Nacht
die Grillen.
»Das war nicht gut genug«, flüsterte mir Steve ins Ohr und drückte die Spitze des Säbels so tief in den Spalt, dass sie sich in meine Haut bohrte.
»HEY, JUDY, NUN MACH SCHON! ES TUT MIR ALLES WIRKLICH
FURCHTBAR LEID! ICH WEISS, DASS ICH DIR WEHGETAN HABE. DAS
WAR NICHT RICHTIG. BITTE, LASS MICH DIR JETZT HELFEN!«
Nichts.
»Vielleicht ist sie den Knebel doch nicht losgeworden«, flüsterte ich Steve zu.
»Oder sie hat Angst«, sagte er. »Ich wusste, dass der Knebel nicht besonders gut hält, deshalb habe ich ihr gesagt, dass sie auf keinen Fall schreien darf, sonst komme ich zurück und tue ihr ganz schlimme Dinge an. Mit meinen Zähnen, du weißt schon. Und mit glühenden Ästen.« Ich konnte es zwar nicht sehen, aber ich wusste, dass Steve bei diesen Worten sadistisch grinste. »Und zwar an ganz zarten, intimen Stellen.«
»Du Schwein.«
Er stach mich.
»Aua!«
»Bei einem Mann, der einen Säbel hat, sollte man sich überlegen, was man sagt.«
Ein dünnes Rinnsal Blut rann zwischen den Brüsten nach unten.
»Was soll ich ihr sagen?«, fragte ich.
»Ist mir egal. Hauptsache, es funktioniert.«
»Vielleicht kann sie mich ja überhaupt nicht hören, weil sie längst auf und davon ist.«
»Das glaube ich nicht. Versuch es noch einmal.«
»JUDY!«, schrie ich. »ER LEBT. ER HÄLT MICH GEFANGEN. HALT
DEN MUND, DANN FINDET ER DICH NICHT.«
»Du mieses Stück Dreck!«, fauchte Steve und bewegte die Klinge nach oben.
Während ich versuchte, einen Schritt rückwärts zu machen, riss sie mir die Haut zwischen den Brüsten auf, verfehlte um Haaresbreite meine Kehle und verpasste mir noch einen kleinen Schnitt am Kinn. Dann fiel ich auf den Rücken.
Ich krachte so fest auf den Boden, dass es mir den Atem raubte, aber wenigstens lagen an der Stelle keine spitzen Äste oder Steine.
Steve stürzte sich mit dem Säbel auf mich.
Die Spitze der Klinge drang durch den Stoff meines Rocks und meines Höschens und piekte mich in den Bauch.
»Nicht!«, schrie ich.
Und dann hörte ich auf einmal ziemlich in der Nähe Judy rufen:
»LASS SIE IN RUHE! ICH BIN HIER DRÜBEN.«
Steve drehte den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam.
»TU IHR NICHTS, STEVE. ICH BIN HIER IM LAGER.«
»Okay«, rief er. »Bleib, wo du bist und rede weiter, bis wir dich gefunden haben.«
Er nahm den Säbel von meinem Unterleib und machte einen Schritt zur Seite. Dann zog er mich an dem Kabel auf die Beine.
»Sag was, Judy!«, rief er in die Dunkelheit.
»Ich bin hier drüben.«
Er zerrte mich in die Richtung, aus der die Stimme kam.
»Lauter!«
»Geht es dir gut, Alice?«, fragte Judy.
»Ja. Bestens. Und dir?«
»Mir ist es schon mal besser gegangen.«
»Was hat Steve mit dir gemacht?«
»Er hat …«
»Okay, meine Hübschen, das genügt«, sagte Steve so laut, dass auch Judy es hören konnte. »Kein Wort mehr, sonst tut es euch später leid. Fang an zu zählen, Judy.«
»Du kannst mich mal.«
»Los, zähle: Eins, zwei, drei, vier …«
»Scher dich zum Teufel.«
Als sie das sagte, riss Steve brutal an dem Elektrokabel, und ich flog, während meine Arme nach vorne gerissen wurden, voll auf die Schnauze.
Nicht noch einmal!
»AUA!«, brüllte ich laut.
»Was hast du mit ihr gemacht?«, rief Judy.
»Das war nicht ich«, antwortete Steve. »Das warst du.«
Anstatt mir Zeit zum Aufstehen zu geben, zerrte er mich an dem Kabel hinter sich her über den Waldboden.
»Alice?«, fragte Judy.
Ihre Stimme klang so, als wäre sie nicht weiter als ein paar Meter entfernt.
»HAU AB!«, schrie ich, während Steve mich brutal hinter sich her zog. »MACH, DASS DU WEGKOMMST!«
»Ich kann nicht.«
Die Aufnahmeprüfung
Eine Viertelstunde später lag ich bäuchlings auf der Erde, die Beine weit gespreizt, die Arme über dem Kopf ausgestreckt. »Halt bloß still«, warnte Steve.
Er kauerte sich neben meine gefesselten Hände und schürte das Lagerfeuer. Nachdem er einige Stöcke hineingelegt hatte, schlugen die Flammen prasselnd hoch, und ich spürte ihre Wärme. Das Feuer knisterte und knackte. Steve legte immer dickere Äste nach, und bald brannte das Feuer wieder lichterloh.
»Okay«, sagte Steve. »Auf die Knie.«
Ich stemmte mich hoch und setzte mich auf meine Fersen.
Und blickte mich um. Das Lager sah aus wie in der Nacht zuvor, nur Judy hing nicht mehr am Baum. Ich konnte sie nirgends entdecken.
Steve drückte meine gefesselten Hände gegen meinen Bauch, dann wickelte er das Kabel ein paarmal
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