Nacht
auch!
Ich beschloss also, einen großen Bogen um das Zelt zu machen, dann konnte ich dort auch nicht die allerkleinste Spur hinterlassen.
Und so ging ich zu Judy, die im Licht des frisch entfachten Feuers wieder hell und golden glänzte und nach wie vor mit über den Kopf gefesselten Händen an ihrem Ast hing. Obwohl sie keinen Knebel mehr im Mund hatte, atmete sie noch immer unregelmäßig und abgehackt.
»Du hast mir das Leben gerettet, Alice«, sagte sie mit rauer, zittrig klingender Stimme.
»Ich weiß.«
»Ich habe nichts gegen dich.«
»Wer hat das denn behauptet?«
»Niemand. Aber sieh doch mal … Ich weiß, dass du Angst hast, ich könnte dich bei der Polizei verpfeifen, aber das werde ich nicht tun.«
»Verpfeifen? Wegen was denn?«
Sie schaute mir direkt in die Augen und sagte: »Weil du Tony umgebracht hast.«
»Ich soll Tony umgebracht haben?«
Sie nickte. »Du hast gerade seine Geldbörse ins Feuer geworfen, oder etwa nicht? Und seine Schlüssel.«
»Wer sagt das?«
»Ich. Du hast Tony getötet, und dann wolltest du in seiner Wohnung irgendwelche Spuren beseitigen, bist aber aus Versehen bei mir gelandet, und jetzt glaubst du, dass du auch mich umbringen musst, weil ich weiß wie du aussiehst. Das stimmt doch, oder?«
»Richtig, Sherlock.«
»Aber du musst mich nicht umbringen, okay?«
»Doch, leider muss ich das.«
»Nein, musst du nicht. Wie schon gesagt, du hast mir das Leben gerettet, und ich werde deshalb niemals etwas tun, was dich ins Gefängnis bringen könnte oder so.«
»Macht es dir denn überhaupt nichts aus, dass ich deinen Ex‐Geliebten umgebracht habe?«
Sie gab mir nicht sofort eine Antwort.
»Ich würde mir an deiner Stelle was Gutes einfallen lassen«, sagte ich.
»Doch, es macht mir was aus«, sagte sie schließlich.
»Natürlich. Schließlich haben wir uns einmal wirklich geliebt.
Aber andererseits hatte er den Tod auch irgendwie verdient.«
»Das kann ich nicht beurteilen«, sagte ich.
»Seit er mich verprügelt hat, bin ich seine Feindin. Und du bist jetzt meine Freundin, weil du Milo getötet hast.«
»Das fette Arschloch hieß Milo? Woher weißt du das?«
»Weil er es mir gesagt hat. Das ist aber auch schon alles, was ich über ihn weiß. Viel wichtiger ist, dass du mich vor ihm gerettet hast.
Ohne dich hätte er mich irgendwann mal in sein Zelt gezerrt und dann …« Ihr Kinn zitterte. »Auf jeden Fall wirst du jetzt für immer meine Freundin bleiben. Ich werde dich niemals verraten.«
»Bist du dir da sicher?«
Sie schaute auf das Messer in meiner Hand und sagte sehr rasch:
»Hör zu, Alice, ich habe einen Plan.«
»Ich soll dich nicht umbringen, habe ich recht?«
»Hörst du mir bitte zu?«
»Ich habe keine Zeit. Ich muss heute Nacht noch …«
»Verdammt noch mal, ich bin Milos Opfer «, schrie Judy mich an.
»Ich habe seinen ekelhaften Samen in mir.«
»Wirklich?«
»Was glaubst du denn? Zehn Minuten, nachdem ich von dir weggelaufen bin, hat er mich im Wald geschnappt und auf der Stelle vergewaltigt.«
Bei dem Gedanken, dass dieser dreckige, blutverkrustete Fettsack Judy sabbernd und keuchend seinen widerwärtigen Pimmel hineingesteckt hatte, wurde mir speiübel.
»Also kann ich der Polizei sagen, dass ich ihn getötet habe. Und zwar in Notwehr.«
»Klar doch.«
»Nein, hör mir zu. Ich werde ihnen erzählen, dass Tony und ich hier auf dem Parkplatz im Auto rumgemacht haben. Als wir es dann auf dem Picknicktisch treiben wollten, ist plötzlich Milo gekommen und hat Tony umgebracht. Damit bist du, was Tony betrifft, aus dem Schneider.«
»Das bin ich auch, wenn ich dich jetzt umbringe.«
»Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Und außerdem willst du mich gar nicht töten. Das stimmt doch, oder?«
»Erzähl einfach weiter.«
»Okay. Also Milo bringt Tony um, und ich laufe in den Wald. Milo rennt mir hinterher und erwischt mich. Ich kann der Polizei genau die Stelle zeigen, wo er mich vergewaltigt hat. Meine Kleider liegen da, und sein Samen in meiner Scheide ist ein weiterer Beweis dafür.«
»Und was ist mit deinem Schlüpfer, der zerrissen irgendwo in der Nähe des Picknicktischs liegt?«
»Den kann mir Tony vom Leib gerissen haben. Das hat er tatsächlich öfter gemacht.«
»Ich weiß.«
»Den Rest meiner Klamotten finden sie an der Stelle im Wald.
Und wenn sie genau suchen, finden sie auch noch andere Sachen.«
»Was denn?«
»Du weißt schon.«
»Dein Blut und seinen Samen?«
Sie nickte und sagte: »Und unsere
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