Nacht unter Tag
die Verwandtschaft über die DNA feststellen, oder?«
»Ja. Sie wäre nicht so deutlich wie bei Vollgeschwistern, aber man würde eine Entsprechung feststellen.«
»Wenn du DNA hättest und du bekämst eine Probe, die diesen Grad der Entsprechung zeigt, und du wüsstest, dass die Person einen Halbbruder oder eine Halbschwester hat, meinst du, das wäre genug, um eine richterliche Anordnung zu bekommen, damit Proben von dem Halbbruder genommen werden können?«
River zögerte einen Moment. »Ich könnte Argumente liefern«, sagte sie. »Ich glaube, es würde genügen.«
Karen holte tief Luft. »Du weißt ja noch, dass wir Misha Gibsons DNA bekamen, um sie mit dem Skelett in der Höhle zu vergleichen?«
»Ja«, bestätigte River vorsichtig.
»Hast du die noch?«
»Ist dein Fall noch in Bearbeitung?«
»Wenn ich ja sagen würde, was wäre dann deine Antwort?«
»Wenn der Fall noch läuft, bin ich laut Gesetz berechtigt, die DNA -Ergebnisse noch aufzubewahren. Wenn er abgeschlossen ist, sollte die DNA zerstört werden.«
»Er wird noch bearbeitet«, versicherte Karen. Was, ganz genau genommen, ja auch stimmte, da die einzigen Beweise gegen Mick Prentice beim Todesfall von Andy Kerr nur auf Indizien beruhten. Sicher, das reichte, um die Akte zu schließen. Aber Karen hatte sie noch nicht zur Registratur zurückgeschickt, so war der Fall sozusagen noch nicht abgeschlossen.
»Dann habe ich die DNA noch.«
»Du solltest mir so schnell wie möglich eine Kopie mailen«, bat Karen und boxte vor Freude in die Luft. Sie sprang auf und machte ein paar Tanzschritte durchs Büro.
Fünfzehn Minuten später schickte sie eine Kopie von Misha Gibsons DNA mit einem Begleitschreiben per E-Mail an di Stefano in Siena.
Bitte lassen Sie Ihren DNA -Experten einen Vergleich machen. Ich glaube, dass dies eine Halbschwester des Mannes ist, der als Gabriel Porteous bekannt ist. Lassen Sie mich das Ergebnis wissen.
Die nächsten Stunden waren die reinste Folter. Am Feierabend war immer noch keine Nachricht aus Italien da. Als Karen nach Haus kam, konnte sie nicht vom Computer wegbleiben. Alle zehn Minuten sprang sie auf und checkte ihre E-Mails.
»Wie schnell die Leidenschaft verfliegt«, neckte Phil sie vom Sofa aus.
»Ja, genau. Wenn ich es nicht täte, würdest du es tun. Du bist genauso scharf darauf, Brodies Enkel zu überführen, wie ich.«
»Du hast mich vollständig durchschaut, Chefin.«
Es war kurz nach neun, als die erwartete Antwort von di Stefano hereinkam. Mit angehaltenem Atem öffnete Karen die Nachricht. Zuerst konnte sie es nicht glauben. »Keine Entsprechung?«, sagte sie. »Keine verdammte Entsprechung? Wie kann das sein? Ich war so sicher …«
Sie warf sich aufs Sofa und ließ Phil sie an sich ziehen. »Ich kann’s auch nicht glauben«, meinte er. »Wir waren alle so sicher, dass Adam der Mörder ist.« Er schnipste mit dem Finger dessen heuchlerische Stellungnahme vom Tisch, die Karen nach Haus mitgebracht hatte, um sie ihm zu zeigen. »Vielleicht sagt er die Wahrheit, so absurd es sich anhört.«
»Auf keinen Fall«, widersprach sie. »Mordende Marionettenspieler, die Bel durch Italien verfolgen? Da hab ich schon glaubhaftere Folgen von
Scooby Doo
gesehen.« Untröstlich kauerte sie sich zusammen, den Kopf unter Phils Kinn geschmiegt. Als ihr die neue Idee kam, fuhr ihr Kopf so plötzlich hoch, dass Phil sich fast die Zunge abbiss. Während er noch stöhnte, wiederholte Karen: »Wer kann schon so genau sagen, wer sein Vater ist?«
»Was?«, fragte Phil verblüfft.
»Was, wenn Fergus recht hat?«
»Karen, wovon redest du?«
»Alle dachten, dass Adam Fergus’ Kind sei. Auch Fergus meint das. Er hat ungefähr zur fraglichen Zeit mit Cat geschlafen, nur einmal. Vielleicht hatte sie Krach mit Mick. Oder vielleicht war sie wütend, weil es Samstagabend und er bei seiner Frau und seinem Kind war und nicht bei ihr. Es ist eben passiert, aus welchem Grund auch immer.« Karen hüpfte auf den Knien auf dem Sofa herum, die Aufregung machte sie fast wieder zum Kind. »Was, wenn Mick sich all die Jahre getäuscht hätte? Was, wenn Fergus wirklich Adams Vater ist?«
Phil packte sie und gab ihr einen lauten Schmatz auf die Stirn. »Ich hab dir doch von Anfang an gesagt, dass ich deinen Verstand liebe.«
»Nein, du hast gesagt, er sei sexy. Das ist nicht ganz das Gleiche.« Karen schmiegte sich an seine Wange.
»Wie auch immer. Du bist so schlau, dass es mich antörnt.«
»Meinst du, es ist zu spät, ihn
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