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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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trocknete es ab und stellte es in den Schrank. Die leeren Bierflaschen warf ich, nachdem ich alle Fingerabdrücke abgewischt hatte, in Murphys Recyclingtonne.
    Dann ging ich zurück ins Wohnzimmer und sah den Beutel mit den Salzbrezeln, der immer noch auf dem Couchtisch stand. Weil meine Fingerabdrücke sowohl außen als auch innen an dem Zellophansäckchen sein konnten, steckte ich es einfach in die Papiertüte mit dem Geld.
    Okay, ich will Sie jetzt nicht mit der Beschreibung jedes einzelnen Handgriffs langweilen, der zum Aufräumen von Murphys Wohnung nötig war. Wer will so etwas schon lesen? Wenn es Ihnen nichts ausmacht, liste ich den Rest deshalb nur tabellarisch auf.
    Hier ist also (und zwar in der richtigen Reihenfolge) alles, was ich tat, bevor ich Murphys Wohnung verließ:

    1.
    Ich steckte das mir gewidmete Exemplar von Tote Augen in eine Einkaufstüte.
    2.
    Ich warf das Röhrchen mit den Kopfschmerztabletten in meine Handtasche.
    3.
    Ich band die Stricke von den Bettpfosten und tat sie ebenfalls in die Einkaufstüte mit dem Buch.
    4.
    Ich suchte das Messer, mit dem Murphy die Stricke durchschnitten und meine Haut angeritzt hatte, und wusch es im Spülbecken ab, bevor ich es in die Besteckschublade legte.
    5.
    Ich spülte das Kondom und seine Verpackung im Klo hinunter (und wischte danach Klodeckel und Spültaste noch einmal ab).
    6.
    Ich zog Bettdecke und Kissen ab und stopfte die Bezüge zusammen mit dem Leintuch in eine weitere Einkaufstüte.
    7.
    Ich bezog Bettdecke und Kissen neu und legte ein neues Leintuch aufs Bett.
    8.
    Ich
    arrangierte
    Murphys
    Badehose
    und
    sein

    Bear‐Whizz‐Bier‐T‐Shirt so auf dem Bett, dass es aussah, als hätte er die Sachen beim Ausziehen achtlos dort hingeworfen.
    9.
    Ich holte fünf Exemplare von Schlangengrube aus der Küche, verpackte sie und schrieb Murphys Absender sowie die Adresse, die er sich auf der Rückseite des Fernsehprogramms notiert hatte, auf das Paket.
    10. Im Bad drehte ich die Dusche auf und ließ sie auf Murphy herunterbrausen.
    11. Ich ließ den Duschvorhang offen und die Dusche laufen.
    12. Ich suchte meine Kleider und Schuhe zusammen und zog mich an.
    13. Ich setzte die Perücke wieder auf.
    14. Ich legte das Päckchen mit den Büchern obenauf in die Einkaufstüte mit dem Geld.
    15. Ich stellte die Einkaufstüten und meine Handtasche neben die Eingangstür.

    Das war so ungefähr alles. Das Ganze dauerte eine Weile, vor allem das Verpacken der Bücher für den Versand brauchte Zeit, denn ich musste erst Klebeband und Schere finden, eine Papiertüte zerschneiden, um Packpapier zu haben und dabei noch höllisch aufpassen, dass ich keinerlei Fingerabdrücke auf Büchern oder Verpackungsmaterial hinterließ. Eine schwierige Aufgabe.
    Trotzdem fühlte ich mich nicht schlecht dabei. Auch wenn ich den armen Kerl umgebracht hatte, sollte ihm die Chance auf Verfilmung seines Buchs nicht entgehen.
    Als alles erledigt und ich bereit war, die Wohnung zu verlassen, machte ich noch einen letzten Kontrollgang. Ich räumte einige wenige Dinge auf, die noch am falschen Ort waren, und wischte im Vorbeigehen über diverse Oberflächen, auf denen ich vielleicht doch noch Fingerabdrücke hinterlassen hatte.
    Ins Badezimmer ging ich jedoch nicht noch einmal. Der Boden dort war nass von der noch immer laufenden Dusche, und die Luft war so voller Dampf, dass ich Murphy in seiner Wanne ohnehin nicht hätte sehen können.
    Als ich an der Wohnungstür stand, überlegte ich mir, dass eine Tüte wohl doch besser wäre als zwei und stopfte die Papiertüte mit der Bettwäsche noch in die andere mit dem Geld und den Büchern hinein. Dann hängte ich mir meine Handtasche über die Schulter und setzte die Sonnenbrille auf.
    Die Papiertüte war ziemlich schwer. Mit dem rechten Arm drückte ich sie mir an die Brust, während ich mit der linken Hand (geschützt durch den Stoff meines Rocks) den Türknauf drehte.
    Ich öffnete die Tür und blickte nach draußen.
    Aus einer der Nebenwohnungen war das Geräusch eines Staubsaugers zu hören, und aus einer anderen ein laut aufgedrehter Fernseher.
    Menschen sah ich keine.
    Und so trat ich ins Freie, zog die Tür hinter mir ins Schloss und ging mit forschen Schritten den Gehsteig entlang.

    Letzte Pflichten
    Charakterstärke liegt manchen Menschen in den Genen. Andere müssen sie entwickeln. Glauben Sie mir, es gibt kaum einen besseren Ort dafür als eine Schlange in einem Postamt, in der man als einzige Frau unter Männern steht.

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