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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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bevor ich hörte, was Goblin zu sagen hatte. Der Leutnant schien ebensowenig überrascht zu sein wie der Hauptmann. »Liegt etwas an?« fragte ich.
»Kann sein. Nachdem du und Candy nach Tally aufgebrochen wart, kam ein Kurierbrief. Darin stand, daß wir vielleicht nach Westen abberufen werden. Das könnte es sein.« »Nach Westen? Wirklich?«
»Ja.« Welchen Sarkasmus er doch in ein Wort legen konnte! Blöd. Wenn wir Charm als den üblichen Demarkationspunkt zwischen Ost und West ansetz- ten, lag Tally mehr als zweitausend Meilen entfernt. Unter perfekten Bedingungen eine drei- monatige Reise. Das Gelände dazwischen war alles andere als perfekt. An einigen Orten gab es einfach keine Straßen. Ich hielt sechs Monate für zu optimistisch. Aber ich machte mir schon wieder vor der Zeit Sorgen. Ich mußte abwarten. Das Ganze erwies sich als etwas, das selbst der Hauptmann und der Leutnant nicht vorher- gesehen hatten.
Wir warteten gespannt, bis sich Goblin wieder berappelt hatte. Der Hauptmann hatte seine
    Kartenkiste aufgeklappt und skizzierte eine vorläufige Route nach Frost. Er murrte, weil
sämtlicher Verkehr nach Westen durch die Schreckenssteppe gehen mußte. Goblin räusperte sich.
Die Spannung stieg. Er hielt den Blick gesenkt. Die Nachricht mußte schlecht sein. Er quiekte: »Wir sind zurückgerufen worden. Das war die Lady. Sie schien beunruhigt zu sein. Die erste Etappe geht nach Frost. Dort treffen wir einen Unterworfenen. Er bringt uns dann in das Gräberland.«
Die anderen runzelten die Stirn und tauschten verwirrte Blicke. Ich brummte: »Scheiße. Hei- lige Scheiße.«
»Was gibt es, Croaker?« fragte der Hauptmann. Sie wußten es nicht. Sie kümmerten sich nicht um Geschichte. »Da hat man den Dominator begraben. Dort wurden sie damals alle begraben. Es liegt im Wald nördlich von Oar.« Vor sieben Jahren waren wir in Oar gewesen. Es war keine freundliche Stadt. »Oar!« brüllte der Hauptmann auf. »Oar! Das sind zweitausendfünfhundert Meilen!« »Leg ein- oder zweihundert zum Gräberland mit dazu.« Er starrte auf die Karte. »Großartig. Einfach großartig. Das bedeutet nicht nur die Schrek- kenssteppe, sondern auch noch die Leeren Hügel und das Windland. Verdammt wunder- prächtig. Wir sollen nicht zufällig schon nächste Woche dort sein, oder?« Goblin schüttelte den Kopf. »Sie schien es nicht eilig zu haben, Hauptmann. War nur beun- ruhigt, und sie will, daß wir die richtige Richtung einschlagen.« »Hat sie etwas über den Grund oder den Anlaß gesagt?« Goblin grinste spöttisch. Machte die Lady das überhaupt jemals? Verdammt, nein. »Einfach so«, knurrte der Hauptmann. »Aus heiterem Himmel. Ein Marschbefehl um die halbe Welt. Ich liebe das.« Er wies den Leutnant an, Vorbereitungen zum Abmarsch zu tref- fen.
Es waren schlechte Neuigkeiten, schlimme Neuigkeiten, der Wahnsinn im Quadrat, aber nicht so schlecht, wie er es erscheinen ließ. Er hatte sich seit Empfang des Kurierbriefes dar- auf vorbereitet. So schwierig war es nicht, sofort aufzubrechen. Dummerweise wollte nie- mand aufbrechen.
Der Westen war weit angenehmer als alles, was wir hier gesehen hatten, aber auch wieder nicht so toll, daß jemand so weit laufen wollte. Sicherlich hätte sie auch eine näher gelegene Einheit abrufen können? Wir sind die Opfer unserer eigenen Kompetenz. Sie will uns immer dort haben, wo es am schlimmsten zu werden droht. Sie weiß, daß wir die beste Arbeit leisten. Verdammt und doppelt verdammt.

ELFTES KAPITEL
Juniper: Nachtarbeit
    Shed hatte Krage nur neun der zehn Leva gegeben. Die zurückbehaltene Münze verschaffte ihm Feuerholz, Wein und Bier zum Auffüllen seiner Vorräte. Dann bekamen andere Gläubi- ger Wind von seinem Wohlstand. Ein leichter Geschäftsaufschwung brachte ihm wenig Gu- tes. Die nächste Zahlung an Krage leistete er, indem er von einem Geldleiher namens Gilbert borgte.
Er ertappte sich dabei, daß er sich wünschte, jemand würde sterben. Weitere zehn Leva wür- den ihn beinahe durch den Winter bringen. Dieser Winter war hart. Im Hafen regte sich nichts. Im Stiefel gab es keine Arbeit. Sheds einziger kleiner Glücksbringer war Asa. Immer wenn er sich von Krage losreißen konnte, brachte er in einem mitleiderregenden Versuch, sich einen Freund zu erkaufen, eine Ladung Holz mit.
Asa kam wieder einmal mit einer Ladung an. Und flüsterte verstohlen: »Sieh dich lieber vor, Shed. Krage hat erfahren, daß du Geld von Gilbert geborgt hast.« Sheds Gesicht wurde asch- fahl. »Er

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