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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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durch die beschädigte Scheibe und sah noch den Schützen, der sich in Deckung einnisten wollte, dann aber vorzog, durch eine angelehnte Tür in den nächsten Raum zu entwischen. Selbst in der Finsternis hatte Stonehorn die blonden Locken erkannt, und er wollte den Mörder nicht entkommen lassen. Er stellte sich an die Backsteinwand neben die Tür und horchte. Es war offenbar, daß die Polizei die Spur des Verbrechers verloren hatte.
    Draußen sprangen zwei Wagen an. Queenie lebte also noch. Der Schütze im Nebenraum feuerte durch das dortige Fenster auf die Reifen. Einer platzte. Der unbeschädigte Wagen war unterdessen schon auf mindestens dreißig Meilen gekommen. Von draußen kam die Antwort eines Revolvers, das mußte Russell sein. Wiederum klirrten Scheiben. Jenny im Haus und Russell in seinem lahm gewordenen Wagen feuerten aus Deckung aufeinander.
    Joe wagte sich durch die angelehnte Tür in den Nebenraum. Er erkannte Jenny, der sich eben vorsichtig von dem zersplitterten Fenster zurückzog und dabei nach der Tür äugte, durch die Joe kam. Jenny feuerte, und im gleichen Augenblick warf sich Joe auf ihn. Die beiden waren Spezialisten, sie kannten alle Griffe und Tricks. Sie haßten sich, aber jetzt galten keine Gefühle, sondern nur die schnellste Berechnung und der jeweils schnellste Entschluß.
    Jenny bemerkte, daß Joe sein Stilett noch nicht in der Hand hatte, und wollte ihn mit allen Mitteln daran hindern, es zu ziehen. Joe pflegte es im Stulpenstiefel zu tragen, das war Jenny bekannt; aber Joe wußte das wiederum und hatte die Waffe im Gürtel. Joe trachtete in erster Linie, Jenny den Revolver zu entwinden. Jenny zog ab, aber ohne zielen zu können; die Schüsse knatterten gegen die Wand. Die Geschosse prallten ab und wurden beiden Kämpfenden gefährlich. Das Magazin wurde leer. Jenny ließ die wertlos gewordene Waffe fallen. Joe griff danach und wollte sie Jenny gegen die Schläfe stoßen, um ihn bewußtlos zu machen.
    Da entstanden andere Geräusche. Zwei Tramps, die ein kostenloses Nachtquartier genossen hatten, flüchteten. Von der anderen Seite kamen zwei Wächter.
    »Hallo!«
    Grelle Taschenlampen leuchteten auf, blendeten.
    Die Pistolen der Wächter drohten: »Auf! Hände hoch!«
    Es gelang Joe, den etwas verwirrten Jenny wegzustoßen. Er sprang auf und hielt die Hände in die Höhe. Jenny schien auch gehorchen zu wollen, aber in dem Augenblick, als ein Wächter Joe nach Waffen zu durchsuchen begann und nur noch der zweite mit der drohenden Pistole sowohl Joe als auch Jenny in Schach halten wollte, sprang Jenny ihn an, entriß ihm die Schußwaffe und schoß ihn sofort nieder. Joe stand jetzt mit erhobenen Händen zwischen dem noch lebenden Wächter, der die Pistole noch gegen ihn im Anschlag hielt, und der Pistole in den Händen des Jenny, die sich auch gegen Joe richtete, aber nicht nur, um ihn in seiner wehrlosen Stellung festzuhalten.
    Stonehorn sprang hoch, hielt sich an einem großen Ochsenjoch, das zur Erinnerung an vergangene Zeiten an der Decke aufgehängt war, fest und zog die Füße an, während fünf Schüsse in schnellster Folge unter ihm durchgingen. Er gewann die nötige Drehung und ließ sich von oben auf Jenny herabfallen. Er saß seinem Feind im Nacken und hatte mit der Linken die blonden Locken im Griff; er zog Jennys Kopf zurück, so daß dieser nicht zielen konnte. Jenny zuckte in Angst um die eitle Zierde seines Hauptes zusammen und schoß im entscheidenden Augenblick überhaupt nicht.
    Der noch lebende Wächter hielt seine Pistole jetzt gegen Jenny gerichtet und setzte die Pfeife an die Lippen, um Hilfe herbeizuholen. Das war die Sekunde, in der er unsicher zielte. Jenny war wieder soweit gefaßt, daß er diesen Moment ausnutzte. Er ließ sich rückwärts umfallen, ohne daß der Wächter in seinem Bewußtsein schnell genug schaltete. Stonehorn stürzte mit Jenny. Der Wächter knatterte nervös los, so daß Stonehorn ebenfalls gezwungen war, Deckung zu suchen. Die Todfeinde kamen wieder auseinander.
    Jenny strebte nach der zweiten Tür des Raumes, durch die die Tramps entschwunden waren.
    Russell kam durch das zerborstene Fenster herein, und da er um Joe besorgt war, rief er dem Wächter zu: »Nicht schießen!« Joe sprang zu Russell.
    Jenny war die Flucht zum zweitenmal gelungen.
    Durch die aufgebrochenen Türen und durch die vollends beseitigten Fenster kamen die Polizisten, die durch das Geknatter der Schüsse aufmerksam geworden waren.
    Sie fanden den toten Wächter,

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