Nacht unter Tag
zwischen uns und die Leute getrieben, für die wir da sind. Durch sie haben wir brutal ausgesehen und wurden dabei doch nur provoziert. Man sagt, sogar die Queen sei wegen der Schlägerei in Orgreave schockiert gewesen, aber was erwarteten die Leute denn? Wir sollen doch den Frieden der Königin schützen. Wenn die Leute es ablehnen, sich von der Polizei überwachen zu lassen, was können wir da sonst machen?«
Mark starrte sie an. »Du machst mir Angst«, meinte er.
Sie schien überrascht. »Ich frage mich manchmal, ob du den richtigen Beruf gewählt hast«, sagte sie.
Mark sah weg. »Das gilt für uns beide, Schätzchen. Für dich und für mich.«
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Rotheswell Castle
O bwohl sie fest entschlossen war, mit Sir Broderick Maclennan Grant genauso umzugehen wie mit jedem anderen auch, musste Karen doch zugeben, dass ihr Magen da nicht ganz mitmachte. Beklommenheit hatte auf ihre Verdauung stets diese Wirkung, nahm ihr die Lust am Essen und ließ sie immer wieder eilig zur Toilette stürzen. »Wenn ich noch mehr solche Gespräche zu führen hätte, bräuchte ich mir wegen einer Diät keine Gedanken zu machen«, seufzte sie, als sie und Phil zum Rotheswell Castle losfuhren.
»Ach, Diäten werden doch überschätzt«, erwiderte Phil mit der bequemen Überlegenheit eines Mannes, dessen Gewicht sich nicht geändert hatte, seit er achtzehn war, egal wie viel er aß oder trank. »Du bist doch ganz in Ordnung, so wie du bist.«
Gern hätte Karen ihm geglaubt, konnte es aber nicht. Niemand würde ihre untersetzte Figur attraktiv finden, es sei denn, man war viel stärker auf weibliche Gesellschaft angewiesen als Phil, der das nicht nötig hatte. »Na ja, schön.« Sie öffnete ihre Aktentasche und ging für Phil die wichtigsten Punkte der Fallakte durch. Kaum war sie am Ende ihrer Zusammenfassung angelangt, da bogen sie schon in die Toreinfahrt von Rotheswell ein. In der Ferne sahen sie über die kahlen Äste einer Baumgruppe hinweg das Schloss, aber bevor sie näher herankommen konnten, wurden ihre Personalien überprüft. Beide mussten aussteigen und ihre Ausweise der Videokamera entgegenhalten. Schließlich schwangen die massiven Holztore auf und gaben die Zufahrt zu einer Art Sicherheitsschleuse frei. Phil fuhr im Wagen weiter, Karen ging nebenher. Die Holztore schlossen sich hinter ihnen, und sie waren in einer Art riesigem Viehpferch eingesperrt. Zwei Security-Leute kamen aus einem Wachhaus und untersuchten den Wagen von außen und innen, ebenso Karens Aktentasche und die Taschen von Phils Dufflecoat.
»Der hat ja einen besseren Sicherheitsdienst als der Premierminister«, bemerkte Karen, als sie endlich die Einfahrt entlangfuhren.
»Ein neuer Premierminister ist leichter zu finden als ein neuer Brodie Grant«, entgegnete Phil.
»Ich könnte wetten, dass er jedenfalls so denkt.«
Als sie sich dem Haus näherten, kam ein älterer Mann mit Wachsjacke und Tweedmütze um das nächste Türmchen herum und winkte sie zur hinteren Seite der Kiesfläche vor dem Haus. Sobald sie geparkt hatten, war er verschwunden und ließ ihnen keine andere Wahl, als auf die wuchtigen, mit Nägeln beschlagenen Holztüren in der Mitte der Vorderfront zuzugehen. »Wo ist Mel Gibson, wenn man ihn braucht?«, murmelte Karen, hob den mächtigen eisernen Türklopfer und ließ ihn mit einem befriedigenden Donnern fallen. »Es ist ja wie in einem sehr schlechten Film.«
»Und wir wissen immer noch nicht, warum wir eigentlich hier sind.« Phil sah mürrisch aus. »Man kann sich kaum vorstellen, was nach diesem Vorspiel noch kommen soll.«
Bevor Karen antworten konnte, öffnete sich die Tür lautlos, die Scharniere perfekt geölt. Eine Frau, die Karen an ihre Grundschullehrerin erinnerte, sagte: »Willkommen auf Rotheswell. Ich bin Susan Charleson, Sir Brodericks persönliche Assistentin. Kommen Sie doch herein.«
Sie traten in eine Eingangshalle, in der man bequem Karens ganzes Haus hätte unterbringen können, wenn man das stattliche Treppenhaus herausgenommen hätte. Sie hatte keine Gelegenheit, mehr als den Eindruck von satten Farben und Wärme zu gewinnen, denn sie wurden sofort einen breiten Flur entlanggeführt. »Sie sind DI Pirie, nehme ich an«, wandte sich Susan Charleson an sie. »Aber den Namen und Dienstgrad Ihres Kollegen kenne ich nicht.«
»Detective Sergeant Phil Parhatka«, beantwortete er ihre Förmlichkeit so pompös, wie er konnte.
»Gut, jetzt kann ich Sie vorstellen«, erwiderte sie, trat zur Seite und öffnete
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