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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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war… das war…«
    »… das war schon curry, Harold«, erklärte Kate Carson. »Das brannte! Und was Ihnen heute noch alles auf der Zunge und im Herzen brennen wird, darauf bin ich neugierig.«
    »Nicht so boshaft, Missis Carson.« Der blinde Richter mahnte zur Einsicht. »Haben Sie Ihre zweihundert Dollar wieder erhalten, Booth«?
    »Aber nicht im geringsten. Die Polizei interessiere sich im Augenblick überhaupt nicht für solche Bagatellsachen, hieß es. Aber vielleicht kann mir Joe King weiterhelfen. Er hat ja länger an dem Gangstertisch gesessen und war dort bedeutend besser bekannt als ich!«
    Margot Crazy Eagle zuckte zusammen, heftig, als ob ein Stinktier sie habe anspritzen wollen.
    Queenie hob die Lider und sah Booth unentwegt an. Als er sich getroffen und glücklich fühlte, daß Queenie ihn ihrer besonderen Aufmerksamkeit würdigte, sagte sie langsam und deutlich: »Booth, wissen Sie eigentlich, was aus Ihnen geworden ist?«
    Der Schock trieb Harold das Blut bis unter die Haarwurzeln.
    »Queenie, man hat Ihnen vielleicht zu viel Schlechtes über mich erzählt. Mag sein. Das ist schade. Schade ist das.«
    »Schade ist es um die zweihundert Dollar.« Das war Bessie. »Du brauchst die Polizei natürlich nicht deshalb zu bemühen. Du hast ganz einfach spendiert – gesteh es doch! Spendiert, ohne dir klar zu sein, wem. Du bist zu vertrauensselig, Harold. Ich sage dir das täglich!«
    Margot schenkte Queenie noch einmal ein, und diese trank durstig. Sie fühlte sich wie ausgedörrt. Das Kissen und die Decke begannen sie zu stören. Sie fürchtete, auf dem weichen Lager vor Erschöpfung einzuschlafen. Aber sie wollte wach bleiben.
    »Hallo, Queenie«, rief Kate Carson gerade in diesem Moment. »Wollen Sie uns nicht ein paar Aquarelle vom Rodeo hinwerfen? Sie sind doch Malerin! Das wäre etwas für mein Büro, und Hawley interessiert sich auch für moderne indianische Kunst. Haben Sie sich keine Skizzen gemacht?«
    »Etwas… ja… wenig. Nur im Kopf.«
    »Und wann kommt das aufs Papier?«
    »Ich weiß nicht. Ich werde einmal etwas versuchen. Vielleicht.«
    »Was bekommen Sie denn für ein Bild?« erkundigte sich Harolds Freundin.
    »Ich verkaufe selten. Ich lerne ja noch.«
    Queenie nahm einen Zwieback und wünschte den Augenblick herbei, in dem sie diese Gesellschaft verlassen konnte.
    Wenn nur Stonehorn bald zurückkam und sie erlöste.
    Kate Carson hatte sich in dem Sessel neben Bessie eingenistet und nahm diese aufs Korn. Sie kam in Laune und suchte das Kaliber, mit dem man die siebenfachen Fettlager anbohren konnte.
    »Miss Fox, haben Sie die Ranches hier schon besichtigt? Es lebt sich gar nicht so übel auf unserer Reservation. Meinen Sie nicht?«
    »Ganz offen gestanden und nach dieser furchtbaren Nacht doppelt und dreifach: Die öde Wildwest-Atmosphäre macht mich geradezu krank.«
    Queenie beobachtete Booth.
    Harold fühlte sich gekränkt.
    »Du bist müde«, geißelte er seine Liebste, »du sprichst, was du in Wahrheit gar nicht denkst, und unsere Ranch hast du überhaupt noch nicht gesehen.«
    »Aber die Prärie hier! Kein Hotel, kein Restaurant, kein Kino, kein Theater, keine hübschen Läden, keine Klubs, überhaupt nichts, nichts, was ein zivilisierter Mensch braucht, und nebenbei nur dieses niveaulose New City, das sofort zu Sodom und Gomorrha wird, wenn sich eine Beat-Gruppe von Ruf und ein paar prominente Gangster dahin verirren – und überhaupt… und dann noch… Ist es wahr, Missis King, daß wir Nachbarn sein würden?«
    »Ja.«
    »Harold, ich glaube, diese Weltecke hier kommt für eine Frau wie mich nicht in Frage.«
    Harold Booth knetete seine Finger. Er wünschte nicht, eine solche Diskussion vor den Ohren der anderen fortzusetzen. Kate Carson brachte Bessie Fox noch ein Stück Kuchen, und tatsächlich, sie aß ihn auf. Harold wurde nervös, wenn er Bessie essen sah. Die Familienszenen, die er erleben würde, wenn Bessie sich mehr als einen Tag auf der Ranch aufhielte, standen bild- und lautkräftig vor seiner Phantasie.
    »Wenn du willst«, sagte er mild zu ihr, »fahre ich dich heute noch nach New City zurück.«
    Bessie hatte den Kuchen verschlungen und ließ sich von Haverman das Feuerzeug für eine weitere Zigarette halten. Mit wohlberechneter Niedertracht glitt sie wieder in ihren Sessel zurück. »Wenn Doc Eivie zurückkommt, nehmen wir ja noch das Dinner, nicht, Missis Carson?«
    Harold Booth hatte keinen eigenen Wagen dabei und fügte sich. Aber er setzte sich nicht,

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