Nacht über der Prärie
Privatwagen des Superintendent, war soeben mit ungewohnter Geschwindigkeit in die Agenturstraße eingefahren und hielt, kurz gebremst, vor dem Hause dieses obersten weißen Beamten der Reservation. Der Superintendent stieg aus, übernächtig, müde am frühen Morgen nach einer langen Nachtfahrt. Durch den sehr gepflegten Vorgarten gelangte er in seine Dienstwohnung. Seine Frau war schon auf und hatte mit einiger Unruhe auf ihn gewartet.
Hawley wollte baden, Tee und ham and eggs zum Frühstück nehmen und sich dann sofort zum Dienst begeben. Er war nicht zu Gesprächen aufgelegt, sagte aber doch in der auflockernden Atmosphäre seines Heims: »Ich hatte gehofft, daß dieser King sich nach der Eheschließung mit der schönen jungen Frau und nach seinem großen Rodeo-Erfolg wieder in ein normales Leben eingliedern ließe. Aber wer kennt sich schon in einem traditionalistisch erzogenen Indianer aus.«
»Hat er endlich ausgesagt?«
»Aber durchaus nicht. Er ist total verstockt. Nun werden sich höhere Instanzen mit ihm beschäftigen. Das Ganze im Zusammenhang mit unserer Reservation hier. Es ist unangenehm.«
Mrs. Hawley goß ihrem Gatten eine zweite Tasse Tee ein. Unterdessen frühstückte auch der Fahrer des Superintendent in seiner Dienstwohnung, die wesentlich bescheidener war. Auch ihm tischte seine Frau ham and eggs auf, aber sie gab ihm nicht Tee dazu, sondern mehrere Tassen Kaffee.
»Habt ihr ihn denn nun endgültig fortgeschafft?« forschte sie dabei.
»Er ist und bleibt ein Gangster, und wo er sich zeigt, fließt Blut. Es muß ja furchtbar zugegangen sein in der Nacht nach dem Rodeo in New City.«
»Ja, ja, Baby, aber nur, weil King sich von den Banditen lossagt. Sie wollten ihn umbringen, er hat sich gewehrt.«
»Das kannst du andern erzählen, nicht mir. Woher kommen auf einmal die Gangster nach New City? Es hängt nur mit ihm zusammen. Ich hoffe, daß wir diesen Indsman jetzt ein für allemal los sind. Ich konnte nicht mehr schlafen, seit ich ihn mit euch zusammen im Wagen wußte.«
»Er ist also fort, sei beruhigt. Aber nur als Zeuge. Er kommt wieder, verlaß dich drauf. Er ist sehr jung und sehr zählt. Sie werden sich alle Mühe geben, aber so leicht kriegen sie ihn nicht unter.«
»Du redest ja merkwürdig.« Mrs. Bruce schaute ihren Mann von der Seite an. »Mir ist er jedenfalls unheimlich. Mager ist er, bewegt sich wie eine Raubkatze und diese Augen…«
Bruce trank die vierte Tasse Kaffee aus, wischte sich mit der Papierserviette die Lippen ab und stand auf.
»Ich fahre den Superintendent zum Dienst und gehe dann den Wagen waschen.«
»So schmutzig seid ihr ja noch nie zurückgekommen.«
»Staubsturm gestern und seitdem hatte ich keine Zeit, mich drum zu kümmern.«
Die Frau schüttelte den Kopf.
Bruce fuhr den Superintendent mit dem Dienstwagen zu dem 150 Meter entfernten Agenturgebäude und brachte – heute ausnahmsweise auch im Dienstwagen – Mrs. Hawley zu dem Krankenhaus, das auf einem nahen Hügel gelegen war. Sie wollte eine Augenuntersuchung vornehmen lassen.
Bruce brachte den Dienstwagen zurück zu dem Parkplatz vor der Agentur und lief dann auf einem Seitenweg hinter das Wohnhaus des Superintendent, wo sich ein größerer Garten und die Garage befanden. Vor der Garage stand der verstaubte Privatwagen. Bruce begann ihn abzuspritzen.
Dabei schauten ihn noch einmal zwei dunkle Augen an, mit diesem letzten Blick, mit dem der junge Indianer Joe King den Fahrer gestreift hatte, ehe er in Carneyville von anderen Herren in einen anderen Wagen gebracht wurde, während Bruce den Superintendent noch in der Nacht über New City auf die Reservation zurückzufahren hatte.
Irgend etwas hat er von mir gewollt, dachte Bruce und konnte den Blick nicht loswerden. Vielleicht sollte ich seine Frau verständigen. Aber wie kann ich das machen? Ich bin im Dienst. Mag sich Hawley darum kümmern.
Die dunklen Augen verschwanden aus Bruces Phantasie, da er sein Gewissen beruhigt zu haben glaubte. Es wachte jedoch wieder auf, als auf dem Weg, der hinter dem Garten vorbeiführte, plötzlich eine Indianerin stand, die der Fahrer im Eifer seiner eigenen Gedanken und seiner Arbeit nicht hatte kommen sehen. Das war Queenie, geborene Halkett, kaum achtzehn Jahre alt, Schülerin der Kunstschule im fernen Süden, in den Ferien zu Hause und unter Umständen, über die viele Gerüchte umliefen, seit kurzem mit Joe King verheiratet. Die beiden lebten auf einer kleinen Ranch, weit entfernt von der
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