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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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seiner Gereiztheit auf mehrere dramatische Arten Ausdruck. Dann grub er etwas aus seinem Zaubersack hervor, das wie ein verwester Finger aussah. Er verzog sich in eine Ecke und unterhielt sich mit dem Ding, dann kam er wieder und sagte: »Ich habe ihn an der Leine. Ich finde ihn schon.« »Danke.«
»Na sicher. Du Schweinehund. Ich sollte dich zum Mitkommen zwingen.« Ich setzte mich mit einem großen Bier vor das Feuer und ließ meine Gedanken schweifen. Nach einer Weile sagte ich zu Shed: »Wir müssen wieder dorthin zurück.« »Ha?«
»Mit Schweiger.«
»Wer ist Schweiger?«
»Noch einer von der Schar. Ein Zauberer. Wie Einauge und Goblin. Er ist Raven auf der Spur und folgt jeder Bewegung, die er seit seiner Ankunft gemacht hat. Er denkt, daß er ihn aufspüren oder zumindest aus seinen Bewegungen schließen kann, ob er Asa übertölpeln wollte.«
Shed zuckte die Achseln. »Wenn wir müssen, dann müssen wir eben.« »Hrrm. Du setzt mich in Erstaunen, Shed. Du hast dich verändert.« »Ich weiß nicht. Vielleicht hätte ich das die ganze Zeit tun können. Ich weiß nur, daß so et- was nie wieder jemandem passieren darf.« »Ja.« Meine Vision von Hunderten von Männern, die Amulette aus der Festung über Juniper plünderten, ließ ich unerwähnt. Das konnte er nicht brauchen. Er hatte eine Mission. Ich
    konnte sie nicht hoffnungslos erscheinen lassen.
Ich ging nach unten und bat den Vermieter um mehr Bier. Bier macht mich schläfrig. Mir war etwas eingefallen. Eine Möglichkeit. Ich teilte sie keinem der anderen mit. Sie wären nicht erfreut gewesen.
Eine Stunde später ging ich pinkeln und schleppte mich in mein Zimmer. Der Gedanke, wie- der zu dieser Lichtung zurückzukehren, schüchterte mich mehr ein als das, was ich jetzt vor- hatte.
    Der Schlaf ließ sich ungeachtet des Bieres Zeit. Ich konnte mich nicht entspannen. Ich ver- suchte immer wieder, sie zu mir zu bringen. Was nicht das Geringste bedeutete. Es war die schwache Hoffnung eines Narren, daß sie schon so bald wiederkehren würde. Ich hatte sie zurückgewiesen. Warum sollte sie also? Warum sollte sie mich nicht vergessen, bis ihre Unterlinge mich erwischten und in Ketten vor sie brachten? Vielleicht gab es doch eine Verbindung auf einer Ebene, die ich nicht verstand. Denn ich erwachte aus einem Dämmerzustand, dachte schon, daß ich wieder den Abort aufsuchen muß- te, und sah den goldenen Schimmer über mir schweben. Oder vielleicht erwachte ich gar nicht und träumte nur, daß ich es tat. Ich kann es nicht genau sagen. Im Rückblick erschien es so sehr wie ein Traum.
Ich wartete nicht auf sie. Ich legte sofort los. Ich sprach rasch und erzählte ihr alles, was sie über den Haufen vor Meadenvil und über die Möglichkeit wissen mußte, daß die Truppen Hunderte von Samen aus der Schwarzen Burg geschafft hatten. »Das sagst du mir, obgleich du doch entschlossen bist, mein Feind zu sein, Wundarzt?« »Ich will nicht dein Feind sein. Ich werde nur dann dein Feind sein, wenn du mir keine an- dere Wahl läßt.« Ich wechselte das Thema; eine Debatte brachte nichts ein. »Wir können das hier nicht bewältigen. Und bewältigt werden muß es. Alles von dieser Art muß bewältigt wer- den. In der Welt gibt es schon genug Böses.« Ich sagte ihr, daß wir ein Amulett an einem Bürger von Juniper gefunden hatten. Ich nannte keinen Namen. Ich sagte ihr, daß wir es dort zurücklassen würden, wo sie es mit Sicherheit bei ihrem Eintreffen finden konnte. »Meinem Eintreffen?«
»Bist du denn nicht hierher unterwegs?« Ein leichtes, maskenhaftes Lächeln im vollen Bewußtsein dessen, daß ich im trüben fischte. Keine Antwort. Nur eine Frage. »Wo wirst du dann sein?« »Fort. Schon lange fort und weit weg.«
»Vielleicht. Wir werden sehen.« Der goldene Schimmer erlosch. Es gab Dinge, die ich ihr noch sagen wollte, aber sie hatten nichts mit dem gegenwärtigen Problem zu tun. Es waren Fragen, die ich ihr stellen wollte. Und nicht stellte. Der letzte goldene Funke flüsterte mir noch zu: »Dafür schulde ich dir etwas, Leibarzt.«

    Kurz nach Sonnenaufgang kam Einauge ins Haus gestolpert. Er sah aus wie der Tod auf Lat- schen. Hinter ihm trat Schweiger ein, der ebenfalls einen recht mitgenommenen Eindruck machte. Er war ohne Pause auf Ravens Spur gewesen. Einauge sagte: »Ich habe ihn gerade noch rechtzeitig erwischt. Eine Stunde später, und er hätte sich auf den Weg gemacht. Ich hab ihn überredet, bis Tagesanbruch zu warten.« »Ja. Willst du die Männer

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