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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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beschäftigen. Und es gab um die Ecke einen guten Chinesen mit Lieferservice.
    Nach fünfzehn Minuten auf der Umgehungsstraße bogen sie in eine hübsche kleine Enklave frei stehender Backsteinhäuschen ein. Sie wirkten wie aus den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, stabil, schlicht und schön geschnitten. Billy Frasers Haus stand auf einem Eckgrundstück, umgeben von einem umfangreichen, gutangelegten Garten. »Ich lebe schon mein ganzes Leben in dieser Stadt und habe nicht einmal gewusst, dass es dieses Fleckchen gibt«, staunte Mark.
    Er folgte Otitoju den Weg entlang. Die Tür wurde von einer Frau geöffnet, die nicht viel größer als ein Meter fünfzig sein konnte. Sie war bereits über ihre besten Jahre hinaus. Silberne Strähnen durchzogen ihr hellbraunes, zum Bob geschnittenes Haar, die Haut am Kinn war nicht mehr straff, und sie hatte ein paar Pfund zu viel. Mark fand jedoch, sie sei ganz gut in Form für ihr Alter. Er legte gleich los, bevor Otitoju ihr Angst machen konnte. »Mrs.Fraser?«
    Die Frau nickte und sah besorgt aus. »Ja, das bin ich.« Einheimischer Dialekt, stellte Mark fest. Er hatte sich also keine Frau aus Fife mitgebracht.
    »Und wer sind Sie?«
    »Ich bin Mark Hall, und das ist meine Kollegin Femi Otitoju. Wir sind von der Polizei und müssten kurz mit Billy sprechen. Es gibt aber keinen Grund zur Sorge«, fügte er hastig hinzu, als er den Anflug von Panik auf Mrs.Frasers Gesicht sah. »Jemand, den er von früher kennt, ist in Fife als vermisst gemeldet worden, und wir müssen Billy ein paar Fragen stellen.«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Da werden Sie Ihre Zeit verschwenden, mein Lieber. Billy hat mit niemand aus Fife mehr Kontakt gehabt, außer mit den Jungs, mit denen er hier runterkam. Und das war vor mehr als zwanzig Jahren.«
    »Der Mann, den wir suchen, ist vor mehr als zwanzig Jahren verschwunden«, erklärte Otitoju kurz angebunden. »Wir müssen also mit Ihrem Mann sprechen. Ist er zu Haus?« Mark hätte sie am liebsten in den Hintern getreten, als er sah, wie Mrs.Frasers Gesicht abweisend und verschlossen wurde. Otitoju hatte auf jeden Fall kaum die Hände aufgehalten, als schwesterliche Anteilnahme verteilt wurde.
    »Er ist bei der Arbeit.«
    »Können Sie uns sagen, wo er arbeitet, meine Beste?«, fragte Mark und versuchte, das Gespräch so wieder in ruhigeres Fahrwasser zu lenken.
    Er konnte dem Gesicht der Frau ansehen, wie sie überlegte. »Warten Sie einen Moment«, sagte sie schließlich. Sie kam mit einem großen Terminkalender zurück, der am heutigen Tag aufgeschlagen war, und drehte ihn um, damit er den Eintrag sehen konnte. »Dort ist er.«
    Otitoju war schon dabei, die Adresse auf ihren kostbaren Merkzettel zu kritzeln. Mrs.Fraser bekam die Namen kurz zu Gesicht. »Da haben Sie Glück«, meinte sie. »Johnny Ferguson arbeitet heute mit ihm zusammen. Sie werden zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.« Ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen war sie nicht unbedingt der Meinung, dass dies nur bildlich gesprochen war.
    Die beiden ehemaligen Bergleute arbeiteten an einem Ort, der mit dem Auto in knapp fünfzehn Minuten erreichbar war, und renovierten auf der Hauptstraße ein Geschäft. »Vom Dönerimbiss ganz problemlos zum Laden für Bilderrahmen«, spöttelte Mark, auf die Hinweise deutend. Fraser und Ferguson waren schwer bei der Arbeit, Fraser meißelte einen Kanal für Kabel heraus, Ferguson zerlegte an einer der Wände die Sitzbank für Kunden, die hier auf ihre Bestellungen gewartet hatten. Sie hielten beide mit der Arbeit inne, als die beiden Polizeibeamten eintraten, und betrachteten sie argwöhnisch. Es war komisch, dachte Mark, dass manche Leute einen Polizisten immer sofort erkannten, während andere die Signale, die er und seinesgleichen aussandten, überhaupt nicht wahrnahmen. Es hatte nichts mit Schuld oder Unschuld zu tun, wie er naiverweise zuerst vermutet hatte. Es war nur ein Instinkt, mit dem sie den Jäger ausmachten.
    Otitoju stellte sie vor und erklärte, warum sie da waren. Fraser und Ferguson sahen beide verwirrt aus. »Warum sollte denn jemand glauben, dass er mit uns gegangen ist?«, wollte Ferguson wissen.
    »Und überhaupt: Warum denkt man, dass wir ihn mitgenommen hätten?« Billy Fraser wischte sich in einer Geste des Abscheus mit dem Handrücken über den Mund. »Mick Prentice hielt doch Leute wie uns für unter seiner Würde. Schon bevor wir als Streikbrecher weggingen, schaute er auf andere herab. Meinte, er sei was

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