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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Sagen.« Sie goss allen Wein nach und fuhr fort: »Matthias hatte die Gruppe gegründet, und er wollte, dass alle ihn behandelten, als sei er der Zirkusdirektor. Und Ursula, seine Frau, sie hat sich in die ganze Sache eingekauft. Matthias behielt offensichtlich auch den Löwenanteil der Einkünfte für sich. Sie hatten den besten Wagen, ihre Kleider waren immer im teuren Hippiestil. Ich glaube, es war teilweise ein Generationsproblem. Matthias muss über fünfzig gewesen sein, aber die meisten anderen waren viel jünger. In den Zwanzigern, Anfang dreißig höchstens.«
    All das war faszinierend, aber Bel bemühte sich herauszufinden, was das Bindeglied zu Cat Grants Tod und dem Verschwinden ihres Sohnes sein könnte. Dieser Matthias klang als Einziger alt genug, dass er eine Verbindung zu den lange zurückliegenden Ereignissen haben konnte. »Hat er einen Sohn, dieser Matthias?«, fragte sie.
    Die beiden Frauen sahen sich ratlos an. »Er hatte kein Kind bei sich«, antwortete Renata. »Und ich habe ihn nie von einem Sohn reden hören.«
    Giulia nahm eine Feige und biss hinein, das lila Fruchtfleisch platzte auf, und Samen rannen an ihren Fingern hinab. »Er hatte einen Freund, der manchmal zu Besuch kam. Ein Brite. Der hatte einen Sohn.«
    Wie alle guten Reporter hatte Bel einen undefinierbaren Instinkt dafür, wo sich eine Story aufspüren ließ. Und dieser Instinkt sagte ihr, sie war gerade auf eine Goldader gestoßen. »Wie alt war der Sohn?«
    Giulia leckte sich die Finger ab, während sie nachdachte. »Zwanzig? Vielleicht ein bisschen älter, aber nicht viel.«
    In Bels Kopf drängten sich Dutzende von Fragen, aber es war ihr klar, dass sie nicht herausplatzen und sie mit einem Wortschwall überfahren sollte. Langsam nahm sie einen Schluck Wein und fragte: »Woran erinnern Sie sich sonst noch im Zusammenhang mit ihm?«
    Giulia zuckte mit den Achseln. »Ich habe ihn zweimal gesehen, aber nur einmal wirklich getroffen. Sein Name war Gabriel. Er sprach perfekt Italienisch. Er sagte, er sei in Italien aufgewachsen und könne sich nicht erinnern, je in England gelebt zu haben. Er studierte, aber ich weiß nicht, wo oder welches Fach.« Sie machte ein Gesicht, als wolle sie sich entschuldigen. »Tut mir leid, ich hatte kein großes Interesse an ihm.«
    Na gut, etwas Bestimmtes war das nicht. Aber es schien ihr eine Möglichkeit zu bieten. »Wie sah er aus?«
    Giulia war unsicherer. »Ich weiß nicht, wie ich ihn beschreiben soll. Groß, hellbraunes Haar. Recht nett aussehend.« Sie verzog das Gesicht. »Ich bin nicht gut in solchen Dingen. Was ist denn überhaupt so interessant an ihm?«
    Renata rettete Bel davor, dies beantworten zu müssen. »War er bei der Silvesterparty?«, wollte sie wissen.
    Giulias Gesicht erhellte sich. »Ja. Er war mit seinem Vater dort.«
    »Er ist also vielleicht auf einem Foto«, überlegte Renata. Sie wandte sich an Bel. »Ich hatte meine Kamera dabei. An dem Abend habe ich Dutzende von Fotos gemacht. Ich kann meinen Laptop holen.« Sie sprang auf und ging zu ihrem Haus zurück.
    »Und Gabriels Vater?«, erkundigte sich Bel. »Sie sagten, er war Brite?«
    »Stimmt.«
    »Wie kam es, dass er Matthias kannte? War der auch Brite?«
    Giulia schien das zu bezweifeln. »Ich dachte, er wäre Deutscher. Er und Ursula haben sich vor Jahren in Deutschland kennengelernt. Aber er sprach genauso Italienisch wie sein Freund. Sie klangen ganz ähnlich. Vielleicht war er also auch Brite. Ich weiß es nicht.«
    »Wie hieß Gabriels Vater?«
    Giulia seufzte. »Ich kann Ihnen nicht viel helfen. Seinen Namen weiß ich nicht mehr. Tut mir leid. Er war einfach irgendein Typ im Alter meines Vaters, wissen Sie? Ich war mit Dieter zusammen und hatte kein Interesse an irgendeinem Kerl in den Fünfzigern.«
    Bel verbarg ihre Enttäuschung. »Wissen Sie, was er von Beruf ist? Gabriels Vater, meine ich.«
    Giulia strahlte, sie war erfreut, dass sie wenigstens auf irgendetwas eine Antwort wusste. »Er ist Maler. Er malt Landschaften für die Touristen und verkauft an zwei Galerien, eine in San Gimignano und eine in Siena. Er ging auch zu solchen Festen, bei denen BurEst spielte, und bot dort seine Arbeiten an.«
    »Hat er so Matthias kennengelernt?«, fragte Bel und versuchte, nicht enttäuscht zu sein, dass Gabriels geheimnisvoller Vater nicht der Gutsverwalter Fergus Sinclair war. Aber schließlich würde ein Maler genau zu Cats Ausbildung und Neigungen passen. Vielleicht war Adams Vater jemand, den sie aus ihrer

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