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Nachtblauer Tod

Nachtblauer Tod

Titel: Nachtblauer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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schlechte Gewissen in ihm auf.
    Durfte er das? War das nicht Diebstahl? Aber dann verwarf er alle Bedenken. Seine Mutter war ermordet worden, vermutlich sogar von Jörg Parks. Sein Vater saß unschuldig im Gefängnis, da konnte er sich wenig Rücksichtnahme und Gefühlsduseleien erlauben. Er musste handeln, und zwar rasch.
    Er hatte jetzt mehr, als jedes Gespräch mit Parks bringen konnte.
    Leon stellte die Dose wieder so ins Regal, dass nicht auffiel, dass sie leer war. Aber sie hielt die Bücher nicht. Sie war zu leicht geworden, oder er hatte sie nicht im richtigen Winkel hingestellt, jedenfalls fielen die Bildbände um. Wie Dominosteine klappte ein Buch gegen das andere. Zwei segelten aus dem Regal, der dicke Fotoband »Golfspielen für Anfänger« schob die Keksdose über den Rand des Regals. Sie schepperte auf den Boden. Blitzschnell bückte Leon sich und sammelte die Sachen wieder ein.
    Hoffentlich kommt Frau Parks jetzt nicht rein, dachte er, oder schlimmer noch: Jörg Parks persönlich.
    Zettel flatterten aus einem Buch und verteilten sich unterm Bett. Leon kroch fast auf dem Bauch, um sie zu ergattern. Da krachte der Band »Die schönsten Golfplätze der Welt« wie ein Ziegelstein in seinen Rücken. Er presste die Zähne aufeinander, um ein Aufstöhnen zu unterdrücken.
    Dann erhob er sich und bog erst einmal sein Kreuz durch. Die Wirbelsäule schmerzte. Bevor Leon die Tür öffnete, sah er noch einmal ins Zimmer zurück. Er schüttelte sich. Das durfte doch alles gar nicht wahr sein.
    Die Briefe glühten geradezu in seiner Jacke, direkt über seinem Herzen, als Leon in den Flur trat.
    Frau Parks kam ihm gerade mit einem Glas entgegen. »Ich habe Ihnen ein Glas Apfelschorle gemacht. Äpfel aus dem eigenen Garten. Ich mache unsere Säfte ja immer noch selber. Mein Mann lacht darüber, der sagt, Apfelsaft gibt es für ein paar Cent in jedem Supermarkt, und ich soll mir die sinnlose Arbeit nicht machen. Aber ich finde, der schmeckt, einfach anders. Besser. Viel besser. Probieren Sie mal.«
    Hatte die vorhin auch so eine nervtötende Stimme gehabt, fragte Leon sich. Außerdem redete sie plötzlich wie ein Wasserfall.
    Hatte sie inzwischen mit ihrem Sohn telefoniert?
    Wusste sie jetzt, wer Leon Schwarz war?
    Hatte sie ihm irgendwelche K.o.-Tropfen in den trüben Saft gemischt?
    Wieso hatte sie ihm vorhin ein Glas Wasser angeboten und kam jetzt mit Saft?
    Er würde das Zeug auf keinen Fall trinken. Bissig sagte er: »Nein, danke!«
    Die offene Aggressivität in Leons Haltung und Stimme ließ Frau Parks zurückzucken. »Ich wollte doch nur nett sein. Ich dachte, Sie sind ein Freund von Jörg.«
    Leon drängte sich in dem schmalen Flur an ihr vorbei. Das Glas in ihrer Hand wackelte. Saft schwappte heraus. Seine Hose wurde feucht.
    »Sie sind gar kein Freund von Jörg!«, sagte sie und stampfte mit dem rechten Fuß auf. Dann rief sie: »Heeermann! Heeermann!«
    Sie wollte Leon festhalten, aber der riss sich los und stieß sie zurück. Das Glas fiel auf den Boden. Leon rannte zur Haustür. Er bekam sie nicht sofort auf.
    Verdammt, hatte sie abgeschlossen? Sogar die Kette war wieder eingehakt.
    Hermann Parks, der rüstige Rentner, stürmte heran. Leon sah seinen zittrigen Fingern zu, wie sie an der Kette herumrasselten.
    »Das ist der Junge, der seine Mutter umgebracht hat!«, rief Frau Parks aufgebracht.
    Endlich hatte Leon die Kette los. Die Tür flog auf, und Leon sprang nach draußen. Er öffnete das Gartentor nicht, er sprang darüber. Bei den Bundesjugendspielen hätte er für seine sportliche Leistung vermutlich eine Ehrenmedaille bekommen. Er rannte, bis er sicher war, von niemandem mehr verfolgt zu werden. Dann lehnte er sich kraftlos an eine Laterne und kämpfte mit den Tränen, während er um Luft rang.

32
    Der Anruf erreichte Kommissar Büscher über sein privates Handy. Er wunderte sich, die Stimme der Frau kam ihm unbekannt vor. Sie behauptete aber, sie sei eine alte Freundin von ihm. Da er mit ihrem Namen zunächst nichts anzufangen wusste, war sie ein bisschen beleidigt. Trotzdem wollte sie lieber mit ihm als mit irgendeinem anderen Polizisten reden.
    Sie behauptete, ein Mann würde sie beobachten. »Halten Sie mich bitte nicht für überkandidelt, Herr Büscher! Aber ich bilde mir das bestimmt nicht ein. Vor ein paar Tagen, als ich in der Badewanne lag, hatte ich zum ersten Mal so ein komisches Gefühl. Sie kennen das doch sicher, man merkt, dass man angestarrt wird …«
    Büscher unterbrach die

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