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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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zusammenreimen zu können, was eigentlich geschehen ist. Wir kämpfen um unser Leben, Shed.« Ich blickte zu dem großen schwarzen Klumpen herüber und sagte zu nieman- dem im Besonderen: »Und das Ding hilft uns dabei kein verdammtes bißchen.« Ich schaute wieder auf die Knochen. »Hagop, sieh zu, was du hiermit anfangen kannst. Ein- auge, du und Asa, ihr geht noch einmal ganz genau durch, was er an jenem Tag sah. Schritt für Schritt. Kingpin, du spielst für sie den Raven. Shed, komm her zu mir.« Ich war zufrieden. Sowohl Asa als auch Shed taten, was man ihnen sagte. Shed war zwar er- schüttert, daß wir wieder in seinem Leben aufgetaucht waren, aber er würde wahrscheinlich nicht in Panik geraten. Ich musterte ihn, während Hagop den Boden Zoll für Zoll untersuchte. Shed schien größer geworden zu sein; er schien etwas in sich gefunden zu haben, das im un- fruchtbaren Boden von Juniper keine Chance gehabt hatte. Er flüsterte: »Hör mal, Croaker, ich weiß nicht viel darüber, daß die Lady hierher kommt und daß ihr Darling finden müßt. Das ist mir eigentlich auch ziemlich egal.« Er zeigte auf den schwarzen Haufen. »Was werdet ihr damit machen?« »Eine gute Frage.« Er mußte nicht erst erklären, was das bedeutete. Denn es bedeutete, daß die Niederlage des Dominators in Juniper nicht endgültig gewesen war. Er hatte vorher sein Blatt ausgespielt. Er hatte hier einen weiteren Durchgang am Wachsen, und der wuchs ver- flucht schnell. Asa hatte recht, wenn er vor den Burgkreaturen Angst hatte. Der Dominator wußte, daß er sich beeilen mußte – allerdings bezweifelte ich, daß er mit einer so raschen Entdeckung gerechnet hatte. »Wenn man es richtig betrachtet, gibt es nicht allzu viel, was wir überhaupt tun können. «
»Ihr müßt etwas tun. Schau, ich weiß, daß ich mit diesen Wesen Handel getrieben habe. Was sie mir und Raven und Juniper angetan haben… Verdammt, Croaker, du kannst doch nicht zulassen, daß das hier wieder geschieht.« »Ich habe nicht gesagt, daß ich nichts tun will. Ich sagte, daß ich nichts tun kann. Man ver- langt doch nicht von einem Mann mit einem Federmesser, daß er einen Wald abholzt und
    damit eine Stadt errichtet. Dazu hat er nicht die Werkzeuge.«
»Wer hat sie dann?«
»Die Lady.«
»Dann…«
»Ich habe meine Grenzen, Freund. Ich werde mich nicht für Meadenvil umbringen lassen. Ich werde meine Truppe nicht für Menschen auslöschen lassen, die ich nicht einmal kenne. Vielleicht haben wir eine moralische Schuld. Aber ich glaube nicht, daß sie so groß ist.« Er grunzte. Er verstand es, ohne es zu akzeptieren. Ich war überrascht. Ohne daß er etwas dergleichen geäußert hätte, hatte ich doch das Gefühl, daß er einen Kreuzzug begonnen hatte. Ein großer Schurke, der sich Vergebung zu erkaufen suchte. Das nahm ich ihm auch nicht im Geringsten übel. Aber das konnte er ohne die Schar und ohne mich tun. Ich sah Einauge und Asa zu, wie sie Kingpin alles durchlaufen ließen, was Raven am Tage seines Todes getan hatte. Von meinem Standort aus konnte ich an Asas Geschichte keine Un- stimmigkeiten erkennen. Ich hoffte, daß Einauge besser sehen konnte. Wenn jemand einen Haken finden konnte, dann er. Bühnenzauber konnte er genausogut vollbringen wie echte Hexerei.
Mir fiel ein, daß Raven ebenfalls einige Tricks beherrscht hatte. Sein bester war der mit den Messern, die wie aus dem Nichts auftauchten. Aber er hatte auch andere Kunststücke ge- konnt, mit denen er Darling unterhalten hatte. Hagop sagte: »Schau mal hier, Croaker.« Ich schaute. Ich konnte nichts Ungewöhnliches erkennen. »Was denn?« »Durch das Gras zu dem Haufen. Es ist fast verschwunden, aber man kann es noch sehen. Wie eine Spur.« Er hielt ein paar Grashalme auseinander. Es dauerte eine Zeitlang, bis ich es erkannte. Den leisesten Hauch eines Schimmers, wie von einer Schneckenspur. Als ich genauer hinsah, erkannte ich, daß die Spur ungefähr dort be- gann, wo das Herz der Leiche hätte liegen sollen. Das war nicht ganz einfach zu erkennen, denn Aasfresser hatten die Überreste zerfetzt. Ich untersuchte eine fleischlose Hand. Auf den Fingern steckten noch Ringe. Verschiedene metallene Rüstungsteile und einige Messer lagen ebenfalls herum. Einauge führte Kingpin zu den Knochen heran. »Nun?« fragte ich. »Es ist möglich. Mit ein paar Täuschungsmanövern und Taschenspielertricks. Ich könnte dir nicht sagen, wie er es gemacht hat. Falls er es getan hat.« »Das ist er doch«, beharrte Asa.

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