Nacht unter Tag
verfügt, so etwas durchzuführen. Aber ich muss Sie trotzdem fragen … Hatten Sie Auseinandersetzungen mit irgendeiner speziellen Interessengruppe? Mit einer Organisation, bei der es vielleicht ein paar Hitzköpfe gibt, die dies für eine gute Idee halten könnten?«
Grant hatte sich schon die gleiche Frage gestellt, während er auf die Polizei wartete. »Das Einzige, was mir einfällt, ist ein Problem, das wir vor ungefähr einem Jahr mit einer dieser ›Rettet die Wale‹-Organisationen hatten. Wir hatten ein Bauprojekt im Black-Isle-Gebiet, von dem die Aktivisten behaupteten, dass es den Lebensraum irgendwelcher Delphine in der Moray-Förde nachteilig beeinflussen würde. Natürlich alles Unsinn. Sie versuchten, unseren Bautrupp zu stoppen, die übliche Nummer, legten sich vor die Baumaschinen. Einer von ihnen wurde verletzt. Seine eigene Schuld, dass er so dumm war, was auch die Behörden so sahen. Aber das war alles. Sie gaben auf, und wir machten mit der Bauarbeit weiter. Und den Delphinen geht’s übrigens prächtig.«
Lawson wurde bei Grants Auskunft sichtlich munterer. »Trotzdem werden wir uns darum kümmern müssen«, meinte er.
»Ms Charleson hat alle Unterlagen. Sie kann Ihnen sagen, was Sie wissen müssen.«
»Danke. Ich muss Sie auch fragen, ob Ihnen irgendjemand einfällt, der einen persönlichen Groll gegen Sie hegt. Oder gegen jemanden in Ihrer Familie.«
Grant schüttelte den Kopf. »Ich bin alles in allem vielen auf den Schlips getreten. Aber mir fällt nichts ein, das jemanden provoziert haben könnte, so etwas zu tun. Sicher geht es doch um Geld und nicht um Gehässigkeit? Jedermann weiß, dass ich einer der reichsten Männer Schottlands bin. Es ist kein Geheimnis. Meiner Meinung nach liegt hier das offensichtliche Motiv. Irgendein Bastard will sich mein hartverdientes Geld unter den Nagel reißen. Und er glaubt, auf diese Art und Weise lässt sich das machen.«
»Das ist möglich«, pflichtete Lawson bei.
»Mehr als das. Es ist das wahrscheinlichste Szenario. Aber er wird auf keinen Fall damit durchkommen. Ich will meine Familie wiederhaben und will sie wiedersehen, ohne diesen Dreckskerlen auch nur einen Zentimeter entgegenzukommen.« Grant schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. Die beiden Polizisten fuhren bei dem plötzlichen Knall zusammen.
»Deshalb sind wir hier«, besänftigte Lawson. »Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um zu erreichen, was Sie sich wünschen.«
Damals war Grants Vertrauen noch intakt. »Das erwarte ich auch«, sagte er.
[home]
Freitag, 29. Juni 2007,
Rotheswell Castle
A ls Karen sich Grants Bericht über jenen ersten Morgen anhörte, an dem sich seine Welt verändert hatte, fiel ihr vor allem auf, dass alle annahmen, es gehe bei der Sache nur um Brodie Grant. Niemand schien in Betracht zu ziehen, dass die Person, die hier bestraft wurde, nicht Grant selbst war, sondern seine Tochter. »Hatte Catriona Feinde?«
Grant sah sie ungeduldig und missbilligend an. »Catriona? Wieso hätte sie Feinde haben sollen? Sie war eine alleinerziehende Mutter und Glaskünstlerin. Sie lebte kein Leben, das zu persönlichen Feindseligkeiten hätte führen können.« Er seufzte und presste die Lippen aufeinander.
Karen sagte sich, dass sie sich von seiner Haltung nicht einschüchtern lassen solle. »Tut mir leid. Ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich hätte fragen sollen, ob Sie von jemandem wussten, den sie verärgert hatte.«
Zufrieden nickte ihr Grant kurz zu, als hätte sie einen Test bestanden, von dem sie nichts geahnt hatte. »Der Vater des Kindes. Er war allerdings verärgert. Aber ich dachte eigentlich nie, dass er das Zeug dazu hätte, und Ihre Kollegen konnten keinerlei Beweise finden, die ihn mit dem Verbrechen in Verbindung brachten.«
»Sprechen Sie von Fergus Sinclair?«, fragte Karen.
»Von wem denn sonst? Ich dachte, Sie hätten sich zu den Hintergründen des Falls kundig gemacht?«, wollte Grant wissen.
Karen begannen langsam alle leidzutun, die sich mit Brodie Grants Gereiztheit abfinden mussten. Denn sie hatte den Verdacht, dass diese nicht nur gegen sie gerichtet war. »Sinclair wird in der Akte nur einmal als Adams mutmaßlicher Vater erwähnt«, erklärte sie, »in den Notizen zu einem Gespräch mit Lady Grant.«
Grant schnaubte. »Mutmaßlich? Natürlich war er der Vater des Jungen. Sie hatten sich jahrelang immer wieder gesehen. Aber was meinen Sie damit, dass Sinclair nur einmal erwähnt worden sein soll?
Weitere Kostenlose Bücher