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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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wiederholen, was er schon Mick Prentice’ Tochter gesagt hatte. »Das Leben ist zu verdammt kurz, um meine Kraft zu verschwenden und das Zeug zweimal durchzukauen«, hatte er gesagt und ihnen dann die Tür vor der Nase zugeschlagen.
    Otitoju war tiefrot wie eingelegte rote Bete angelaufen, hatte schwer durch die Nase geschnauft und die Hände zu Fäusten geballt. Und sie hatte doch tatsächlich den Fuß zurückgezogen, als wolle sie der Tür einen Tritt versetzen. Ziemlich heftig, wenn man bedachte, wie schmächtig sie war. Mark hatte ihr die Hand auf den Arm gelegt. »Lass, Femi. Er hat das Recht dazu. Er muss nicht mit uns reden.«
    Otitoju hatte sich umgedreht, ihr ganzer Körper war verkrampft vor Wut.
    »Das dürfte nicht erlaubt sein«, knurrte sie. »Sie sollten verpflichtet sein, mit uns zu sprechen. Es sollte verboten sein, dass Leute sich weigern, unsere Fragen zu beantworten. Das sollte als strafbare Handlung gelten.«
    »Er ist Zeuge, kein Krimineller«, erinnerte sie Mark, von ihrer Heftigkeit erschreckt. »Das hat man uns bei der Einarbeitung gesagt. Die Polizeiarbeit beruht auf Zustimmung, nicht auf Zwang.«
    »Aber es ist nicht richtig«, beharrte Otitoju und stürmte zum Wagen zurück. »Sie erwarten, dass wir Fälle lösen, geben uns aber nicht das Handwerkszeug dazu. Für wen hält er sich eigentlich?«
    »Er ist jemand, der sich seine Meinung über die Polizei 1984 gebildet hat. Hast du nie die Zeitungsberichte von damals gesehen? Berittene Polizisten gingen wie Kosaken auf die Streikposten los. Wenn wir unsere Schlagstöcke so einsetzten, hätten wir eine Anklage am Hals. Es war nicht unsere beste Stunde. Es ist also nicht wirklich überraschend, dass Mr.Laidlaw keine Lust hat, mit uns zu reden.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich frage mich nur, was er zu verbergen hat.«
    Die Fahrt durch die Stadt von Iain Macleans Haus zum Arboretum hatte auch nicht gerade dazu beigetragen, ihre Stimmung zu heben. Mark holte sie ein. »Überlass mir das, okay?«, bat er.
    »Meinst du etwa, ich kann keine Befragung durchführen?«
    »Nein, das meine ich nicht. Aber ich kenne Bergarbeiter gut genug, um zu wissen, dass sie ein ziemlicher Macho-Verein sind. Du hast ja bei Ferguson und Fraser gesehen, wie wenig begeistert sie waren, dass du Fragen gestellt hast.«
    Otitoju blieb abrupt stehen, legte den Kopf in den Nacken und ließ den Regen wie kalte Tränen über ihr Gesicht laufen. Dann richtete sie sich auf und seufzte: »Gut. Dann beugen wir uns eben ihren Vorurteilen. Red du mit ihnen.« Dann ging sie weiter, diesmal in einem gemesseneren Tempo.
    Sie erreichten den chinesischen Glockenturm und fanden dort zwei Männer mittleren Alters in den Arbeitsanzügen der städtischen Betriebe, die sich wegen des Platzregens untergestellt hatten. Dünne Säulen stützten das elegante Dach, das aber wenig Schutz gegen den auf Windböen hereindringenden Regen bot, allerdings war es besser, als völlig ungeschützt im Freien zu stehen. »Ich suche Iain Maclean«, erklärte Mark und schaute vom einen zum anderen.
    »Das bin ich«, sagte der kleinere der beiden mit hellblauen, glänzenden Augen im gebräunten Gesicht. »Und wer sind Sie?«
    Mark stellte sie beide vor. »Gibt es hier irgend’n Lokal, wo man eine Tasse Tee trinken könnte?«
    Die beiden Männer schauten sich an. »Wir sollen eigentlich die Rabatten in Ordnung bringen, aber wir wollten gerade aufgeben und in die Gärtnerei zurückgehen«, räumte Maclean ein. »Hier ist kein Café, aber Sie könnten mit zu uns kommen, und wir könnten dort Tee oder Kaffee machen.«
    Zehn Minuten später saßen sie zusammengedrängt in der hinteren Ecke eines großen Gewächshaustunnels, abseits von den anderen Gärtnern, deren neugierige Blicke bald nachließen, als ihnen klar wurde, dass sich hier nichts Aufregendes tat. Der Geruch nach Erde hing schwer in der Luft und erinnerte Mark an die Hütte im Schrebergarten seines Großvaters. Iain Maclean legte seine großen Hände um den Teebecher und wartete, bis sie sprachen. Er hatte weder Überraschung über ihr Kommen gezeigt noch gefragt, warum sie da seien. Mark vermutete, dass Fraser und Ferguson ihn vorgewarnt hatten.
    »Wir wollten mit Ihnen über Mick Prentice sprechen« begann er.
    »Was ist mit Mick? Ich habe ihn nicht gesehen, seit wir in den Süden runtergekommen sind«, erklärte Maclean.
    »Und sonst hat ihn auch niemand gesehen«, sagte Mark. »Alle nahmen an, dass er mit Ihnen in den Süden gegangen war, aber

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