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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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anbelangt – Ben Reekie war Gewerkschaftsfunktionär. Alle möglichen Leute schuldeten ihm einen Gefallen. Tu nicht so, als wüsstest du das nicht.«
    Phil aß seinen Fisch auf und schob den Teller von sich. Er hob die Hände und streckte Karen die Handflächen entgegen, was heißen sollte, dass er aufgab. »Und was machen wir jetzt?«
    »Die Steinbrocken wegschaffen und nachsehen, was dahinter ist«, antwortete sie, als läge diese Antwort auf der Hand.
    »Und wie sollen wir das anstellen? Soweit es die Makrone angeht, ermittelst du nicht einmal in dem Fall. Und selbst wenn es offiziell so wäre, würde er niemals sein kostbares Budget so stark belasten und wegen zweier Leichen, die wahrscheinlich gar nicht dort liegen, eine archäologische Grabung genehmigen.«
    Karen stoppte die Gabel voller Taubenbrust auf ihrem Weg zum Mund. »Was hast du gerade gesagt?«
    »Es gibt keine Mittel dafür.«
    »Nein, nein. Du hast gesagt ›eine archäologische Grabung‹. Phil, wenn uns jetzt diese Taube hier nicht im Weg wäre, würde ich dich am liebsten küssen. Du bist ein Genie.«
    Phil rutschte das Herz in die Hose. Es war schwierig, nicht dem Gefühl nachzugeben, dass er wieder mal in einen ganz schönen Schlamassel geraten war.

[home]
Kirkcaldy
    M anchmal war es vernünftiger, gewisse Anrufe von zu Hause statt vom Arbeitsplatz aus zu erledigen. Karen wollte nicht, dass die Makrone etwas von dem witterte, was sie vorhatte, bevor sie alles tatsächlich in die Wege geleitet und festgeklopft hatte. Phils Worte hatten eine Kettenreaktion in ihrem Gehirn ausgelöst. Sie wollte das Geröll von diesem Einsturz beiseitegeräumt sehen. Die Zeitangaben, die Arnold Haigh ihr gegeben hatte, boten ihr die Möglichkeit, die Aktion unter dem Vorwand einer möglichen Verbindung mit dem Fall Grant an der Makrone vorbeizumogeln. Aber je billiger sie alles abwickeln konnte, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass er zu viele Fragen stellen würde.
    Sie setzte sich mit Telefon, Notizblock und Adressenbüchlein an den Esstisch. Obwohl Karen mit den technischen Möglichkeiten der modernen Zeit gut klarkam, hatte sie doch noch eine Zusammenstellung von Namen, Adressen und Telefonnummern auf Papier. Sie argumentierte, dass sie auf diese Weise immer noch die Leute aufspüren könnte, die sie finden musste, auch wenn die Welt einmal einen elektronischen GAU erleben sollte. Es war ihr natürlich auch aufgefallen, dass es in diesem Fall sowieso keine funktionierenden Telefone geben würde und auch die Transportwege katastrophengeschädigt wären, aber trotzdem fühlte sie sich mit ihrem Adressbuch sicherer. Und wenn es je notwendig wäre, wäre es sehr viel leichter, es völlig zu zerstören, als die Daten von einem elektronischen Speicher zu löschen, ohne Spuren zu hinterlassen.
    Sie schlug die entsprechende Seite auf und fuhr mit dem Finger von oben nach unten, bis sie bei Dr.River Wilde ankam. Die forensische Anthropologin war eine der Mentorinnen in einem Kurs gewesen, den Karen belegt hatte. Den Kriminalbeamten sollte eine wissenschaftliche Sicht auf das Vorgehen an Tatorten vermittelt werden. Oberflächlich betrachtet wäre es schwierig gewesen, etwas zu finden, das die beiden Frauen einander nahebrachte. Aber sie hatten sich trotzdem sofort verbunden gefühlt. Obwohl sie es nicht so in Worte fassen würden, lag es an der Art und Weise, wie beide sich an die Regeln zu halten schienen, dabei aber unterschwellig die Autorität derer untergruben, die sich ihren Respekt nicht verdient hatten.
    Es gefiel Karen, dass River ihr Publikum nie mit Wissenschaft zu blenden versuchte. Ob sie vor einer Gruppe Polizisten sprach, deren schulischer Bildungsweg als Teenager zu Ende gegangen war, oder ob sie eine Anekdote an der Bar erzählte: Es gelang ihr immer, komplizierte Informationen in einer Form rüberzubringen, die ein Laie verstehen und erfassen konnte. Manche ihrer Geschichten waren haarsträubend, andere zum Totlachen, wieder andere ließen ihre Zuhörer nachdenklich innehalten.
    Die zweite Gemeinsamkeit, die River zu einer großartigen Verbündeten qualifizierte, war, dass der Mann in ihrem Leben Polizist war. Karen hatte ihn noch nicht kennengelernt, aber nach allem, was River erzählt hatte, klang er wie ein Kollege nach ihrem Geschmack. Keine großen Reden, nur der engagierte Wunsch, den Dingen auf den Grund zu gehen.
    So hatte sie nach dem Forensikkurs ein besseres Verständnis für ihren Beruf, aber auch das Gefühl, eine neue

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