanstrengungen im Rodeo, durch die Anspannung in der Nacht, durch die Verletzungen. Aber in diesem Moment, in dem er es mit dem Mörder Jenny noch einmal aufzunehmen hatte, waren seine Nerven und seine Muskeln der Höchstleistung gewachsen. Der Verfolger verlangsamte jeweils vor einer Kurve. Er konnte die Straße zur Reservation kaum so gut kennen wie Joe. Joe wagte alles und ging mit fast unverminderter Geschwindigkeit durch die Kurven. Es gelang ihm für eine Zeit, dem andern aus den Augen zu entschwinden.
    »Kannst du allein weiterfahren?« fragte er Queenie.
    »Wenn es sein muß.« Queenie war es bei der hohen Geschwindigkeit übel geworden.
    »Setze mich hier ab und fahre so, daß der andere dich vor sich sehen kann, wenn er hier vorüberkommt. Hinter dem nächsten Hügel hältst du dann an, möglichst seitlich, aber nicht auf dem Gras.« Er bremste sanft, aber kräftig, sprang im langsameren Fahren hinaus, und in wenigen Sekunden hatte Queenie den Wagen wieder auf hohen Touren, wenn sie auch anweisungsgemäß nicht so schnell fuhr wie zuvor Joe. Sie vergaß, daß ihr schlecht gewesen war.
    Stonehorn legte sich bei einem kleinen Busch in die Wiese. Der nachkommende Wagen fraß die Entfernung. Als sein Tempo in der Kurve absank, erfaßte Stonehorn sofort, um wen es sich handelte. Es war ein Buick, am Steuer saß ein bewaffneter Fahrer, neben ihm saß Jenny, mit Maschinenpistole und Revolver versehen. Beide dachten wohl nur an das Sportcabriolet, das sie einholen und abschießen wollten.
    Stonehorn schoß in den rechten Vorderreifen des Buick und fing die Patronenhülse in der Hand auf. Der Knall des Schusses und das knallende Platzen des Reifens waren kaum zu unterscheiden. Der Wagen des Gangsters, der nach der Kurve sofort wieder auf mehr als hundertfünfundzwanzig Meilen gegangen war, überschlug sich dreimal wie ein Ball. Zuletzt prallte er auf einen spärlich überwachsenen Felsbuckel. Eine Stichflamme stieg hoch. Der Tank lief aus, und das Feuer erfaßte im Nu den ganzen Wagen. Die Benzinkanister explodierten, die mitgeführte Munition knatterte und prasselte. Ein einziger Schrei kam aus dem Innern; das war Jennys unnatürlich hohe Stimme. Der Fahrer war allem Vermuten nach schon beim Sturz ums Leben gekommen.
    Stonehorn reinigte den Lauf seiner Pistole sorgfältig und lud die eine Patrone nach, die er verbraucht hatte. Seine übrige Munition warf er in den brennenden Wagen. Einen Augenblick sah er noch zu, wie das Gericht sich vollzog. Auch wenn er gewollt hätte, er hätte nichts mehr retten können.
    Im Schnellauf jagte er dann über das Grasland seinem eigenen Wagen nach. Dabei schaute er nach dem Himmel. Die Wolken zogen sich regengrau zusammen.
    Als Queenie ihren Mann herankommen sah, öffnete sie schon den Schlag. Stonehorn sprang auf den Nebensitz und ließ sie weiter am Steuer. »Wir hatten einen Buick hinter uns und haben einen Knall gehört und einen Feuerschein gesehen. Ja?«
    »Ja.«
    Queenie bat Stonehorn wieder an das Steuer. Sie war angegriffen. Er ließ die Geschwindigkeit heruntergehen.
    »Horch, da kommt ja noch einer hinter uns«, sagte er nach kurzem. »Schau dich mal um. Ich habe ihn nicht im Rückspiegel.«
    »Ein Jeep.«
    »Polizei?«
    »Ich glaube.«
    Stonehorn fuhr weiter, bis ihn ein Pfiff veranlaßte zu halten. Der Jeep stand auf gleicher Höhe.
    »War das mal ein Buick, der da hinten verbrannt im Gras liegt?« rief der Fahrer des Jeep herüber.
    »Ein Buick ist hinter uns gewesen«, antwortete Queenie.
    »Haben Sie was gehört?«
    »Ja. Einen Knall, als ob ein Reifen geplatzt wäre.«
    Stonehorn erkannte, daß in dem Jeep Polizisten saßen, die am Stadtrand kontrolliert hatten.
    »Kommen Sie doch eben mal mit zurück, Joe King. Vielleicht können Sie uns etwas helfen.«
    Joe wandte den Wagen. ›Ich habe euch genug geholfen!‹ dachte er dabei. ›Ohne mich wäre

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