Nacht unter Tag
fernhalten?«
Lawson zuckte mit den Schultern. »Der Entführer hat sich schuldig bekannt. Es war alles schon vorbei, bevor die Presse überhaupt Wind davon bekam. Wir sind hier in Fife ziemlich gut im Umgang mit Informationen.« Noch einmal ein kurzes Lächeln. »Sie sehen also, Sir, ich bin der Mann mit der entsprechenden Erfahrung.«
Grant warf ihm einen langen, prüfenden Blick zu. »Ich freue mich, das zu hören.« Er nahm eine Pinzette aus seiner Schublade und zog damit vorsichtig das leere Blatt Papier zur Seite, das er auf das Poster mit der Lösegeldforderung gelegt hatte. »Das ist heute früh mit der Post gekommen. Zusammen mit diesem …« Vorsichtig hob er das Polaroidfoto an den Ecken hoch und drehte es um.
Lawson beugte sich vor und studierte beide eingehend. »Und Sie sind sicher, dass das Ihre Tochter ist?«
Zum ersten Mal geriet Grants Selbstbeherrschung etwas ins Wanken. »Meinen Sie etwa, ich erkenne meine eigene Tochter nicht?«
»Nein, Sir. Aber fürs Protokoll muss ich festhalten, dass Sie ganz sicher sind.«
»Ich bin sicher.«
»In diesem Fall gibt es kaum noch Zweifel«, erklärte Lawson. »Wann haben Sie Ihre Tochter zuletzt gesehen oder von ihr gehört?«
Grant machte eine ungeduldige Handbewegung. »Ich weiß es nicht genau. Ich glaube, vor ungefähr zwei Wochen. Sie war mit Adam zu Besuch hier. Ihre Mutter hat bestimmt seitdem mit ihr telefoniert oder sie noch einmal gesehen. Sie wissen ja, wie Frauen sind.« Das Schuldgefühl, das er plötzlich empfand, war kein stechender, sondern ein eher langsam pulsierender Schmerz. Er bedauerte nichts, was er getan oder gesagt hatte; es tat ihm nur leid, dass es zu einem Zerwürfnis zwischen ihm und Cat gekommen war.
»Wir werden mit Ihrer Frau sprechen«, sagte Lawson. »Es wird uns helfen, eine Vorstellung davon zu bekommen, wann es passiert ist.«
»Catriona betreibt ein Geschäft. Vermutlich hätte jemand es bemerkt, wenn die Galerie geschlossen gewesen wäre. Es müssen Hunderte oder Tausende Personen jeden Tag dort vorbeifahren. Sie nahm es mit dem Schild, das ›offen‹ oder ›geschlossen‹ anzeigte, sehr genau.« Wieder das kühle, angespannte Lächeln. »Sie hatte Talent fürs Geschäftliche.« Er zog einen Notizblock heran und schrieb Catrionas Adresse und die Wegbeschreibung zur Galerie auf.
»Natürlich«, meinte Lawson. »Aber ich dachte, die Entführer sollten nicht wissen, dass Sie mit uns Kontakt aufgenommen haben?«
Grant war über seine eigene Dummheit bestürzt. »Tut mir leid. Sie haben recht. Ich kann nicht mehr klar denken. Ich …«
»Das ist meine Aufgabe, nicht Ihre.« Lawsons Stimme klang mitfühlend und freundlich. »Sie können sicher sein, dass wir keine Befragungen durchführen werden, die Verdacht erregen. Wenn wir auf relativ einfache, unauffällige Art und Weise nichts herausfinden können, dann lassen wir die Sache erst mal ruhen. Catrionas und Adams Sicherheit geht vor. Das verspreche ich Ihnen.«
»Ich erwarte, dass Sie dieses Versprechen halten. Also, was ist der nächste Schritt?« Grant hatte sich wieder im Griff, war aber gereizt wegen der Gefühle, die ihn immer wieder aus der Bahn zu werfen drohten.
»Wir werden Ihre Telefonleitung anzapfen und überwachen, falls man Sie auf diese Weise zu kontaktieren versucht. Und Sie werden für mich in Catrionas Wohnung gehen müssen. Denn die Entführer werden das erwarten. Sie müssen also meine Augen in ihrem Haus sein. Alles, was nicht an Ort und Stelle oder ungewöhnlich ist, müssen Sie notieren. Sie werden eine Aktentasche oder so etwas Ähnliches mitnehmen müssen, denn wenn zum Beispiel zwei Tassen auf dem Tisch stehen, könnten Sie sie für uns heraustragen. Wir werden auch etwas von Catriona brauchen, damit wir ihre Fingerabdrücke nehmen können. Eine Haarbürste wäre ideal, dann haben wir auch gleich ihr Haar.« Lawson klang eifrig.
Grant schüttelte den Kopf. »Sie werden meine Frau bitten müssen, das zu tun. Ich bin kein sehr guter Beobachter.« Er hatte nicht die Absicht, zuzugeben, dass er die Wohnung nur einmal betreten hatte, und auch da nur zögernd. »Sie wird froh sein, etwas zu tun zu haben. Sich nützlich zu machen.«
»Gut, wir werden uns darum kümmern.« Lawson tippte mit einem Stift auf das Poster. »Oberflächlich betrachtet sieht es eher nach einer politischen Tat als nach einem persönlichen Motiv aus. Und wir werden beim Geheimdienst anfragen, ob es eine Gruppe gibt, die über die Mittel und die Entschlossenheit
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