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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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weiter«, sagte dieser ergeben. »Haverman steuert…«
    Er warf einen Blick auf Kate Carson, die zu seinem Bedauern völlig einverstanden schien.
    Die Dunkelheit brach herein. Joe und Queenie King verabschiedeten sich als erste. Als sie bei ihrem Wagen standen, schaute Queenie hinüber zu dem entfernten Parkplatz des Hospitals. Sie erkannte jetzt, daß die übrigen Gäste dort geparkt hatten, da vor Eivies Haus wenig Raum war.
    »Das hätten wir gleich sehen sollen«, bemerkte sie zu ihrem Mann, während sie am Steuer Platz nahm.
    »Ich habe es gesehen. Aber ich wollte soviel wie möglich von dem erfahren, was diese Leute jetzt reden. Sie leben an der Oberfläche und verleugnen die inneren Krankheiten ihres Landes. Aber vielleicht gab es etwas für uns beide Wichtiges zu hören, während ich weg war?«
    Queenie hatte den Wagen den Hügel hinuntergefahren und ließ ihn über die Straße gleiten, die nicht so gut war wie diejenige, die bis zu der Agentursiedlung und dem Hospital führte, aber doch noch glatt und ungefährlich und nicht in dem Zustand jenes Weges, der der einzige Zugang zu Queenies elterlicher Ranch war.
    Queenie berichtete alles, was gesprochen worden war, wortwörtlich. Über die unverschämte Verdächtigung, die Harold ausgesprochen hatte, hätte sie gern geschwiegen, aber sie überwand sich und unterrichtete ihren Mann vollständig.
    Er brauchte einige Zeit der Stille, um das Gehörte zu verarbeiten, dann sagte er nur: »Auf der Ranch von Booth arbeite ich jedenfalls nicht mehr. Ich nehme an, daß Harold zurückkommt.«
    Unter dem wieder aufklarenden Sternenhimmel gelangten Joe und Queenie zu dem kleinen Haus am Hang, von dem aus man weit über das Land, über die Straße hinüber zu den weißen Bergen blicken konnte. Die Pferde begrüßten ihren Herrn. Am Haus standen gefüllte Wasserbehälter.
    Die beiden traten ein. Die Großmutter war noch auf und empfing das junge Paar. Die eine gemeinsame Stube, die man besaß, war sauber. Die Großmutter hatte keine Staub- und kein Mehlkörnchen geduldet, obgleich sie das kostbare Wasser nicht zum Aufwischen benutzen durfte. Queenie konnte ihr ein kleines Päckchen von Eivie übergeben; es enthielt Büffelfleisch.
    »Das essen wir zusammen«, sagte die alte Frau.
    Beim Auskleiden sah die Großmutter die Wundverbände Joes. Aber sie fragte nicht.
    Tashina erzählte ihr lebhaft und in herzlicher Aufgeschlossenheit vom Rodeo.
    »Danach gab es einen Trubel mit den Beats und den Gangs«, schloß sie. »Aber es ist alles zum guten Ende gekommen.«
    Man ging schlafen.
    Tashina legte den Kopf an Stonehorns Schulter, wie sie nun schon gewohnt war. Sie liebte aber ihren Mann auf eine neue Weise, aus dem gemeinsam Erlebten heraus.
     

Ungewißheit
     
    Jedermann hatte das Gefühl, daß etwas vorging, aber niemand wußte, woher die Unruhe kam und wohin es treiben wollte. Der Superintendent hatte eine neue Sekretärin anstelle von Laura erhalten. Haverman hatte Urlaub genommen und war zu seiner Frau gefahren; er mußte voraussichtlich einen Krankenurlaub anschließen, da er nach der Schreckensnacht wieder an seinen Herzanfällen litt.
    Harold Booth arbeitete als Junggeselle auf der väterlichen Ranch. Bei dem Hause der Kings weidete der Schecke, der auf Abzahlung gekauft worden war. Die Großmutter wollte bald wieder heimgehen. Queenie konnte in den Schulferien allein die Wirtschaft versorgen.
    So gab es überall Neues oder Aussicht auf Veränderungen, und wenn die Hoffnungen oder das Unbehagen, die sich daran knüpften, im Vergleich zum Anlaß übertrieben erscheinen mochten, so konnte das damit zusammenhängen, daß die Sekretärin übermäßig tüchtig, der Schecke übermäßig wild, Harold Booth übermäßig schlechter Laune und der Vertreter Havermans übermäßig eifrig war. Nach dem kurzen Einbruch von Unwetter und Regen stiegen auch die Temperaturen auf eine übermäßige Höhe von 80° und 90° Fahrenheit. Das Wasser wurde sehr knapp und schmeckte noch schlechter als gewöhnlich. Die Außentoiletten bei den Indianerhäusern stanken. Im stillen fürchtete jedermann einen Präriebrand. Die geringste Unvorsichtigkeit konnte ihn in dem ungezähmten Land auslösen.
    In der ausgehenden Nacht schon hatte Queenie ihre Stute gesattelt und die schlaffen Wassersäcke angehängt. Sie wollte zu der entfernten Wasserstelle aufbrechen, da sie nicht mehr zu dem Brunnen der Familie Booth gehen mochte. Der schnelle Wagen stand unbenutzt. Es galt, mit jedem Penny zu sparen, denn

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