Nachtblind
fünfzehn Prozent in Kauf nehmen, wenn er auf die Schnelle verkauft. Zweihunderttausend sind im Zusammenhang mit eins Komma drei Millionen ein ganz schön großes Stück vom Kuchen.«
»Was sagt er dazu?«
Smalley reagierte mit einer Gegenfrage: »Aus welchem Grund ermitteln Sie gegen ihn?«
»Wir halten es für möglich, dass er große Gewinnsummen aus dem Drogenhandel dazu aufwendet, um die Differenz aus den tatsächlichen Mieteinnahmen einerseits und den Hypothekenzahlungen und den Wartungsaufwendungen andererseits auszugleichen.«
Smalley dachte einen Moment über diese Aussage nach, sagte dann: »Sie meinen, er frisiert seine Bücher? Aber zu seinen Lasten , indem er zusätzliches Geld heimlich in seine Geschäfte steckt? So was habe ich noch nie gehört.«
»Wir gehen aber davon aus«, sagte Lucas. »Es ist eine Art Geldwäsche. Unsere Ermittlungen sind im Übrigen im Zusammenhang mit der Untersuchung des Mordes an Alie’e Maison zu sehen.«
»Ach du heilige Scheiße.« Smalley war beeindruckt. Und er war nicht dumm. »Sie meinen, er war’s?«
»Dazu möchte ich mich nicht äußern«, sagte Lucas. »Wir stehen noch mitten in der Untersuchung. Beantworten Sie nun aber meine Frage: Wie hat er reagiert, als Sie ihm sagten, mit welchen Verlusten er rechnen muss?«
»Er sagte nur: ›Verkaufen.‹ Ich sagte: ›Hören Sie, Richard‹ – er kann es nicht leiden, wenn man ihn Dick nennt –, ›hören Sie, wenn Sie uns zwei Monate Zeit geben …‹ Und er fiel mir ins Wort und sagte noch mal: ›Verkaufen Sie.‹«
Jetzt war es Lucas, der nachdenken musste. Schließlich fragte er: »Wenn Sie von diesen Ermittlungen inoffiziell gehört hätten, wie hätten Sie sich dann verhalten?«
»Keine Frage – ich hätte die Sache wie eine heiße Kartoffel fallen lassen«, sagte Smalley »Wir haben es nicht nötig, ein Geschäft zu machen, bei dem wir Gefahr laufen, im Zusammenhang mit dem Mordfall Alie’e Maison und all diesem Schmutz in der Öffentlichkeit genannt zu werden. Und wir wollen schon gar nicht einem Grundbesitz-Investmentfonds einen Millionenbesitz andienen und uns nachher vorwerfen lassen müssen, der Verkauf sei mit gefälschten Büchern erfolgt. Das ist nicht die Art von Reputation, auf die wir scharf sind.«
»Nun, machen Sie, was Sie wollen …«
»Das Geschäft sausen lassen? Sie wollen, dass wir die Finger von Rodriguez lassen?«
»Ich kann Ihnen nicht vorschreiben, was Sie tun oder lassen sollen«, sagte Lucas. »Lassen Sie die Finger von Rodriguez, wenn das, wie Sie sagten, besser für Ihre Firma ist. Ich kann Ihnen nur offiziell sagen, dass wir Sie morgen oder übermorgen zu einer Aussage vorladen werden. Wenn Sie jedoch Rodriguez anrufen und ihm sagen, dass Sie das Geschäft nicht für ihn abwickeln wollen, hätten wir natürlich keine Einwände.«
Smalley kratzte sich am Kinn, sah sein Telefon an, dann Lucas. »Sie missbrauchen mich dazu, ihn in die Enge zu treiben …«
»Ich bin nur bestrebt, Recht und Gesetz zum Sieg zu verhelfen, Mr. Smalley.«
»Ach so, ja. Das hatte ich beinahe vergessen.« Sie saßen noch einige Sekunden schweigend beisammen, dachten über Recht und Gesetz nach, und dann sagte Smalley: »Ich rufe ihn morgen früh an.«
Lucas fuhr die Dale Street hinunter zur Interstate 94 und dann weiter nach Westen. Er steuerte bereits die Ausfahrt Cretin an, blieb dann im letzten Moment doch auf der Interstate, fuhr über die Mississippibrücke nach Minneapolis und zu Jael Corbeaus Haus im Süden der Stadt. Als er auf die Türklingel drückte, sagte eine Stimme aus rund fünf Metern Entfernung: »Geh’n Sie ruhig rein, Chief.«
Lucas zuckte zusammen. »Jesus, ich dachte, Sie wären ein Busch.«
»Ich fühle mich auch wie ein Busch.« Und dann halblaut in ein Funkgerät: »Davenport kommt rein.« Als Lucas sich durch die Tür zwängte, sagte der Mann noch: »Sagen Sie dem Typen mit dem Kümmerling da drin, es ist Zeit, dass er mich hier draußen ablöst.«
Zwei weitere gelangweilte Cops saßen im Studio und schauten sich auf einem tragbaren Fernseher, den sie auf den Boden gestellt hatten, einen Videofilm an. Als Lucas hereinkam, stoppte einer der Cops das Band; es handelte sich um den Film Die Mumie .
»Wer auch immer von Ihnen der Mann mit dem Kümmerling ist, ich soll ihm sagen, die Ablösung des Postens draußen sei fällig.«
Einer der Cops sah auf die Uhr. »Quatsch. Noch fünfzehn Minuten. Sie wollen zu Jael?«
»Ja.«
»Sie ist oben und
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