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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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sollten. Sie ließ Rye Whiskey heißen Haferschleim zum Frühstück zubereiten und erlaubte mir, für den Rest des Tages süßen Tee, Toast und Marmelade zu mir zu nehmen. Gegen Mittag fühlte ich mich stark genug, um aufzustehen und bat sie, mich in meinen Rollstuhl zu setzen. Kurz nach zwei erschien Rye, die Schürze noch um den Bauch gebunden. Mrs. Broadfield war weggegangen, um sich ein wenig die Füße zu vertreten.
    Rye sah mich ängstlich und reumütig an. Ich wußte sofort, daß er sich verantwortlich fühlte für das, was mit mir geschehen war.
    »Wie fühlen Sie sich, Miß Annie?«
    »Viel besser, Rye. Sie dürfen sich keine Vorwürfe deswegen machen. Schließlich konnten Sie nicht wissen, was meinen Magen durcheinanderbringen würde und was nicht. Nichts, was Sie vorher gekocht haben, hatte jemals eine solche Wirkung«, sagte ich, um ihn zu beruhigen. Er nickte nachdenklich. Ich sah, daß ihm etwas im Kopf herumging.
    »Genau das hab ich auch gedacht, Miß Annie. Ich hab nichts in dieses Essen getan, was ich nicht vorher auch schon hineingetan habe.«
    »Es war mein Fehler«, sagte ich bestimmt. »Ich hätte Mrs.
    Broadfield nicht zurückschicken sollen mit dem Essen, das Ihr Gehilfe gekocht hatte.«
    »Ich will Ihnen mal was sagen: Sie kommt in die Küche gestürmt, wutentbrannt, und knallt das Tablett hin. Ich weiche gleich fünf Meter zurück. Dann sagt sie: Also, machen Sie Gemüse und Kartoffeln! Ich wollte das sowieso für Mr.
    Tatterton zubereiten, und so sag ich, ist in Ordnung, Ma’am.
    Sie grunzt, und ich hol die Teller heraus.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Nichts. Ich geb ihr das Essen, damit sie es Ihnen bringt, weil ich bin ja schließlich auch nicht mehr der Jüngste; und sie nimmt das Tablett.
    Nur, ich hab das Brot vergessen, und so geh ich ihr nach. Ich hab sie noch erwischt, weil sie im Eßzimmer stehengeblieben ist, um noch die Medizin reinzutun und – «
    »Medizin? Was für eine Medizin?«
    Rye zuckte mit den Schultern. »Medizin, hat sie zu mir gesagt. Sollte Ihnen helfen, das Essen zu verdauen.«
    »Das habe ich noch nie bekommen.«
    »Ich geb ihr das Brot, und sie geht hinauf zu Ihrem Zimmer.
    Dann stellt mich Mr. Tatterton zur Rede, weil Sie das Essen so krank gemacht hat. Er kommt extra rein deswegen, und ich sage: ›Ja, Sir, ich werde alles tun, was mir die Schwester sagt‹.
    Das war’s. Aber jetzt fühlen Sie sich besser?«
    »Ja, Rye. Sind Sie sicher, daß sie Medizin in mein Essen getan hat?«
    »In den Kartoffelbrei. Sie rührte das Zeug gerade drunter, als ich aus der Küche kam. Hoffentlich ruiniert das nicht den Geschmack, dachte ich, aber ich traute mich nicht, ihr das zu sagen. Muß eine gute Krankenschwester sein; wenn sie die Übelkeit in so kurzer Zeit verschwinden lassen kann – «
    »Wenn Sie will…« Mir war jetzt einiges klar. Das war keine Medizin gewesen. Sie hatte sich dafür gerächt, daß ich mich ihr widersetzt hatte. Mein Gott, dachte ich, ich bin in der Hand einer sadistischen, rachsüchtigen Person. Der stechende Schmerz, mein peinliches Malheur, alles war ihr Werk! »Sie kann vielleicht auch die Übelkeit hervorrufen«, fügte ich hinzu und nickte bedeutungsvoll. Rye verstand.
    »Miß Annie…« Er drehte sich um und sah zur Tür, um sicherzugehen, daß niemand kam. »Sicherlich geht es Ihnen schon besser. Vielleicht ist es das Beste, Sie fahren jetzt wieder heim.«
    »Was?« Ich lächelte verwirrt. »Sie wollen, daß ich nach Hause zurückkehre?«
    »Ich geh jetzt lieber wieder in meine Küche. Freut mich, daß es Ihnen besser geht, Miß Annie.« Er eilte hinaus, bevor ich ihm weitere Fragen stellen konnte, aber ich zweifelte nicht daran, daß er über vieles Bescheid wußte, was in Farthy vor sich ging…
    Es war schon Mittag, als Tony kam. Ich bekam das Essen, das ich am Vortag zurückgeschickt hatte: gekochte Hühnerbrust, Erbsen und Karotten sowie wäßrigen Kartoffelbrei. Mrs. Broadfield hatte ihren Mund zu einem breiten Lächeln verzogen, als sie das Tablett hereinbrachte und auf den Tisch auf meinem Rollstuhl stellte. Sie postierte sich neben mich und sah mir beim Essen zu, angeblich nur, um sicherzugehen, daß ich wieder feste Nahrung vertrug.
    »Haben Sie etwas hineingetan, damit ich es besser verdauen kann?« fragte ich. Ihr Lächeln verschwand.
    »Was? Was sollte ich da hineintun?«
    »Ich weiß nicht… so etwas wie das, was Sie gestern in den Kartoffelbrei gegeben haben, als Sie mir mein Abendessen zum zweiten Mal brachten«,

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